Max Frisch (1911-1991), Agnostiker

Jürgen Habermas in NZZ "Am 9. April 1991 fand in der Stiftskirche St. Peter in Zürich eine Totenfeier für Max Frisch statt. Zu Beginn verlas Karin Pilliod, die Lebensgefährtin, eine kurze Erklärung des Verstorbenen. Darin heisst es unter anderem: «Das Wort lassen wir den Nächsten und ohne Amen. Ich danke den Pfarrherren von St. Peter in Zürich (. . .) für die Genehmigung, dass während unserer Trauerfeier der Sarg in der Kirche sich befindet. Die Asche wird verstreut irgendwo.» Es sprachen zwei Freunde. Kein Priester, kein Segen. Die Trauergemeinde bestand aus Intellektuellen, von denen die meisten mit Religion und Kirche nicht viel im Sinn hatten. Für das anschliessende Essen hatte Frisch selbst noch das Menu zusammengestellt..

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Damals habe ich die Veranstaltung nicht für merkwürdig gehalten. Aber deren Form, Ort und Verlauf sind merkwürdig. Max Frisch - ein Agnostiker, der jedes Glaubensbekenntnis verweigerte - hat offenbar die Peinlichkeit nichtreligiöser Bestattungsformen empfunden und durch die Wahl des Ortes öffentlich die Tatsache dokumentiert, dass die aufgeklärte Moderne kein angemessenes Äquivalent für eine religiöse Bewältigung des letzten, eine Lebensgeschichte abschliessenden rite de passage gefunden hat."

http://www.nzz.ch/2007/02/10/li/articleEVB7X.html

Kommentar

Dazu bleibt zu sagen, dass man - im Gegensatz zu Habermas - die Trauerfeier für Max Frisch auch als gelungenes Beispiel für eine nichtreligiöse, humanistische Abschiedsfeier sehen kann. Frisch wollte in dieser Kirche gefeiert werden, er hat sogar - entgegen der evangelischen Tradition -  gewünscht, dass der Sarg anwesend und die Pfarrer abwesend sein sollen. Ausgewählte gute Freunde sollen über ihre Begegnung mit ihm sprechen - eine humanistische rite de passage! Reta Caspar

Trauerfeier auf DRS 1

http://www.drs1.ch/www/de/drs1/67877.abschied-von-max-frisch.html
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