«Burka-Initiative»: Bald lüftet das Volk den Schleier

Als das sogenannte «Egerkinger-Komitee» 2016 die Volksinitiative zum «Verbot der Verhüllung des eigenen Gesichts» lancierte, war kaum vorhersehbar, dass die Schweizer Bevölkerung zum Abstimmungszeitpunkt aus gesundheitlichen Gründen ihr Gesicht mit Masken «verhüllen» würde. Ironischerweise eine der Ausnahmen, die auch nach Annahme der Initiative gestattet bleiben würde.

Von Eliane Schmid und Anne Boxleitner

Am 7. März 2021 stimmen wir ab: Burka-Verbot, ja oder nein? Nach dem Willen der Befürworter soll niemand mehr im öffentlichen Raum – mit Ausnahme von Sakralstätten – sein Gesicht verhüllen dürfen. Zudem soll niemand eine Person zwingen dürfen, ihr Gesicht aufgrund ihres Geschlechts zu verhüllen. Das Gesetz sieht Ausnahmen vor, etwa aus Gründen der Gesundheit, wie im Fall der Corona-Pandemie.

Der Bundesrat hat die Initiative zur Ablehnung empfohlen und stattdessen einen indirekten Gegenvorschlag ausgearbeitet, nach dem bestraft werden kann, wer jemanden zwingt, Gesichtsverhüllung zu tragen.

Scheinheilige Argumente?

Die rechtsbürgerlichen Parteien, die das Burka-Verbot umsetzen möchten, argumentieren einerseits mit dem Sicherheitsaspekt. Anderseits führen sie aufklärerische Werte wie Freiheit und Gleichheit ins Feld und setzen die Vollverschleierung mit mangelndem Integrationswillen gleich.

An der Realität vorbei

Die Initiativ-Gegner erklären, ein Verhüllungsverbot sei schon deshalb nicht nötig, weil es in der Schweiz kaum gesichtsverschleierte Frauen gäbe – mit Ausnahme weniger Touristinnen. Auch wurde in Europa noch nie ein Anschlag von einer verschleierten Frau verübt. Die Gegner warnen davor, das Burkaverbot isoliere und kriminalisiere die betroffenen Frauen und treffe somit die Falschen.

Wahl zwischen Pest und Cholera

Die FVS hat schon 2011 Position bezogen gegen die Burka, aber auch gegen ein Burkaverbot. Wir sehen die Aufgabe des säkularen Staates darin, alle in ihm lebenden Menschen vor Ausgrenzung zu schützen und eine friedliche Gemeinschaft zu fördern. Und wir fordern damals wie heute, dass Kenntnisse der Menschenrechte und der Verfassung zu zentralen Bildungsinhalten werden.

Zwei Aspekte wurden jedoch damals nicht aufgegriffen: Erstens ist die Vollverschleierung ein Symbol des politischen Islams und eines ausgesprochen frauenfeindlichen religiösen Fundamentalismus. Zweitens fordern auch Feministinnen in muslimischen Ländern ein Verbot der Verschleierung und kämpfen mutig gegen die Frauendiskriminierung in ihren Ländern.

Gerade deshalb hat sich inzwischen auch in der Schweiz ein linkes Komitee für ein Ja zur Initiative gebildet. Diesem geht es um die Frauenrechte – im Gegensatz zu den Initianten des Burkaverbots, die schlicht die kulturell-religiöse «abendländische» Dominanz bewahren möchten und eine populistisch motivierte Abgrenzungspolitik zum Islam betreiben.

Wie man es dreht oder wendet: Für Freidenkende ist weder ein Ja noch ein Nein wirklich zufriedenstellend. Ein Nein legitimiert eine zutiefst frauenverachtende Praxis und stärkt innerhalb der muslimischen Bevölkerung einzig islamistisch-fundamentalistische Kräfte. Ein Ja kleistert die Verfassung mit Bestimmungen zu, die maximal in ein Gesetz gehören würden, und droht als Sieg christlich-fundamentalistischer Kreise wahrgenommen zu werden.