Freidenker erfreut über Nidwaldner Entscheid zu Freitodbegleitung in Heimen

Am Mittwoch entschied der Nidwaldner Landrat mit 36 zu 17 Stimmen, dass Personen, die in einer Gesundheitseinrichtung leben, Freitodhilfe in Anspruch nehmen dürfen. Die Freidenker-Vereinigung ist erfreut über den sehr deutlichen Entscheid und gratuliert ihrem Mitglied Elena Kaiser zu diesem wichtigen Erfolg.

NW DE

Elena Kaiser (Grüne) wollte die Möglichkeit, eine Freitodbegleitung in Anspruch nehmen zu können, auch Personen in Nidwaldner Heimen und Spitälern sicherstellen. Zusammen mit Mitunterzeichnenden aus vier Fraktionen schlug sie mit einer Motion eine Änderung des Gesundheitsgesetzes vor. Der Regierungsrat lehnte sie im Juni dieses Jahres mit Verweis auf die geringe Nachfrage und einer angeblich ausreichender Gesetzgebung ab (Link). Die zuständige Kommission für Finanzen, Steuern, Gesundheit und Soziales FSG stellte sich aber am 6. September auf die Seite der Motionäre (Link). Heute Mittwoch entschied der Landrand nun überaus deutlich: Er befürwortete die Motion mit 36 zu 17 Stimmen bei zwei Enthaltungen. Der Vorstoss von Elena Kaiser erhielt aus allen Fraktionen Unterstützung.

Die Möglichkeit, selbst über sein Lebensende zu bestimmen, ist ein wichtiges Grundrecht. In der Schweiz ist die assistierte Freitodbegleitung etabliert und der Zugang für die meisten, die diesen Weg beschreiten wollen, gesichert. Dies gilt jedoch nicht für Personen in Gesundheitseinrichtungen. Sie sind in manchen Kantonen der Willkür von Heimleitungen und Personal ausgesetzt.

Um diesem Missstand zu begegnen, haben verschiedene Kantone in den letzten Jahren gesetzlich geregelt, dass staatliche und staatlich subventionierte Gesundheitseinrichtungen Freitodbegleitungen in ihren Heimen ermöglichen müssen. Die Botschaft ist klar: Das individuelle Selbstbestimmungsrecht ist höher zu gewichten, als weltanschauliche Einwände gegen Freitodbegleitungen, die Heimleitungen oder Angestellte haben mögen.

Das Bundesgericht hatte 2016 eine Beschwerde der Heilsarmee gegen die entsprechenden gesetzlichen Auflagen abgelehnt (GBE 142 I 195). Es befand: “In der Interessenabwägung überwiegt die Freiheit der Bewohner und Patienten des betroffenen Pflegeheims, den Zeitpunkt und die Form ihres Lebensendes selbst zu wählen, gegenüber der Glaubens- und Gewissensfreiheit der Genossenschaft, die Trägerin des Pflegeheims ist”.

Die Freidenker-Vereinigung freut sich sehr über den parlamentarischen Erfolg ihres Mitglieds Elena Kaiser und gratuliert ihr, dass es ihr gelungen ist, für dieses wichtige Thema lagerübergreifend grosse Unterstützung zu erhalten. Andreas Kyriacou, Präsident der Freidenker-Vereinigung, dazu: “Das Selbstbestimmungsrecht am Lebensende ist ein wichtiges Freiheitsrecht. Es ist sehr erfreulich, dass nun auch Nidwalden gewillt ist, dies im Gesundheitsgesetz zu schützen.”
 

Entscheid mit schweizweiter Signalwirkung
Im Kanton Wallis hatte die Stimmbevölkerung im November 2022 eine vergleichbare Gesetzesänderung mit 76,6 Prozent befürwortet. Die Freidenker hatten sich stark für das Ja engagiert. Im Kanton Zürich wird aktuell für eine Volksinitiative mit derselben Zielrichtung Unterschriften gesammelt, die Freidenker-Vereinigung unterstützt das Begehren aktiv. Und auch im Kanton Genf wird sie sich bei der Referendumsabstimmung zum Thema engagieren. Dort hatte eine Ratsmehrheit Anfang September die Verpflichtung für Gesundheitseinsrichtungen, Freitodbegleitungen zu ermöglichen, aus dem Gesundheitsgesetz gestrichen. Vor einer Woche wurden knapp 15’000 Unterschriften gegen die Gesetzesänderungen eingereicht – mehr als zweieinhalb mal so viele wie benötigt (Link).

Der Entscheid des Nidwaldner Landrates hat wegen dieser Abstimmungen über den eigenen Kanton hinaus Signalwirkung. Elena Kaisers Motion dürfte also dazu beitragen, dass auch in den grossen Kantonen Zürich und Genf das Selbstbestimmungsrecht am Lebensende gestärkt wird.