Karikaturenstreit

2010

Januar 2010 Islamisten planten Sprengung von "Jyllands-Posten"

2008

Februar 2008

Der Karikaturensteit ist wieder aufgeflammt, nachdem ein geplanter Anschlag auf einen der Karikaturisten aufgedeckt worden ist und in der Folge mehrere dänische Zeitungen die Karikaturen demonstrativ nochmals abgebildet haben.

Bereits vor zwei Jahren haben wir dazu Stellung für die Meinungsäusserungsfreiheit genommen (Karikatur- ist Redefreiheit), dabei aber auch die kritische Frage gestellt, warum wir den Islam karikieren:

"Eine andere Frage ist, warum wir den Islam karikieren. Witze und Spott sind in der Regel ein Mittel der Machtlosen, sich ohnmächtig Fühlenden. Die Mächtigen zu verlachen war immer schon eine Form der Unterdrückten, ihre Frustration auszudrücken und Widerstand zu mobilisieren. Auch deshalb ist es zu hinterfragen, ob wir hier im Westen wirklich zu diesem Mittel greifen müssen." Ganzer Text siehe unten.

2007

Übersicht über die Entwicklung in Frankreich und die Ereignisse in Frankreich und in Genf rund um die Voltaire-Gedenkfeiern in "Aufklärung und Kritik"(Sonderheft 13/2007):

Franz Strunz: Voltaire im Kampf der Kulturen

2006

Karikatur- ist Redefreiheit

Reta Caspar in FREIDENKER 2/06

In Dänemark wird seit einigen Monaten intensiv über die Meinungsäusserungsfreiheit diskutiert und gestritten. Anlass ist ein Karikaturwettbewerb, den eine dänischen Zeitung eröffnet hat, nachdem sie erfahren hatte, dass es einem Kinderbuchautor nur mit Mühe gelungen war, zum Thema Koran und zum Leben Mohammeds einen Illustrator zu finden, und auch den/die nur anonym.

Darauf erschienen Ende September 2005 in der Zeitung "Jyllands-Posten" 12 Karikaturen von dänischen KarikaturistInnen – einige weitere haben sich nicht beteiligt.

Zuerst passierte – nichts. Offenbar sind die dänischen MuslimInnen nicht so empfindlich – oder, was wahrscheinlicher ist, sie lesen die Tageszeitung nicht.

Erst auf Nachfrage von Journalisten hat sich das von der Zeitung als "Test" lancierte Thema so verselbständigt, dass sich Ende Januar sogar das Uno-Hochkommissariat für Flüchtlinge damit beschäftigen wird, nachdem eine Klage aus Ägypten eingegangen war. Zuvor hatten 11 in Dänemark akkreditierte islamische Botschafter eine Klage bei Premierminister Fogh Rasmussen deponiert und ein Treffen verlangt. Rasmussen hat dies abgelehnt und die Diplomaten auf den Rechtsweg verwiesen.

Ist das Ganze nun eine unnötige Provokation der ZeitungsmacherInnen oder sogar gezielte Stimmungsmache gegen den Islam, oder doch nur ein diplomatische Ungeschicktheit des Premierministers? Von allem etwas.

Für FreidenkerInnen ist zweifellos die Karikaturfreiheit Teil der Meinungsäusserungsfreiheit. Gestritten werden kann dann noch über das Niveau und die Qualität einer Karikatur.

Eine andere Frage ist es, wer Karikaturen über wen macht, und da lehrt die Erfahrung, dass die besten Karikaturen in der Regel jene sind, die nicht Aussenstehende oder Andersgläubige machen, sondern jene aus der Gruppe selbst. Die Kritik der Stimmungsmache trifft nur zum Teil zu. Natürlich wollte die Zeitung mit die Stimmung testen. Aber das ist eine der Aufgaben der Medien: Öffentlichkeit zu schaffen und Meinungen zu präsentieren und Reaktionen zu provozieren. Die Provokation besteht aber vor allem in der Bildform, weil die Abbildung des Propheten im Koran strengstens untersagt ist. Das kennen wir doch, das haben wir in der Bibel auch, das ist philosophisch wohl etwas vom Interessantesten in diesen Religionen: das Bilderverbot – oder ist es etwa nur eine weise Empfehlung? Die Frage ist vor allem, wer hier sanktionsberechtigt sein soll. Selbsternannte Rächer "Gottes" etwa? Sollen wir das respektieren?

Natürlich sind heute – mit traurigen Gründen – Muslime, die sich mit den muslimischen Symbolen schmücken empfindlich, wenn diese mit der – ebenso traurig begründeten – Angst vor Terrorismus in Verbindung gebracht werden. Aber, mit Verlaub: MuslimInnen betonen in der "Kopftuch-Frage" immer wieder, dass der Koran keinen Zwang kenne, dass sie dies freiwillig tun würden. Wenn nun also religiöse Symbole von einigen Anhängern der Religion im Zusammenhang mit terroristischen Vorhaben verwendet werden, dann ist es den Gläubigen m.E. zuzumuten, sich auch optisch von diesen Glaubensbrüdern zu distanzieren.

Warum Karikaturen?

Eine andere Frage ist, warum wir den Islam karikieren. Witze und Spott sind in der Regel ein Mittel der Machtlosen, sich ohnmächtig Fühlenden. Die Mächtigen zu verlachen war immer schon eine Form der Unterdrückten, ihre Frustration auszudrücken und Widerstand zu mobilisieren. Auch deshalb ist es zu hinterfragen, ob wir hier im Westen wirklich zu diesem Mittel greifen müssen.

Andererseits leben wir in einer stark bildorientierten Gesellschaft, und ein Bild ist die kürzeste und konzentrierteste Botschaft. Deshalb wirkt diese Karikatur auch wirklich gelungen, weil sie ohne Worte die Vorwürfe zusammenfasst, die wir dem fundamentalistischen Islam machen: Unterdrückung und Blindheit.

Die schroffe Reaktion von Ministerpräsident Rasmussen erscheint auf den ersten Blick als undiplomatisch und politisch ungeschickt. Besser versteht man sie, wenn er (laut NZZ vom 3.1.06) ausführt, dass der Brief der Diplomaten die klare Aufforderung enthalten habe, in die Pressefreiheit einzugreifen. Den schroffen Ton haben die Diplomaten offenbar zuerst angeschlagen.

Korrekt ist Rasmussens Aufforderung, allfällige Rechtsverletzungen auf dem Gerichtsweg einzuklagen. An Erfahrung, einzelne Menschenrechte gerichtlich einzuklagen (und dabei die Menschenrechte als Ganzes abzulehnen) fehlt es ja nicht. Und doch hätte Rasmussen den Konflikt vielleicht mildern können: Ein Staatsoberhaupt sollte auch nicht sehr diplomatische Gesuche um ein Gespräch nicht ausschlagen. Bei dieser Gelegenheit hätte er den Diplomaten die hiesige Vorstellung von Meinungsäusserungsfreiheit erläutern können – zu soviel Integrationsarbeit müssen wir bereit sein.

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