Freidenker 10/2000.pdf

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(file: @@Freidenker-200010.pdf@@)Grundrecht auf das eigene Leben und der Versorgungsengpässe widersetzen sich ausgebeutete Wissenschaftler, Philosophielehrer, Erfinder, Industrielle, Richter und Künstler dem schleichenden Niedergang. Sie verweigern sich und tauchen unter. Der endgültige Zusammenbruch der Versorgung wird beschleunigt durch das geheimnisvolle Verschwinden der Unternehmer. Eine selbstsichere Frau stösst zu den integren Helden, die das System bekämpfen, und in einem abgelegenen und abgeschotteten Tal ihre Idealgesellschaft leben. Nach dem Zusammenbruch des korrupten Staates planen sie den Wiederaufbau des Landes. "Atlas Shrugged" ist heute in den USA genauso bekannt wie 1984 "Bauernhof der Tiere" ("Animal Farm") von Georg Orwell und "Schöne neue Welt" von Aldous Huxley. Kaum eine Frau des zwanzigsten Jahrhunderts hat in den USA so viele Kontroversen provoziert wie die Schriftstellerin, Philosophin, Feministin, Atheistin, Kunst- und Buchkritikerin Ayn Rand. Ihre Schriften werden noch heute, trotz verächtlichen Kritiken, zu Hundertausenden in den USA verkauft, es wird von über 20 Millionen verkauften Exemplaren gesprochen. Ihr Erfolg basiert auf Mund zu Mund Werbung. Selbst Hillary Clinton gestand in einem Interview, sie hätte in ihrer College-Zeit Ayn Rand’s Bücher mit Faszination verschlungen. Ayn Rand’s philosophisches System geht von Aristoteles aus. Es beruht auf dem Konzept des Menschen als heroisches Wesen, dessen eigenes Glück der moralische Zweck seines Lebens sei. Produktive Leistung sei seine edelste Aktivität und Vernunft das einzige Absolutum. Vernunft bedingt auch das Prinzip des Gewaltverzichts: Die Friedenspflicht. Niemand hat das Recht, friedliche Mitmenschen zu Leistungen, gleich welcher Art, zu zwingen. Auch nicht durch Mehrheitsbeschlüsse. Wer nicht selbst den Frieden stört, hat immer und überall Anspruch darauf, in Ruhe gelassen zu werden. Ayn Rand wollte die kulturelle Tradition von zweieinhalb Jahrtausenden herausfordern, das gestand sie 1964 in einem Interview im Playboy. Profund in Marxismus, Propaganda und Filmtechnik geschult, kannte die belesene Russin Ayn Rand auch ihren Bakunin, Kropotkin, Dostojewski und Tolstoi. Sie war eine Bewunderin von Victor Hugo und Friedrich Nietzsche. Kollektivismus, Zwangsaltruismus und Mystizismus sind für die Atheistin Ayn Rand die grossen Grund-Übel dieser Welt: Jahrhundertelang war dem Menschen beigebracht worden, er habe für andere zu existieren – für Gott, die Gesellschaft, seine Rasse, Klasse oder gar Partei. Ayn Rand stritt für die Erkenntnis, dass das menschliche Leben seinen Sinn aus sich selbst beziehe und es seine einzige Aufgabe sei, sich selbst nutzbringend zu verwirklichen: "Jedesmal wenn ein Mensch stirbt, geht ein einmaliges Universum unter." Sie bezeichnete sich als Feministin, wenn man vom Grundbild der Frau als heroisches Wesen ausgeht. Wenn man aber vom Bild der unterdrückten oder unterworfenen Frau ausgeht, war sie eine entschiedene Antifeministin. Rassismus verurteilt sie scharf, da es sich um primitiven Kollektivismus handle. Die Entstehung des Kapitalismus war für sie der logische Höhepunkt der säkularen, aristotelischen Weltsicht. Sie betonte, dass während der industriellen Revolution die praktische Wirksamkeit der Vernunft und der Wissenschaften unwiderlegbar demonstriert worden sei. Das aufstrebende kapitalistische System sei von seinen frühesten Forts. S. 2 1991 befragte die Library of Congress die AmerikanerInnen: "Gibt es ein Buch, das ihr Leben radikal verändert hat?" Auf Platz 2, nach der Bibel, landete "Atlas Shrugged" (deutscher Titel:"Wer ist John Galt?") ISBN: 3932564030 Gewis Verlag. Autorin des Buches ist Ayn Rand alias Alissa Zinovievna Rosenbaum (siehe FREIDENKER 9/2000), die atheistische Populärphilosophin der USA. Seit 1957 wird ihre Anti-Utopie über den Untergang der Vereinigten Staaten millionenfach aufgelegt. Darin beschreibt sie, wie das Land unter der Herrschaft von Muskel- und Seelenmystikern verarmt. Inmitten des Chaos THEMEN in diesem FREIDENKER Die Philosophin Ayn Rand 1-2 Der Himmel auf Erden... 4 Reisebericht von H.G. Eschke 5 Büchertisch 7 FREIDENKER 10/2000 1 Forts. von S. 1 Anbeginn nicht nur durch einen räuberischen Staat behindert worden, sondern auch durch eine totalitäre, pseudoaltruistische Kultur, die stillschweigend Millionen unschuldiger Menschenopfer billigte. Jesus' Bergpredigt hielt sie für eine böse Verdummung. Sie stand zeitlebens in Opposition zu religiösen und politischen Strömungen ihres Umfeldes. Sie transzendierte eine Politik jenseits von links und rechts. Den von John F. Kennedy, begonnenen VietnamKrieg kritisierte sie als einen Krieg ohne Ziel, an dem Amerikaner kein rationales Interesse haben können. Sie warnte auch vor Ronald Reagan. Seine Haltung zur Abtreibungsfrage machte ihn für die Dogmatikerin der Freiheit völlig unglaubwürdig. Für sie ist ungeborenes Leben lediglich potentielles Leben, dem das tatsächlich existierenden Leben der betroffenen Frauen nicht untergeordnet werden dürfe. Ayn Rand ist wieder aktuell in den USA. Die Debatte um die Kartellmassnahmen gegen Microsoft und Bill Gates und die Rolle von "Grossmaul" Larry Ellision, neuerdings der reichste Mann der Erde, der sich als Fan von Ayn Rand outete und dennoch im Gegensatz zu ihr für die Massnahmen der Regierung lobbyierte, gibt in der Computer- und Internetszene zu reden. Ayn Rand wird auch wieder verfilmt. Peter Fonda gewann sogar einen Golden Globe für die Rolle als Ehemann Frank O’ Connor im Film "The passion of Ayn Rand" 1999. Es geht das Gerücht um, dass Turner Broadcasting (CNN) (Ted Turner & Jane Fonda) "Atlas Shrugged" zur Zeit als FernsehZehnteiler verfilmt. Ayn Rand hat Amerika nicht mehr verlassen – Europa nannte sie einen alten Plündererkontinenten . Sie meinte, die europäischen Intellektuellen hätten die amerikanische Philosophie der Menschenrechte nie völlig begriffen. Die in Europa vorherrschende Idee von Emanzipation laufe darauf hinaus, dass die Vorstellung, der Mensch sei Sklave des durch einen König verkörperten, absoluten Staates, durch die Vorstellung ersetzt worden sei, der Mensch sei Sklave des durch "das Volk" verkörperten, absoluten Staates. Die sklavische Abhängigkeit von einem Stammesoberhaupt sei gegen die sklavische Abhängigkeit vom Stamm eingetauscht worden. Eine nicht-stammesgesellschaftliche Sicht des Daseins habe keinen Eingang in eine Denkweise gefunden, die in dem Privileg, die Produzenten materieller Güter durch physischen Zwang zu beherrschen, einen Ausweis für adligen Rang sah. Ayn Rand, die radikale russische Liberale, wird neuerdings auch in Russland gelesen. Die erste Auflage der russischen Übersetzung von "Atlas Shrugged" wurde im März 2000 ausgeliefert. Wirtschaftsberater von Präsident Putin schenkten ihm eines der ersten Exemplare mit dem Hinweis, dass der erfolgreiche Volkswirtschafter Allen Greenspan, Chef der US Notenbank und "Magier" des Dollars, seinerzeit aktiv im New Yorker Diskussionszirkel um Ayn Rand teilnahm und sogar die Korrekturfahnen von Atlas Shrugged bearbeitet hat. Ausserdem empfahlen die Berater, das Buch als Pflichtlesestoff an russischen Schulen einzuführen. (Quelle: www.themoscowtimes.com) Steht die kürzlich in Russland eingeführte Flat Tax oder ein Maximalsteuersatz von 13 % damit im Zusammenhang? Russland ein neues Hong Kong und kapitalistisches Paradies? Es steht bereits auf der schwarze Liste unliebsamer Steuerparadiese der EU. Dialektischer Liberalismus versus dialektischer Materialismus? In der Schweiz und auch Europa ist die polarisierende und unbequeme Freidenkerin Ayn Rand fast unbekannt , im deutschsprachigen Buchhandel nicht aufgeführt. Schriften von ihr waren auf dem alten bibliothekarischen Weg nur im Sozialarchiv Zürich (!) und in der Landesbibliothek Bern zu finden. Im Internet findet man Ayn Rand global ohne Schwierigkeiten in allen Suchmaschinen. Daniel Barth Philosophische Arbeiten For the New Intellectual (1961); Philosophy: Who Needs It (1982); The Voice of Reason: Essays in Objectivist Thought (1988); Introduction to Objectivist Epistemology (Second Edition, 1990); The Virtue of Selfishness (1964); Capitalism: The Unknown Ideal (1966); The New Left: The Anti-Industrial Revolution (1971); The Romantic Manifesto (1975) Fiktion Atlas Shrugged (1957); The Fountainhead (1943) ;Anthem (1938); We the Living (1936); Night of January 16th (1934) links http://www.ifeminists.com http://www.aynrand.org www.nzz.ch/folio/archiv/1997/08/articles/ tzermias.html Folgeliteratur "What Art Is: The Esthetic Theory of Ayn Rand"Louis Torres and Michelle Marder Kamhi Open Court, 2000 "Ayn Rand: The Russian Radical" Prof. Chris Sciabarra , Feminist Interpretations of Ayn Rand co-editors Mimi Reisel Gladstein and Chris Matthew Sciabarra Pennsylvania State University Press "The Ayn Rand Cult" Jeff Walker (Open Court, 1999) 2 FREIDENKER 10/2000 neu im Zentralvorstand Hans-R. Zihlmann (* 1940) Geboren und aufgewachsen bin ich in Luzern, wo ich auch die Schulen besuchte. Nach absolvierter Postbeamten-Lehre in Zürich arbeitete ich als Poststellenleiter in Zürich, Lausanne und Luzern, unterbrochen durch ein Sprachstudium in Grossbritannien. Mit 25 habe ich geheiratet, meine Frau Marlène, mit der ich heute noch zusammen lebe. In dieser Zeit wechselte ich in die Generaldirektion PTT (Automobilabteilung). Nach diversen Würfen ins kalte Wasser fasste ich mit 31 Jahren den Entscheid zum Hochschulstudium, das ich 1978 als lic.rer.pol. abschloss. Kurze Zeit später übernahm ich die neu geschaffene Marketing-Koordination der damaligen PTT, wo ich einen Beitrag zum Wandel vom bürokratischen Staatsbetrieb zur Unternehmung leistete. 7 Jahre später erfolgte der Wechsel zur Leitung der Abteilung "Tourismus- und Hotelförderung" des Kantons Bern. Aufgrund einer Standortbestimmung gegenüber hohlen Händen (Subventionsbegehren!) entschloss ich mich 3 Jahre später zum Wechsel in die Kantonsverwaltung Solothurn als Ausbildungsleiter. Dies ging wegen politischer Meinungsdifferenzen in die Hose, weshalb ich 1991 wiederum eine neue Aufgabe suchte. Im Anschluss an einen befristeten Ausbildungsauftrag im Eidg. Departement des Inneren habe ich meine derzeitige Arbeit im Bundesamt für Sozialversicherung angenommen. Ende November 2000 werde ich aus eigenem Entschluss in Pension gehen – und schon warten weitere Aufgaben. Geboren wurde ich in eine gemischte Ehe, der Vater stammte aus einer streng katholischen Familie, die Mutter war reformiert. Die Konsequenzen waren Drohungen von Vertretern der katholischen Kirche und Distanz zur Familie. Zwei Rahmenbedingungen sind mir noch in Erinnerung: Die Autoritätsgläubigkeit – vielleicht kriegsbedingt – und die Ausgrenzung von uns Reformierten im Unterricht. Erstere Prägung abzubauen war schwierig und gelang mir erst während des Studiums. Zu erkennen war, dass nicht das Gold am Hut zählt, sondern die soziale und fachliche Kompetenz. Auch machte ich mehrere negative Erfahrungen mit Personen aus religiös gefärbten Organisationen und dies über verschiedenste Hierarchien beruflicher und politischer Natur – in den 90-er Jahren führte dies schliesslich zum formellen Austritt aus der Kirche und zum Beitritt zur FVS. Als ZV-Mitglied und ab 2001 als neuer Zentralsekretär ist es mir ein Anliegen, dass wir als relativ kleine Bewegung versuchen, einen Gegenpol zum – dank Gläubig- und Abhängigkeit – während Jahrhunderten erfolgreichen Marketing der Kirchen zu setzen. Dazu braucht es vorerst das Erfassen und Analysieren unserer Situation und die Feststellung, wer wir sind und wohin wir wollen. Gesucht sind neue Ansätze, denn im Markt der Religionen fühlen sich viele verloren und suchen eine Heimat, eine ohne Dogmen! Helfen Sie mit bei dieser schwierigen und vieles in Frage stellenden Arbeit? Hans-Ruedi Zihlmann Freidenkerspende 2000 Schritte zu Selbsthilfe und Vergangenheitsbewältigung Beratungsstelle für männliche Opfer sexueller Gewalt Seit rund 5 Jahren nimmt sich der Verein Zürcher Sozialprojekte ganz speziell missbrauchten Knaben und jungen Männern an. Sie ist eine landesweit tätige Hilfsstelle für Opfer sexueller Gewalt. Vorstand und Delegiertenversammlung der FVS empfehlen Ihnen dieses Projekt für das laufende Jahr zur Unterstützung. PC 90 -197500 - 0 "Freidenkerspende" Kontostand Ende August: Fr. 5'447.- Herzlichen Dank! Freie Jungdenker Freidenker als freiwillige Holzarbeiter Im Frühling, an einem der letzten Treffen der Freien JungdenkerInnen in Olten, wurde beschlossen: Wir leisten einen freiwilligen Arbeitseinsatz. In der Juli-Ausgabe des FREIDENKERs erfolgte daraufhin der Aufruf an die FVS-Mitglieder zur Teilnahme an einem Arbeits- und Holzertag in der Bildungsstätte für Gehörlose in Passugg bei Chur. Angemeldet haben sich (leider erwartungsgemäss) nur gerade vier Jungfreidenker – nun, immerhin. So trafen wir uns denn am 25. August, Freitagabend um 19 Uhr beim Bahnhof Chur. Vivian Aldrige, Peter Bürki, Mark Furner und ich fuhren mit dem Postauto hinauf nach Passugg. Die Bildungsstätte erreichten wir nach einem viertelstündigen, steilen Fussmarsch durch dunklen Wald. Nach Bezug unseres Zimmers genossen wir einen währschaften Imbiss auf der Terrasse des Hauses, bei sternenklarem Himmel. Die ersten Kontakte mit Gehörlosen waren sehr freundlich und humorvoll. Für mich war die Verständigung zuerst ungewohnt, bis ich dann die Hände zu Hilfe nahm. Am Samstagmorgen, nach einem ausgiebigen Frühstück, wartete viel Arbeit auf uns. Zusammen mit gehörlosen Freiwilligen räumten wir das steile Gelände rund um das Stiftungsgebäude von gefällten Kleinbäumen und Ästen. Mit der Motorsäge bereiteten wir das angesammelte Holz für die grosse Häckselmaschine vor. Weiter war das steile Zufahrtsträsschen von alten Baumstämmen zu räumen. Mit Hilfe eines Allradtransporters luden wir die Stämme und deponierten sie für spätere Verwendung. Die dabei verbrannten Kalorien wurden mit Znüni, feinem Mittagessen und Zvieri wieder ersetzt. Die Arbeit und Verständigung zusammen mit den Gehörlosen machte Spass und war auch für uns lehrreich. Ohne Sichtkontakt konnte ich beispielsweise rufen solange ich wollte – niemand verstand mich. Um festzustellen ob der Häckslermotor lief, hielt wer gehörlos war die Hand auf das Motorengehäuse um die Vibrationen zu spüren. Allzu schnell war der Tag vorbei. Wer Zeit hatte nahm noch am festlichen Grillabend teil, Peter und ich traten jedoch davor schon die weite Heimreise ins Bernbiet an. Müde aber zufrieden verköstigten wir uns im Speisewagen. Fazit dieses ersten freiwilligen Einsatzes: Unbedingt wiederholen, ist zwischenmenschlich wertvoll und nicht zuletzt ist auch diese Art von freidenkerischer Motivation und Initiative wichtig Daniel Aellig und überzeugend. FREIDENKER 10/2000 3 Der Himmel auf Erden: Die tödliche Illusion säkularer Utopien Vor über hundert Jahren warnte Heine die Franzosen davor, die Macht von Ideen zu unterschätzen. Philosophische Konzepte, im stillen Kämmerchen ausgebrütet, könnten eine Zivilisation zerstören. "Die grössten Monster des 20. Jahrhunderts - Hitler, Stalin, Mao und Pol Pot - waren alle bekennende Atheisten, Männer, die Hunderte Millionen Menschen umgebracht haben im Namen von abstrakten Ideen ohne religiöse Bedeutung." (so W. Donahue in einer Presseerklärung der Catholic League zum Jahreswechsel). Dieser Vorwurf ist nicht ungewöhnlich, er wurde in den Nachrufen auf das vergangene Jahrhundert häufig geäussert, und er muss ernst genommen werden – nicht nur, weil es den Ruf der Atheisten zu verteidigen gilt. Tatsächlich sind säkulare Philosophien zur Inspiration und Rechtfertigung von Gräueltaten beigezogen worden. Als nicht-religiöse Menschen müssen wir versuchen zu verstehen, was falsch gelaufen ist in diesem blutgetränkten Jahrhundert und Wege zu finden, wie solch säkularer Terror, ebenso wie religiöser Terror, zu vermeiden sind. Einen Hinweis erhalten wir bereits aus dem obigen Zitat von Donahue: Hitler, Stalin und ihre Anhänger haben nicht aufgrund ihres Atheismus Millionen getötet; sie töteten aufgrund ihrer abstrakten Ideen. Das Problem war also nicht das, was sie nicht glaubten. Das Problem war das, was sie mit absoluter Gewissheit "wussten". Dieses absolute Wissen steht im Widerspruch zum wissenschaftlichen Ansatz, der auf systematischem Zweifel basiert und nicht auf Gewissheit. Der grösste Feind von Humanität und Vernunft ist nicht die Wissenschaft oder der Atheismus – auch nicht die Religion. Der grösste Feind von Humanität und Vernunft ist die absolute Gewissheit. Absolutismus heisst auch der Grund für das grosse Schlachten des 20. Jahrhunderts. Absolutismus gab es auch schon vor dem 20. Jahrhundert, meist in Form von religiösem Absolutismus. Seine Folgen: q q q q Behinderung der Forschung Regulierung des persönlichen Le bens bis ins kleinste Detail Gehorsam gegenüber der unbe streitbaren Autorität fanatische Loyalität aufgrund des in Aussicht gestellten Paradieses Am Ende des Jahrhunderts ist es heute die politisierte Religion, die ihre Rolle als führende Lebens- und Freiheitsbedrohung wiederzuerlangen versucht. Für den grössten Teil des 20. Jahrhunderts gilt hingegen, dass säkulare Ideologien den grössten Schaden angerichtet haben. Anstatt ein Paradies im Himmel zu verheissen, schilderten sie das irdische Paradies so wunderbar, dass jedes Mittel gerechtfertigt schien zur Erreichung des utopischen Ziels: Was bedeuten schon ein paar Millionen Leben, wenn sie uns dem Millennium des wahren Kommunismus, oder dem Glanz eines Tausendjährigen Reiches näher bringen? Wenn der Himmel auf Erden das Ziel ist, ist es nicht gerechtfertigt, allen Mitteln einzusetzen? Diesen absoluten Glauben, dass das utopische Ziel alle Mittel rechtfertige, hat Isaiah Berlin in seinem Essay "The Pursuit of the Ideal" formuliert: "Einige dieser bewaffneten Propheten wollen die Menschheit retten, andere nur ihre Rasse..., aber, wie auch immer das Motiv, die Millionen von Toten in Kriegen oder Revolutionen, die Gaskammern, Gulags, Genozide, all die Monstrositäten des 20. Jahrhunderts, sie sind der Preis, der für das Glück der künftigen Generationen bezahlt werden musste. Wer also die Menschheit wirklich retten wollte, musste sein Herz verhärten und keine Kosten scheuen." Dieser Glaube, dass kein Preis zu hoch sei für eine Utopie, ist der Hauptgrund, warum Utopien so tödlich sind. Ethische Überlegungen dazu führen zurück zu Immanuel Kants For- derung, dass jeder Mensch als Selbstzweck behandelt werden solle und niemals als Mittel zum Zweck. Ein weiteres Argument ist die Tatsache, dass der Mensch selbst nicht perfekt ist und deshalb niemals eine perfekte Gesellschaft schaffen wird. Es gibt aber auch ein Argument gegen das Konzept der Utopie selbst: Die Idee der Utopie ist so alt wie die politische Philosophie und die Idee eines irdischen Paradieses mag so alt sein wie die Religionen. Utopien sind sowohl von Religiösen wie Nichtreligiösen formuliert wordenund alle haben eine gemeinsame Eigenschaft: Sie sind statisch. Indem sie die Perfektion erreichen, verharren sie in einer harmonischen Koexistenz. Es gibt keinen Grund für Veränderungen oder Erneuerung, weil jede Veränderung die Perfektion stören würde. Perfekte, ungestörte Harmonie ist also das gemeinsame Thema aller Utopien. Harmonie, auch von Werten und Wünschen. – Beim Nachdenken über die beiden Werte Gleichheit und Freiheit zeigt sich aber sogleich, dass diese, wie viele andere positive Werte aufeinanderprallen und keineswegs harmonieren. Das Konzept der Utopie ist also eine Illusion. Was bedeutet dies für Atheisten, Freidenkerinnen und Humanisten? 1. Wir müssen absolutistischen und autoritären Systeme bekämpfen und das anstreben, was Karl Popper ein "offene Gesellschaft" nannte, wo unterschiedliche Meinungen, Werte und Lebensformen Platz haben. Eine offen Gesellschaft soll diese Vielfalt nicht nur tolerieren, sondern fördern, Lebensexperimente unterstützen und damit die Vitalität der Gesellschaft und ihre Fähigkeit zur Weiterentwicklung erhalten. Dieser Glaube an die individuelle Freiheit und den sozialen Pluralismus muss das Hauptziel sein. 2. Das Freidenkertum soll die Menschen in ihrer Verantwortung bestärken, sich selbst klar zu werden über politische Fragen und die Vielfalt der Meinungen auch in den eigenen Reihen hochhalten. 3. Es gibt kein freidenkerisches Dog- 4 FREIDENKER 10/2000 ma, keine Lehre, keine Glaubenssätze, keine absoluten Prinzipien und kein fixes Aktionsprogramm. Was könne wir also lernen aus den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts? Das Time Magazine hat Ende letzten Jahres im Rahmen seiner Wahl der "Persönlichkeit des Jahrhunderts" gefragt: "War nicht Hitler jene Figur, die dieses völkermordende Jahrhundert am meisten beeinflusste und drum symbolisiert?" Aber Time lieferte eine befriedigend Antwort auf diese Frage: "Nein, denner hat verloren, ebenso wie Lenin und Stalin und all die anderen samt ihren totalitären Ideologien sie kommen auf den Aschehaufen der Geschichte." An Hitlers Stelle wählte Time einen anderen Deutschen zur "Persönlichkeit des Jahrhunderts": Den grössten Wissenschaftler des Jahrhunderts, vielleicht aller Zeit: Albert Einstein. In der Zeit vom 15. bis 22. August d.J. hatte ich Gelegenheit, zu Vorträgen bei Freidenkern in Zürich und Basel zu weilen. Das hatte eine Vorgeschichte. Angefangen hatte es 1998 in Jena. Werner Strebel, Präsident der Ortsgruppe Zürich der Schweizer Freidenker-Vereinigung, war in Angelegenheiten der Trauerkultur nach Jena gekommen und suchte uns an einem Mittwoch auf, an dem unsere Ortsgruppe ihren thematischen Abend veranstaltete. Ihm hat die Veranstaltung, ihre Thematik, Anlage und ihre Atmosphäre sehr gefallen. Wir blieben auch weiter in Kontakt und allmählich nahm der Plan Gestalt an, dass ich zu den Freidenkern nach Zürich und Basel kommen sollte, um über unsere freidenkerische Position angesichts des Niedergangs von Vernunft und Humanität im herrschenden Zeitgeist zu referieren. Meine Frau und ich fuhren am 15.8. nach Zürich. Werner Strebel und seine Frau Karin haben uns in ihrem Bauernhaus in Studen, einem anmutigen Alpental, herzlich in Empfang genommen und beherbergt. Im Voraus sei gesagt, dass wir von dem Ehepaar Strebel sowie später in Basel, von unserem Freidenkerfreund René Wenger und seiner Lebensgefährtin Lisa, wunderbar betreut und geradezu verwöhnt wurden. Am Abend des 17.8. trat ich zu meinem Vortrag zum Thema "Freies Denken zu Grundlagen des Menschseins in unserer Zeit Gegen den Niedergang von Vernunft und Humanität" an. Nach dem Vortrag entspann sich ein interessanter Disput zum weltanschaulichen Verständnis von Vernunft, der einige Brisanz dadurch bekam, dass ein weiblicher Gast in Verrenkung des philosophischen Vernunftverständnisses religiöses Alltagsbewusstsein gegen die im Alltags-"Zeitgeist" üblich gewordene Verkürzung oder Vernunft auf technische oder ökonomische "Rationalität" geltend machte. Die im Raum stehende Frage, die viele der Teilnehmer angesichts der überbordenden, kommerzialisierten Esoterik-Welle, der Fragmentierung menschlicher Probleme im öffentlichen Denken von Politik und Wirtschaft, der "neoliberalen" Destruktion von Humanität bewegte aus den Sektionen Bei Freidenkern in der Schweiz – ein Reisebericht und den Inhalt der Diskussion wesentlich bestimmte, war: Wie ist angesichts offensichtlichen Niedergangs vernünftigen Denkens eine Umkehr zur Vernunft zu erreichen? Was können wir gegen die Ausbreitung von Rechtsextremismus unter Jugendlichen tun? Welches ist die Aufgabe der Freidenker heute? Die Teilnehmer waren sich darin einig, dass der Vortrag sowie die Diskussion eine Reihe Anregungen zum weiteren Denken gegeben hat. Für die Teilnehmer des Seminars über Arbeit und Menschenwürde (19.8.) war es einigermassen schwierig, vom Alltagsverständnis der Arbeit, mit all ihren Problemen, auf eine freidenkerisch philosophische Sicht umzuschalten. Das ist angesichts der drückenden Probleme des Alltags um so begreiflicher, als die philosophische Sicht auf Arbeit erfordert, sie elementar als Tätigkeit im menschlichen (individuellen und gesellschaftlichen) Lebensgewinn damit als Ensemble vielseitiger tätiger Beziehungen der Menschen zu erfassen, wo, dem berühmten "Webermeisterstück" gleich, auch viele ,"Fäden ungesehen fliessen" und "ein Schlag tausend Verbindungen schlägt" (Goethe, Faust 1). Ausgehend von den tiefgreifenden Veränderungen in den gegenständlichen Mitteln und Verfahren der Produktion, die eine historisch neue gesellschaftliche Organisation und Teilung der Arbeit - als gesellschaftliches Mittel - auf die Tagesordnung setzen, konnten wir uns darüber verständigen, dass man hier vom gesamten Lebensgewinnungsprozess ausgehen, also Altersunterschiede und altersbedingte Leistungsunterschiede, das Verhältnis von Arbeitszeit und Freizeit, von Bildung und Erziehung, von schöpferischer und schematischer, geistiger und körperlicher Arbeit, von Arbeit als Erfüllung menschlichen Wesens und Erniedrigung bzw. Strafe, von Gesundheit und Krankheit, von Arbeitenden und Familie usw., usf. in die Betrachtung jeweils konkret einbeziehen muss. In diesem Zusammenhang empfahl ich die Lektüre des Buches von Richard Sennet, "Der flexible Mensch". Was zunächst aus philosophischer Sicht geleistet werden kann ist, den Blick für die menschliche Dimension der ArbeitsForts. Seite 6 Albert Einstein war nicht nur ein grosser Wissenschaftler, er war auch ein grosser Humanist. Er hat gesagt: "Du kannst auf dieser Erde nicht frei sein, solange du freiwillig Subjekt von unbekannten und nicht bestimmbaren Kräften bleibst." (Frei nach "Wissenschaft und Religion" 1941). Mat Cherry Der Artikel erschien unter dem Titel "Heaven on earth: the lethal illusion of secular utopias" in NEWHumanist 2 Juni/2000 Übersetzung und Kürzung: Reta Caspar FREIDENKER 10/2000 5 Forts. von S. 5 problematik dadurch zu öffnen, dass man Arbeit als menschliche Wesensund Lebenstätigkeit begreift, sie als Komplex tätiger menschlicher Beziehungen erfasst und so als ein allgemeines Moment versteht, das in allen konkreten Arbeitsprozessen aller Ebenen, Formen und Bereichen aller historischen Produktionsprozesse wirksam ist und analysiert werden muss. Denn das ist die geistige Ebene, auf der Arbeit als bestimmte Ganzheit in ihrer Bedeutsamkeit für die Würde des Menschen, des ganzheitlichen Wesens Mensch, vernünftig fassbar ist. Die Betrachtung der Arbeit als komplexer, tätiger menschlicher Lebensgewinnungsprozess schliesst das Verständnis der Arbeit sowohl als Resultat wie auch als Mittel des Arbeitsprozesses ein. Von solchem weltanschaulichen Begreifen der Arbeit als Prozess des Energie- und Stoffwechsels der Menschheit mit der Natur her wird auch die unterschiedliche Verfügungsgewalt hinsichtlich der Inhalts- und Richtungsbestimmung im Einsatz des Erarbeiteten in der Gesellschaft als Produkt der gesellschaftlichen Arbeitsteilung und als Moment der gesellschaftlichen Organisation der Arbeit organisch verständlich. Und die Würde des Menschen wird so, geknüpft an den eigenen Lebensgrund der Menschheit, begriffen und begreifbar. Unterbelichtet bleiben musste in diesem Seminar leider, dass diese Sichtweise eine lange Geschichte in der geistigen Kultur hat: Angebahnt bereits in der Antike, etwa bei Sokrates und in der Stoa, inspiriert in der bildhaften Darstellung des Wesens menschlicher Würde bei Giovanni Pico della Mirandola hat sie das humanistische weltanschauliche Denken in Europa zu weiterer Ausbildung angeregt und bewegt. Sie lässt sich nicht einfach durch "Modernisierer" beiseiteschieben. Und sie ist vom Prinzip her der Verjüngung und weiteren Entwicklung bedürftig und auch fähig. Die Anerkennung des Rechts auf Arbeit in den Menschenrechtsdeklarationen der UNO ist in dieser Hinsicht ein bedeutsamer, bewahrens- und entwicklungswerter Schritt hin zu einer humaneren Weltordnung. Die Seminarteilnehmer haben unsere gemeinsame geistige Arbeit zu diesem Problem als sehr anstrengend, aber wohltuend und anregend empfunden. Wir schieden von Zürich und unseren Gastgebern als gute Freunde in der Hoffnung auf eine Fortsetzung solcher Begegnungen. Die Abendveranstaltung am 21.8. in Basel zu meinem Vortrag über die Rezeption von Motiven Nietzsches durch Max Scheler bei der Schaffung seiner "Philosophischen Anthropologie" war trotz Regenwetters sehr gut besucht. Eingeladen hatten die Sektionen der Freidenker-Vereinigung und der Freidenker-Union gemeinsam. Wir fanden das sehr gut. Die Themenstellung ermöglichte mir, anhand eines speziellen Themas ein Stück Geschichte geistiger Kultur im Ideenzusammenhang weltanschaulichen Denkens vorzuführen, ohne mich in personal-psychologische Erörterungen einzulassen, an denen es ja in den offiziellen Nietzsche-Ehrungen dieses Jahres keinen Mangel gibt. Mir war daran gelegen, die innere Widersprüchlichkeit im Schaffen Nietzsches zu zeigen. So bemühte ich mich, in der gebotenen Kürze Max Schelers geistige Herkunft vom Personalismus Rudolf Euckens und von der Wesensschau Edmund Husserls mit seinem eigenen ethischen, soziologischen und anthropologischen Schaffen, in welchem er inhaltlich auf Grundgedanken Nietzsches zurückgriff, zusammenzuführen. Ohne auf Vollständigkeit aus zu sein, zeigte ich anhand immanenter Verwandtschaft in Denkweisen ("Aristokratismus" und Ressentimenttheorie), warum und wie Max Scheler zu einem "katholischen Nietzsche" (Ernst Troeltsch) werden konnte – ein Charakteristikum, das angesichts des gegen die christliche(n) Religion(en) gerichteten Atheismus sowie der Metaphysikfeindschaft Nietzsches einigermassen paradox erscheint. Denn seine "Philosophische Anthropologie" ist als eine "Metaphysik des Menschen" mit stark christlich-katholischem Akzent in der Sache angelegt: Die "GeistPerson" folgt einem dem Leben entgegengesetzten Prinzip, das den Menschen veranlasst, der Wirklichkeit (nicht nur begrenzten Zuständen) sein Nein "entgegenzuschleudern". Entspricht dies der "Vornehmheit" bei Nietzsche so ist nach Scheler die Person als "Zentrum geistiger Macht" der Ablösung von der Wirklichkeit selbst "gegenstandsunfähig", d.h. wir können an ihren Akten nur dadurch "wissend Anteil gewinnen, dass wir ihre freien Akte nach- und mitziehen durch das, was ein armes Wort 'Gefolgschaft' nennt..., dadurch, dass wir uns mit dem Wollen, der Liebe einer Person und dadurch mit ihr selbst - wie wir zusagen pflegen, identifizieren." (Scheler, "Die Stellung des Menschen im Kosmos"). D.h., in der Rezeption durch Scheler wird Nietzsches aristokratischer "Wille zur Macht" unter Anwendung der phänomenologischen Erkenntnismethode auf einen pragmatischen Personalismus zu einem katholisierenden metaphysischen Führer- Gefolgschafts-Prinzip ausgebaut. Das ist "eleganter", "intellektueller" und auf mehr geistigen Quellen aufgebaut als das grobschlächtige faschistische Führer-Gefolgschafts-Prinzip war und geeignet, sich quasi "schleichend" im "Zeitgeist" einzunisten. Für Freidenker, die vom Geist des wirklichen Menschenlebens und der Vernunft als geistigen Ausdruck des wirklichen Lebens ausgehen, ist das ein inakzeptables Menschenbild. Ich meine, damit zugleich auch vorgeführt zu haben, dass die Rezeption weltanschaulicher Denkweisen wahrscheinlich in der Mehrzahl der Fälle nicht linear und "monokausal" erfolgt, sondern ein komplizierterer Prozess ist, der auch in der aufklärerischen Arbeit der Freidenker berücksichtigt werden muss. Ebenso wie in Zürich war das Publikum auch in Basel sehr diskussionsfreudig. Vor allem interessierte die Stellungsungnahme zum Übermenschen Nietzsches. Das bot die Möglichkeit, die Mehrdeutigkeit dieser Konstruktion von der Grundlage her zu erläutern. Mehrdeutig ist, ob mit dem "Menschen", der überwunden werden soll, prinzipiell die Gattung Mensch im allgemeinen Verstande oder der sich als "Der Mensch" aufspreizende deutsche Philister im Sinne der in den "Unzeitgemässe(n) Betrachtungen" geübten Kulturkritik gemeint ist. Nietzsche selbst ging ja weiter zur "blonden Bestie" als der "vornehmen Rasse", deren Bild er in der "Genealogie der Moral" (Kap. 10, 11) gezeichnet hat. Die historische Rezeption des Werkes von Nietzsche in Deutschland hat vornehmlich auf die Arbeiten von "Zarathustra" an zurückgegriffen. Ich glaube, dass die Reise, die Begegnung mit Freidenkern der Schweiz nützlich und fruchtbar gewesen ist und möchte unseren Schweizer Gastgebern auf diesem Wege nochmals herzlich Hans-Günter Eschke danken. 6 FREIDENKER 10/2000 Büchertisch Zitate ohne Tabus "Der grösste und aktuellste provokative Zitatenschatz" so bezeichnet sich der Band im Untertitel. Es ist (bereits in zweiter Auflage) das Lebenswerk eines österreichischen Freigeistes, der von sich sagt, er sei schon von Kindheit an ein "Zitatenschatzgräber" gewesen. In bewusst subjektiver Auswahl finden sich auf fast 1000 Seiten mehrere Tausend Zitate, aufgeführt in 14 Themenkreisen, darunter auch über 100 Seiten zu Religion/Atheismus/Agnostizismus. Neben Aussprüchen von bekannten Wortgewaltigen wie etwa Nietzsche, Russel und Schopenhauer findet man auch Überraschendes von weniger bekannten Personen, sowie etliche Sponti-Wandinschriften: "Wer seinen Horizont erweitert, verkleinert den Himmel" (Klaus Kinski). "Gott ist tot, Marx ist tot, und ich fühle mich auch nicht besonders wohl." (unbekannt) "Gottes einzige Entschuldigung ist, dass er nicht existiert." (Stendhal). Ein Buch, geeignet neben dem Bett zu liegen, damit man auf die Nacht daraus eine Rosine picken kann, die Stoff für eigenes Sinnieren hergibt. Wer selbst Zitate sammelt oder etwas Geeignetes für einen Vortrag oder Text sucht, dem bietet das mehr als 150 Stichworte von Aids bis Zynismus umfassende Register eine grosse Hilfe. Es erleichtert das Aufund Wiederfinden eines Zitates erheblich. Das Buch ist eine Fundgrube für LiebhaberInnen von Zitaten, träfen Sprüchen und Aphorismen. Sein einziger Nachteil, der fehlende Quellennachweis, wird vom Herausgeber anerkannt und mit Platzproblemen begründet. Dabei geht es aber nicht nur um die Exaktheit. Tatsache ist, dass manche Textstelle zum Lesen seines Umfeldes animieren würde, dieses aber gerade nicht ersichtlich ist. Manchmal hat der Herausgeber auch Zitate umgestellt oder gestrafft. Wer aber nicht den Ansprüchen einer wissenschaftlichen Publikation genügen muss, kann damit leben und wird an dieser Sammlung Freude haben. rc Rolf Fuchs (Hrsg.) Zitate ohne Tabus aktualisierte Neufassung 2000 (Erstfassung 1992), Verlag Frieling, 991 S., broschiert, Fr. 39.80 Aktive, gewaltfreie Konfliktlösung Heute sind fast alle von der Notwendigkeit des Einsatzes von Waffengewalt überzeugt. Auch die, von denen man es am wenigsten erwartete, waren plötzlich mit der NATO einig, dass man den Serben nur mit Bomben beikommen könne. Bewaffnete Einsätze und Kooperation der Schweizer Armee mit der NATO im Ausland stehen zur Debatte. Die Tradition der Gewaltlosigkeit und der Friedensarbeit läuft dabei Gefahr, in Vergessenheit zu geraten. Dies ist der Ausgangspunkt eines Interviews mit Ueli Wildberger. Er war mit den Peace Brigades International in Guatemala tätig und mit dem Balkan Peace Team im Kosovo. Im vorliegenden Interview berichtet er über seine Erfahrungen mit der aktiven, gewaltfreien Konfliktlösung. Heute engagiert sich Wildberger beim Forum für Friedenserziehung des Internationalen Versöhnungsbundes. Dort organisiert er Kurse und Aktionen zur aktiven Gewaltfreiheit und Trainings für Friedenseinsätze im In- und Ausland. Aktive, gewaltfreie Konfliktlösung Interview mit Ueli Wildberger 2000, broschiert, 72 S., Fr. 12.zu bestellen bei: H. Frei, Breitenlooweg 7, 8047 Zürich in den Sektionen Basel (Union) Jeden letzten Freitag im Monat ab 19 Uhr: Freie Zusammenkunft im Restautrant "Storchen" Basel. Jeden 2. Dienstag im Monat: Vorstandssitzung um 19 Uhr in unserem Lokal. Bern Montag, 9. Oktober 2000 Montagstreff im Freidenkerhaus Plaudern und Diskutieren, Getränke sind spendiert. Weissensteinstr. 49b Voranzeige: Jahresendfeier 3.12.00 Schaffhausen Jeden 3. Donnerstag im Monat, 20.00 Uhr, Freie Zusammenkunft im Rest. "Falken", Schaffhausen St. Gallen Mittwoch, 18. Oktober ab 10 Uhr Freie Zusammenkunft Restaurant "Dufour" Winterthur Mittwoch, 4. Oktober ab 19.30Uhr Mittwoch-Stamm Rest. "Orsini", Technikumstrasse 96 Zürich Dienstag, 10. Oktober 14.30 Uhr Freie Zusammenkunft Thema: Globalisierung ??!! Referent: Bruno Dobler Restaurant Schweighof, Schweighofstr. 232, 8045 Zürich Kulturtipp Winterthur 27.9.- 8.10.2000 LITERA'THUR Im Mittelpunkt der diesjährigen, 4. Literaturwochen stehen Frauen. Leidenschaftliche Autorinnen, die kompromisslos und radikal ihren Weg gingen, immer auf der Suche nach den grossen Gefühlen, nach Echtheit, Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit. Frauen, die ihren Glauben und ihre Hoffnungen, aber auch ihre schmerzhaften Enttäuschungen literarisch umsetzten. 8 Lesungen, 1 Theaterstück, 4 Filme... zu Werken von Marguerite Duras, Simone de Beauvoir, Ingeborg Bachmann und Christine Lavant. Das Gesamtprogramm erhalten Sie auf dem Sekretariat der FVS-Winterthur Tel. 052 337 22 66. JungdenkerInnen Freie Die Freien JungdenkerInnen haben ihren Arbeitsschwerpunkt in die Ressorts des Zentralvorstandes verlegt. Trotzdem soll der Kontakt auf dieser Ebene nicht ganz abbrechen. Es sollen also weiterhin, aber mit grösseren Abständen, informelle Treffen in Olten stattfinden: Nächstes Treffen Montag 13. November 2000 18.30-21.30 Uhr reserv. Tisch im Bahnhofbuffet Olten Thema: Erste Erfahrungen mit dem Ressorts im Zentralvorstand. Für Auskünfte und Anregungen V. Aldridge 061 261 54 27 FREIDENKER 10/2000 7 FVSFreidenker-Vereinigung der Schweiz Mitglied der Weltunion der Freidenker und der Internationalen Humanistischen und Ethischen Union Trauer Redner Basel (Vereinigung) 061/421 67 87 oder 061/42112 80 Basel (Union) 061/321 39 30 oder 061/601 03 23 Bern 031/312 04 07 oder 031/372 56 03 Grenchen 076/53 99 301 oder 032/645 38 54 Luzern und Innerschweiz 041/420 45 60 oder 041/360 50 45 Schaffhausen 052/685 13 62 St. Gallen 052/337 22 66 Vaud Waadt 026/660 46 78 ou 022/361 37 12 Winterthur und Thurgau 052/337 22 66 Zürich Natel 079/646 20 64 Zentralsekretariat FVS 052/337 22 66 falls unter der regionalen Nummer niemand zu erreichen ist. Regional- und Orts- Gruppen Freidenker-Vereinigung Sektion Basel und Umgebung *auch Fax Postfach 302, 4012 Basel Präsidentin: Y. Andrek 061/401 35 19* Vizepräsidentin: B. Bisig 061/321 31 48* Kassier: R. Wenger 061/692 86 27* Sekretariat: H. Bamert 061/731 19 46* Mitgliederdienst: R. Frey 061/421 12 80 Bestattungen: L. Bloch 061/421 67 87* Freidenker-Union Region Basel USF Postfach 4471, 4002 Basel Präsident: 061/312 47 54 Auskünfte/Informationen: 061/321 39 30 oder 061/601 03 23 Mitgliederdienst/Krankenbesuche/ Bestattungen: 061/321 39 30 Postkonto: 40-4402-5 Bestattungsfonds: 40-4007-5 Association vaudoise de la Libre Pensée Case postale 131, 1000 Lausanne 17 Secrétariat: 026/660 46 78 Président: J.P Ravay 022/361 94 00 Ortsgruppe Winterthur Büelrain 4, 8545 Rickenbach ZH 052/337 22 66 (J.L. Caspar) Ortsgruppe Zürich Postfach 7210, 8023 Zürich Präsident: W. Strebel 055/414 23 63 Familiendienst: M. Dobler 01/341 38 57 FREIDENKER - BIBLIOTHEK Zürich, im Sozialarchiv Stadelhoferstr. 12 (Nähe Bellevue) Bücherausgabe: Mo. - Fr. 10–20 Uhr Sa. 10–13 und 14–16 Uhr Auskunft: Tel. 01/251 80 66 FREIDENKER - BIBLIOTHEK Basel, Burgunderstr. 8-10 im Hof, Parterre Hinterhaus, Tram 6 und Bus 33/37 Station Schützenmattstrasse jeden zweiten Dienstag im Monat, 19-21 Uhr, oder nach Vereinbarung Tel. 061/321 39 30 oder 601 03 23 Ortsgruppe Bern Postfach 10, 3704 Krattigen Präsident/Auskünfte: Daniel Aellig: 033/654 22 57 Mitgliederdienst: Bern 031/951 01 29 (N. Leuenberger) Lyss-Seeland-Biel 032 / 392 33 30 (W. Lanz) Libre Pensée de Genève Case postale 189, 1211 Genève 16 022/756 40 49 (tél. et fax) J.P. Bouquet Sektion Grenchen und Umgebung Postfach 451, 2540 Grenchen Auskünfte: Peter Hess, Präsident: 032/645 38 48 oder 076/376 38 48 Mitgliederdienst/Krankenbesuche: Lotti Höneisen: 076 53 99 301 Regionalgruppe Luzern-Innerschweiz Präsident: E. Ochsner 041/440 76 36 Postfach 2908, 6002 Luzern Sektion Mittelland Postfach 637, 4600 Olten Präsident: Willi Zollinger 062/293 39 30 Freidenker Schaffhausen Postfach 186, 8222 Beringen 052/685 13 62 (Marcel Bollinger) Regionalgruppe St. Gallen Postfach 613, 9001 St. Gallen 071/351 29 81 (S. Breitler) FVS Zentralsekretariat Zentralkasse Büelrain 4 8545 Rickenbach ZH Tel. 052/337 22 66 Fax 052/337 22 20 Internet: http://www.freidenker.ch Postkonto: Winterthur 84-4452-6 Zuschriften an den Vorstand, Auskünfte, Adressänderungen, Materialbestellungen Adressänderungen an Postfach 14, 8545 Rickenbach Impressum Redaktion neu Reta Caspar Rainweg 9 Tel. 031/911 00 39 3052 Zollikofen e-mail: reta.caspar@swissonline.ch Redaktionsschluss 15. des Vormonats Jahresabonnement Schweiz: Fr. 25.– inkl. Porto Ausland: Fr. 30.– inkl. Porto (B-Post) Probeabonnement 3 Monate gratis Bestellungen, Adressänderungen und Zahlungen bitte an das Zentralsekretariat FVS. Druck und Spedition Volksdruckerei Basel Postfach, 4004 Basel ISSN 0256-8993, Ausgabe 10/2000 Namentlich gekennzeichnete Beiträge können, aber müssen nicht mit der Ansicht der Redaktion übereinstimmen. 8545 Rickenbach AZB