Katholische Kirche 2010: 25'000-30'000 Austritte

(Kipa) Im Jahr 2010 sind 25.000 bis 30.000 Personen aus der katholischen Kirche in der Schweiz ausgetreten. Ihre Anzahl ist schwer auszumachen, weil in den Kantonen unterschiedliche Stellen die Rücktritte erfassen, schreibt der Generalsekretär der der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz in Zürich, Daniel Kosch, in einem Forumsbeitrag für die Presseagentur Kipa. Die Anzahl der Austritte sei aber "erneut deutlich gestiegen". Die Kirche müsse reagieren, indem sie zeige, dass sie ein Ort ist, wo die Gemeinschaft lebt und "bohrende Fragen" erlaubt sind. Gefordert sind alle Kirchenmitglieder.

Die Frage nach den Auswirkungen der Austritte auf die Finanzen der katholischen Kirche in der Schweiz lasse sich nicht ohne weiteres beantworten. Zu unterschiedlich seien die Kirchenfinanzierungssysteme von Kanton zu Kanton. Wenn eine sehr wohlhabende Person aus einer Kirchgemeinde austrete, könne diese in finanzielle Schwierigkeiten kommen. Kosch rechnet zudem vor: Wenn 2.000 durchschnittlich verdienende Mitglieder austreten, dann entgehen der Kirche rund 540.000 Franken, und das nicht nur einmalig, sondern Jahr für Jahr.

Da die Kirche nicht in erster Linie eine Organisation ist, sondern eine Glaubensgemeinschaft, sei "die inhaltliche Bedeutung des Kirchenaustritts für die Kirche selbst deutlich wichtiger als statistische und finanzielle Aspekte", betont der Generalsekretär. Hinter den meisten "Kirchenaustritten" würde nicht die Entscheidung stehen, vom Glauben "abzufallen" oder die Kirche zu "spalten". Vielmehr würden sich die Menschen von der Kirche als Institution abwenden, weil sie "keine lebendige Verbindung mehr zu ihr haben und oft auch in ihrem Umfeld keine Menschen erleben, denen die Kirche viel bedeutet".

Bild der Kirche entscheidend

Wissenschaftliche Untersuchungen zu den Gründen für den Austritt aus der Kirche zeigten, dass dort, wo der Bindungsverlust schon weit fortgeschritten sei, Irritationen sehr viel schneller zum Austritt führten. Wenn "Ärger über kirchliches Machtgehabe oder über personelle Entscheidungen, Ekel angesichts des tiefen menschlichen und moralischen Versagens kirchlicher Amtsträger" aufkomme, könne "eine als übermässig hoch empfundene Kirchensteuer" zum Entscheid für den Kirchenaustritt beitragen.

"Zugehörigkeits-standby"

Wo jedoch die Bindung stimme, so der RKZ-Generalsekretär, da "halten die Gläubigen auch das Versagen, die Krisen, den Reformstau und die vielen offenen Fragen in der Kirche aus".

Es sei kein Trost, dass die Zahl der Mitglieder der katholischen Kirche in der Schweiz trotz Austritten dank der Zuwanderung aus dem Ausland insgesamt nicht schrumpfe, vielleicht sogar noch zunehme. Vielmehr müsse sich die Schweizer Kirche bemühen, dass aus jenen Menschen, die auf "Austritts-standby" stehen, als Kirchenmitglieder also auf Distanz zur ihrer Kirche sind, Menschen werden, die sich wenigstens in "Zugehörigkeits-standby" befinden.

Ziel müsse es sein, dass all jene, die "diese Kirche prägen und verkörpern – nicht nur die Bischöfe, Priester und Seelsorgenden, sondern wir alle", es schaffen, Kirche als einen Ort erfahrbar zu machen, "wo Gemeinschaft lebt, wo Sinn erfahren und bohrende Fragen ausgehalten, wo Hoffnung genährt und Not gelindert wird".

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