Geschichte
2020
Ein abgesagter Tag der Apostasie, ein verschobenes Denkfest, virtuelle statt echte Biere: Im 2020 läuft vieles anders als gedacht. Und doch können wir uns an einigen Orten einbringen: mit unserem humanistischen Gesprächsangebot, mit der neu gegründeten säkularen Flüchtlingshilfe, mit einer Strafanzeige gegen Bischof Morerod oder auch mit unserer Kritik an der Sonderregelung für Gottesdienste während der Pandemie. Trotz der zahlreichen Herausforderungen können viele Mitglieder dem Jahr auch etwas Positives abgewinnen:
«Man hatte Zeit zum Entrümpeln – Materielles,Geistiges und Seelisches.» Margrit Diethelm Kessler (83), Sektion Zürich
«Positive Erfahrung ist: Lange, ruhige Wochenenden ohne Hektik, befreiend leere Agenda, Durchschnaufen, aufkommende Langeweile.» Daniel Aellig (56), Sektion Bern
«Die Kreativität wurde in vielen Bereichen gefördert, zum Beispiel in der Kommunikation durch virtuelle Präsentationen und Besprechungen, in der Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen und in der Art, wie wir lernten, trotz Einschränkungen anderen unsere Herzlichkeit und Wertschätzung zu zeigen.» Olivier Braun (73), Sektion Winterthur
Alle Zitate sind im Jahresbericht 2020 zu lesen.
2019
Die Filmemacherin Barbara Miller und der Autor Salman Rushdie erhalten den Freidenkerpreis 2019. Dies als Auszeichnung für ihr künstlerisches Schaffen und ihr damit verbundenes Eintreten für eine aufgeklärte Welt, für das Hochhalten humanistischer Werte und für das Verteidigen der Kunst- und Meinungsäusserungsfreiheit.
Die Freidenker-Vereinigung schafft an der Delegiertenversammlung in ihren Statuten die Möglichkeit für Regionalgruppen, sich anders als Sektionen nicht als eigene Vereine zu organisieren. Sie vereinfacht damit Aktivitäten in Regionen, die mit möglichst schlanken Strukturen auskommen wollen.
2018
Die Westschweizer Sektionen Vaud und Genève fusionieren zur Libre Pensée Romandie. Die Ritualbegleiter der Freidenkenden nehmen an der Hochzeitsmesse Luzern teil, parallel dazu wird humanistische-rituale.ch lanciert. Die Website frei-denken.ch erscheint in neuem Design, ebenso das Magazin «frei denken».
2017
Der Freidenkerpreis geht an die Exil-Iranerin Masih Alinejad und ihre Organisation My Stealthy Freedom sowie an die kurdische Malerin und Journalistin Zehra Doğan. Das Wissensfestival Denkfest ist dem Thema «Reformationen des Denkens gewidmet». Als ReferentInnen traten unter anderem der Historiker Philipp Blom, die Ärztin Natalie Grams (Bild) und der Philosoph A. C.& Grayling auf. Simone Krüsi wird neue Leiterin der Geschäftsstelle.
2016
Die FreidenkerInnen engagieren sich mit einer Plakatkampagne gegen die Ehe-Initiative der CVP, die die gleichgeschlechtliche Ehe über einen Verfassungszusatz verhindern will.
Die Sektion Bern stellt ihre Studie zur Nutzung und Finanzierung sozialer Dienstleistungen der Landeskirchen vor. Das Ergebnis: Nur 7% der BernerInnen nutzen diese Angebote.
2015
Der erstmals vergebene Freidenkerpreis geht an Ensaf Haidar, Raif Badawi und Waleed Abulkhair. Ensaf Haidar nimmt ihn persönlich an einer Veranstaltung an der Universität Zürich entgegen.
Nach homophoben Äusserungen des Churer Bischofs Vitus Huonder, rufen die FreidenkerInnen mit einer viel beachteten Plakatkampagne KatholikInnen auf, über einen Kirchenaustritt nachzudenken.
2014
In Zürich findet die zweite Ausgabe des Wissensfestivals Denkfest statt. Michael Hengartner, Rektor der Universität Zürich, hält das Grusswort. Als ReferentInnen treten unter anderem der Evolutionsbiloge Richard Dawkins, die Neurowissenschafterin Suzana Herculano-Houzel und der Kabarettist Gunkl auf.
2013
Andreas Kyriacou, Initiant des Denkfests und des Camp Quest Schweiz, wird zum neuen Präsidenten gewählt. Das wissenschaftlich-humanistische Sommerlager Camp Quest findet das erste Mal statt.
2011
Die FVS lanciert das Denkfest: Wissenschaft. Kritisches Denken. Intelligente Unterhaltung.
2010
Die FVS unterstützt den Walliser Lehrer Valentin Abgottspon, der fristlos entlassen wurde, weil er sich weigerte, in seinem Schulzimmer ein Kruzifix hängen zu haben. Das Walliser Kantonsgericht hat diese Kündigung im November 2012 aufgehoben.
2009
Die FVS lanciert die internationale Kampagne "Wahrscheinlich gibt es keinen Gott..." in der Schweiz und löst eine landesweite Debatte über Religionsfreiheit und Zensur aus.
100 Jahre Freidenker-Vereinigung der Schweiz - 100 Jahre Engagement für Laizität und Humanismus
Ab ca. 1870 organisierten sich die Antiklerikalen in verschiedenen Städten in der Schweiz. Am 12. April 1908 schuf die Gründung des „Deutschschweizer Freidenkerbundes“ in Zürich die Basis für eine landesweit geeinte Bewegung.
Ziele der FVS
- Die Förderung einer an der Wissenschaft orientierten Weltanschauung und einer dogmenfreien Ethik.
- Die Trennung von Staat und Kirche: die Glaubens- und die Meinungsäusserungsfreiheit, die Gleichberechtigung aller weltanschaulichen Gruppierungen und ihre Unabhängigkeit vom Staat.
- Die Trennung von Religion und Schule: Wissen über die verschiedenen Religionen soll in den Kulturfächern Geschichte, Geographie, Kunst, Literatur vermittelt werden; ein nichtreligiöser Ethikunterricht an den Volksschulen.
- Das Angebot von Alternativen zu kirchlichen Diensten: Mitgliederdienst, Rituale.
- Das Eintreten für menschenwürdige Lebensbedingungen und den Schutz der Umwelt.
Geschichte der FVS
Die Bewegung wurde von religiöser Seite – insbesondere von den Landeskirchen – militant angegriffen, verleumdet und verklagt. Während des 2. Weltkrieges wurde sie mit politischen Mitteln bekämpft (Gottlosendebatte im Nationalrat 1933). Im Kalten Krieg geriet sie auch ins Visier des Staatsschutzes. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts sah es so aus, als wäre die Laizisierung der Gesellschaft nur noch eine Frage der Zeit. Die Kirchenaustritte nahmen massiv zu, die Bewegung wuchs jedoch nicht entsprechend, obwohl einige neue Sektionen gegründet wurden. Mit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 wurde auch in der Schweiz das religiöse Bekenntnis wieder zu einer gesellschaftlichen Frage. Seither spürt die FVS ein wachsendes Interesse und leicht steigende Beitrittszahlen.
Die FVS im 21. Jahrhundert
Angesichts der kaum lösbaren Probleme öffentlichrechtlicher Anerkennung von religiösen Bekenntnissen erachtet die FVS die alte Forderung der Freidenkenden nach einer klaren Trennung von Staat und Kirchen/Religionen als hoch aktuell. Gegen die Macht- und Definitionsansprüche der Religionen setzt sie sich klar für den demokratischen Diskurs ethischer Normen ein und für einen verbindlichen Unterricht in Ethik an den Volksschulen, der das Bedürfnis nach persönlicher ethischer Orientierung ernst nehmen und die Menschen zur Teilnahme an diesem demokratischen Wertediskurs befähigen soll. In diesem Diskurs versteht sich die FVS als Interessenvertretung der 31% konfessionsfreien Menschen (Bundesamt für Statistik, 2022) in der Schweiz. In einer Kampagne fordert sie im Jubiläumsjahr 2008 alle Konfessionsfreien auf, öffentlich zu ihrer Haltung zu stehen.
Die FVS in Zahlen
Die FVS hat 2012 rund 1900 Mitglieder in 13 Sektionen. Gemäss einer Umfrage im Herbst 2007 bezeichnen sich 64% der Mitglieder als AtheistInnen, 22% als AgnostikerInnen, 2% als PantheistInnen, 8% bevorzugen eine andere Bezeichnung (HumanistInnen oder Ähnliches), 4% ordnen sich keiner bestimmten Bezeichnung zu.