Kantonsrat politisiert an der Realität vorbei und hält Kirchensubvention aufrecht
Neuste Zahlen zeigen: Die Zahl der Kirchenmitglieder sinkt stetig, während die Gruppe der Religionsfreien weiter wächst – besonders im Kanton Zürich. Laut Bundesamt für Statistik (BFS) stellen dieReligionsfreien inzwischen die „dominierende Religionszugehörigkeit“ dar (BFS, Religionen im Jahr 2023, veröffentlicht 2025). Im Kanton Zürich sind es 40%, gegenüber 45% bei den anerkannten Religionsgemeinschaften. Dennoch genehmigt der Kantonsrat weiterhin jährlich 50 Millionen Franken an die anerkannten Religionsgemeinschaften. „Nach diesem Entscheid ist es höchste Zeit, das System der Kirchensubvention zu überarbeiten und an die gesellschaftliche Realität anzupassen“, fordert Sonja Stocker, Co-Präsidentin der Freidenker-Vereinigung der Schweiz (FVS).

Der Entscheid fiel unter Zeitdruck: Nur eine halbe Woche hatten die Parlamentsmitglieder Zeit, sich mit dem komplexen Thema auseinanderzusetzen. Dabei ging es um eine Gesamtsumme von 300 Millionen Franken, verteilt auf sechs Jahre. Breiter Widerstand blieb aus – lediglich die SVP und Teile der FDP lehnten die Vorlage ab. Allerdings geschah dies nicht, um das Subventionssystem grundsätzlich infrage zu stellen, sondern um zu verhindern, dass anerkannte Religionsgemeinschaften Gelder an nicht anerkannte weitergeben. Diese Frage hätte jedoch gar nicht im Kantonsrat entschieden werden können, da sie Änderungen in der Kantonsverfassung und im Kirchengesetz erfordern würde.
Ungleichbehandlung der Konfessionsfreien
„Dass der seit Jahren stattfindende Mitgliederschwund der Kirchen bei der am Montag beschlossenen Höhe der Gesamtbeiträge keine Rolle gespielt hat, ist schlicht nicht nachvollziehbar“, kritisiert Sonja Stocker. „Eine zeitgemässe und zukunftsgerichtete Politik würde dieser Entwicklung Rechnung tragen und gezielt auch Angebote für die säkulare Bevölkerung schaffen. Momentan besteht diesbezüglich eine Ungleichbehandlung.“, so Stocker weiter. Darüber hinaus müsse klar im Kirchengesetz festgehalten werden, dass kantonale Steuergelder ausschliesslich für nicht-kultische Angebote verwendet werden dürfen – analog zur Regelung bei den kirchlichen Unternehmenssteuern.
Mehr Transparenz
Zudem fordert die FVS eine deutlich höhere Transparenz bei der Vergabe dieser Mittel. „Die Steuerzahlenden haben ein Recht darauf, dass der Kanton bei den Kirchen genauso streng hinschaut wie bei jeder anderen Subvention. Es braucht klare Leistungsvereinbarungen, statt eines 24-seitigen Berichts mit vagen Vorhaben für die nächsten sechs Jahre“, betont Stocker. Ausserdem sollte die heute mehr als magere Rechenschaftslegung durch eine unabhängige Erfolgskontrolle ersetzt werden: Eine Studie der Universität Zürich von 2023 sagt aus, dass die Nutzung der kirchlichen Angebote seit der letzten Untersuchung im Jahr 2017 durchgehend stark abgenommen hat.
Freiwerdende Gelder für soziale und kulturelle Projekte nutzen
Die Freidenker-Vereinigung wird weiterhin auf die Einhaltung von Minimalstandards bei der nächsten Vergabe pochen. Insbesondere müsse der Gesamtbetrag gemäss §20 Abs. 2 des Kirchengesetzes an die Mitgliederzahl der anerkannten Religionsgemeinschaften gekoppelt werden. Eine drastische Reduktion dieser Subventionen sei dringend geboten. „Die freiwerdenden Gelder könnten stattdessen in soziale und kulturelle Projekte fliessen, die keinen religiösen Stempel tragen, rege genutzt werden und tatsächlich der gesamten Gesellschaft zugute kommen“, erklärt Sonja Stocker. Abschliessend werten wir die Ankündigung von Regierungsrat und STGK als positiv, dass nun eine Überprüfung und allfällige Anpassung des Systems der Kostenbeiträge anstehe und werden diesen Prozess kritisch begleiten.