Maja-Strasser-Replik.pdf

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(file: @@Maja-Strasser-Replik.pdf@@)— Mittwoch, 16. Juni 2010 29 Meinungen «Bund»-Online Dauerkritik Muss man mit Politikern Mitleid Neues Update der iPhone-App haben? Jean-Martin Büttner Fernsehen mit dem Handy Mit dem jüngsten Update der iPhoneApp des «Bund» lassen sich unterwegs 35 TV-Kanäle empfangen. Und so funktioniert das mobile TV: • Im App Store auf dem iPhone die App von DerBund.ch/Newsnetz kostenlos aktualisieren oder herunterladen. • Über den neuen Menüpunkt «Mobile-TV» am unteren Bildschirmrand gelangt man auf die Übersicht der Kanäle. • Full Screen: Bei der Darstellung des Kanals wird die gesamte Fläche des iPhone-Displays genutzt. • Abo-Kosten: Für die Nutzung des Live-Fernsehens ist ein kostenpflichtiges Abo nötig. Es stehen drei Varianten zur Auswahl: ein Monat für 6.60, drei Monate für 15 oder ein Jahr für 45 Franken. • Streaming-Kosten: Beim mobilen TV-Konsum fallen pro Stunde zirka 60 Megabyte Daten an. Nutzen Sie Mobile-TV deshalb wenn möglich über W-LAN statt über UMTS (3G). Wer das Datenvolumen seines Mobilfunk-Abos überschreitet, bei dem fallen zusätzliche Kosten an. Am besten erkundigt man sich diesbezüglich bei seinem Handy-Provider. Aus rechtlichen Gründen funktioniert Mobile-TV nur innerhalb der Schweizer Landesgrenzen. Das bisherige Angebot in der «Bund»-App bleibt selbstverständlich kostenlos. Benutzer anderer Handys können die Online-Inhalte des «Bund» weiterhin über diese Adresse abrufen: m.derbund.ch. Weitere Informationen unter: mobiletv.derbund.ch. Online-Redaktion «Der Bund» Sie suchen das Amt und kriegen Kritik Die Kanzlerin schaut drein, als habe sie Bauchkrämpfe, ihr notorisch fröhlicher Aussenminister wirkt depressiv. Dennoch bleibt die Schlagzeile über Angela Merkel und Guido Westerwelle mitleidlos: «Aufhören!», verlangt der «Spiegel» auf seiner aktuellen Titelseite. Im Heft trifft man das unglückliche Paar wieder an, und auch auf diesem Bild wirkt es nicht gerade froh. Die beiden sehen aus wie am eigenen Begräbnis. Aufhören! Wie oft und schnell werden Politikerinnen und Politiker mit dieser Forderung konfrontiert. Barack Obama steht in der permanenten Kritik der Republikaner und der ihnen angeschlossenen Medien. Gordon Brown taumelte nach kurzer Euphorie einem quälenden Abstiegskampf entgegen, der nach den britischen Wahlen mit seinem Aufhören endete. Georgios Papandreou regiert Griechenland gegen seine Bevölkerung, die letzte belgische Regierung unter Yves Leterme kollabierte nach fünf Monaten. Selbst Machtmänner wie Sarkozy oder Berlusconi würden Kritik vernehmen, wenn sie diese hörten. sucht. Die Engländer sagen es wie immer am besten: «If you can’t stand the heat, stay out of the kitchen.» Wer die Hitze nicht verträgt, soll die Küche meiden. Wer hat gewonnen? Klar ist aber: Die Politik hat an Einfluss und die Politiker haben an Ansehen verloren. Das gilt für Regierende und erst recht für Parlamentarier. Diese nämlich, man muss es zugeben, verrichten eine langwierige und mühselige Arbeit. Täglich kommen neue Stapel auf ihre Pulte, die oft von hochkomplexen, schwer zu vermittelnden Themen handeln. Alle Parlamentarier sind überlastet, viele überfordert, die meisten werden von Lobbys ferngesteuert. Die Ratsdebatten geraten zum Hindernislauf vorgespurter Entscheide. Medien drängen oder ignorieren sie. Immer wieder müssen Treffen, Aussprachen und Beratungen abgesessen werden, Fraktionssitzungen, Delegiertenversammlungen, und schon beginnt die nächste Wahlkampftournee. Dass die Politik mühsam sein kann, frustrierend und langweilig, damit müssen die Politiker leben, sonst sollen sie etwas anderes machen. Das Problem liegt auch nicht an der Kritik, sondern an ihrem Fokus. Mit der Beschleunigung der Berichterstattung hat die Personalisierung und mit ihr die unweigerliche Skandalisierung zugenommen. Die Medien spielen auf den Mann oder die Frau und vernachlässigen die Zusammenhänge. So gesehen lassen sich die gehäuften Rücktrittsforderungen auch als Symptom einer Berichterstattung lesen, die Politik immer häufiger als Spiel zwischen Siegern und Verlierern überträgt. Wobei die Politiker mit vollem Einsatz mitspielen. Max Göldi mit Bundesrätin Calmy-Rey und Staatssekretär Maurer. Foto: Reuters Libyen Die Geisel ist frei, jetzt können wir Klartext reden. Constantin Seibt Aber jetzt, Oberst Ghadhafi...! Endlich. Max Göldi ist zurück. Nun können wir frei reden. Und Oberst Ghadhafi sagen, was wir von ihm halten. Der libysche Diktator hat bereits kräftig vorgelegt: Er nannte die Schweiz «eine Bande, die ausserhalb der Weltgemeinschaft steht». Die Regierung in Bern betreibe «Geldwäsche in grossem Stil». Ghadhafi kritisierte die auf dem Finanzplatz üblichen Geschäftspraktiken: dass sehr viele Inhaber von Geheimkonten auf Schweizer Banken unter seltsamen Umständen stürben. Ghadhafis Folgerung war klar: Die Schweiz müsse aufgelöst werden. Und sein Sohn Hannibal drückte den Wunsch aus, die Eidgenossenschaft mit einer Atombombe auszulöschen. Darauf reiste Merz vor einem Jahr – als Bundespräsident – nach Tripolis und entschuldigte sich. Und ass später in New York Datteln mit dem Diktator und führte «ein erstaunlich gutes Gespräch». Wenig später rief Ghadhafi zum «Heiligen Krieg gegen die Schweiz» auf. Unsere Reaktion: Schweigen. Doch heute, nach Intervention der EU, einer weiteren Entschuldigung und mutmasslich der Zahlung von 1,5 Millionen Dollar, ist unsere Geisel frei. Nun können wir reden! Wie sollen wir uns bei Ghadhafi revanchieren? Sollen wir es Schweizerdeutsch versuchen mit «Teigaff»? Halten wir uns an Kapitän Haddock mit: «Banditen! . . . Renegaten! . . . Ungeziefer! . . . Strandräuber! . . . Hinkebeine! . . . Katachresen!». Oder zitieren wir als weltläufige Nation Hadschi Halef Omar aus den arabischen Reiseberichten von Karl May: «Du Sohn einer flachbrüstigen Hure und eines räudigen Hundes!» Die Wahl fällt schwer. Vermutlich werden wir es machen wie die Amerikaner, die einst Libyen bombardierten. Oder die Briten, wo eine libysche Bombe in einem Flugzeug explodierte. Oder die Deutschen, wo die Bombe in einer Berliner Diskothek hochging. Die Staatschefs dieser Länder haben längst klare Worte für Oberst Ghadhafi gefunden, bei den zahlreichen Besu- Schrillere Töne Bei uns ragt zwar kein Bundesrat so heraus wie ein ausländischer Premier, doch hat sich selbst in der Schweiz der Ton verschärft. An Hans-Rudolf Merz interessiert nur noch, wann er endlich geht, dasselbe fragte man sich schon bei Samuel Schmid oder Pascal Couche pin, lange bevor sie es selber merkten. Moritz Leuenberger wird schon seit Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass er jetzt dann gehen sollte. Zwar gehen die wenigsten Politiker, wenn sie sollten, aber den meisten wird es irgendeinmal nahegelegt. Muss man mit ihnen darum Mitleid haben? Wird ihnen die Aufopferung für das Land zu schlecht vergolten? Sind die Medien zu kritisch, fehlt dem Volk die Geduld? Nein, nein, nein und nein. Politik in einer Demokratie bleibt ein hartes Geschäft. Das muss so sein, sonst würde die Demokratie nicht funktionieren. Und wer die Öffentlichkeit sucht, kann nicht nur ihren Applaus entgegennehmen. Auf berechtigte Kritik sollen Politiker mit Korrekturen reagieren, gegen unberechtigte Kritik dürfen sie sich verwahren. Der Rest gehört zum Preis, den die Ausübung von Macht halt kostet. Politiker haben es nicht leicht, sie haben es aber ge- Leserbrief Die Regierung in Ankara sollte ihre Rhetorik mässigen, «Bund» vom 7. Juni So gibt es kein Weiterkommen Dem Artikel von Kai Strittmatter kann grösstenteils zugestimmt werden. Warum die Türkei sich jetzt bereits wieder auf ihren Vermittlerwert zurückbesinnen und die Hamas dazu bewegen sollte, das Existenzrecht Israels (was einer Staatsanerkennung gleichkommt) anzuerkennen, ist aber nicht nachvollziehbar. Die Türkei hätte dies auch schon vor den mörderischen israelischen Operationen auf See und zuvor in Gaza nicht tun können. Weiter, als darauf zu drängen, mit der Hamas endlich zu reden, konnte und wollte auch die Türkei nicht gehen. Mit einzig von Israel für Gespräche mit der Hamas gestellten Vorbedingungen und einseitig von der Hamas verlangten Zusicherungen gibt es in dem Konflikt kein Weiterkommen! Ist es denn nicht verständlich, dass die Hamas Zugeständnisse einem Staat Ghadhafis Sohn Hannibal drückte den Wunsch aus, die Eidgenossenschaft mit einer Atombombe auszulöschen. chen bei ihm in der Wüste. Wenn nicht alles täuscht, werden dies in Kürze auch wieder die deutlichen Worte einer nun endlich handlungsfreien Schweiz sein. Sie lauten: «Lieber Geschäftsfreund». Die Politik als Trostpreis Zur Entwertung der Politiker kommt die Abwertung der Politik. Es entscheiden immer weniger die Gewählten eines einzelnen Landes und immer häufiger die Konzernspitzen weltweit verflochtener Unternehmen. Wodurch die Politik zum Trostpreis einer zweiten Garde verkommt, während es die Spitzenleute dorthin zieht, wo sie viel mehr verdienen und viel mehr bewirken. Aufhören? Anfangen! Replik «Als Gott seine Funktion erschöpft hatte», «Bund» vom 11. Juni Braucht es den «Schöpfer»? Säkularisierung der Gesellschaft als Chance Voraussetzungen für moralisches Handeln sind soziale und emotionale Kompetenzen sowie eine Weltanschauung – hingegen ist ein Transzendenzglaube optional. Meine Weltanschauung ist ganz diesseitig, als konkrete Vorstellung, in welcher Art von Gesellschaft ich leben möchte. Für Säkulare ist Kants kategorischer Imperativ («Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte») eine zentrale Leitidee, ebenso Werte wie Solidarität (ganz besonders mit schwächeren Mitgliedern unserer Gesellschaft), Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit, Mitgefühl, Ehrlichkeit, Treue, ein tiefer Respekt vor dem Leben und das Erkennen der Grenzen des Wünschbaren und Machbaren. Der Mensch hat die Fähigkeit, seine Mitmenschen und die Natur tiefgreifend und nachhaltig zu beeinflussen. Dies auferlegt uns eine ganz besondere Verantwortung. Die Philosophin Carola Meier-Seethaler bezeichnet diese Werte als «a-theistische Spiritualität». A-theistisch, weil es sich dabei nicht um eine antireligiöse Haltung handelt, und Spiritualität nicht in einem esoterischen Sinne, sondern weil Ethik ohne ein spezifisch emotionales Engagement nicht lebbar ist. Der säkulare Humanismus ist, entgegen der Darstellung durch Professor Becchi, also keineswegs nur wissenschaftstechnische Rationalität. Von meinem Grossonkel Paul Strasser, einem Benediktiner-Mönch, habe ich im Vorschulalter in allen Details von den grauenhaften Verbrechen der Nazis erfahren. Schon als Kind habe ich darüber gegrübelt, wieso er sein Leben einem Gott gewidmet hatte, der solches zuliess. Auf dieses so genannte Theodizee-Problem habe ich bis heute keine zufriedenstellende Antwort erhalten. Soll ich ein schlechter Mensch sein, weil ich in einer anderen Weltanschauung Sinn und moralische Leitplanken finde? Ist mein Staunen über das Leben, die Natur und den Menschen, meine Wertschätzung für Harmonie und Schönheit weniger wert, wenn ich nicht glaube, dass ein «Schöpfer» deren Quelle ist? Die naturwissenschaftlichen Gesetzmässigkeiten dahinter zu verstehen, hat all dies für mich keineswegs entzaubert, eher im Gegenteil! In Douglas Adams’ «Per Anhalter durch die Galaxis» heisst es treffend: «Genügt es nicht zu sehen, dass ein Garten schön ist, ohne dass man auch noch glauben müsste, dass Feen darin wohnen?» Wer werten und richten will, wie das Professor Becchi ein Bedürfnis zu sein scheint, soll seine Mitmenschen «an ihren Früchten erkennen». Hauptsache, man strebt danach, ein guter Mensch zu sein; ob vor einem christlichen, muslimischen, hinduistischen, atheistischen Hintergrund, ist meines Erachtens irrelevant. Das «Manifest des evolutionären Humanismus» umschreibt dies so: «Stelle Dein Leben in den Dienst einer grösseren Sache, werde Teil in der Tradition derer, die die Welt zu einem besseren, lebenswerteren Ort machen wollen. [...] Wenn Du Dich selbst als Kraft im Wärmestrom der menschlichen Geschichte verorten kannst, wird Dich das glücklicher machen, als es jeder erdenkliche Besitz könnte. Du wirst intuitiv spüren, dass Du nicht umsonst lebst und auch nicht umsonst gelebt haben wirst.» Maja Strasser, Leukerbad Mitglied der Freidenker-Vereinigung Ist es nicht verständlich, dass die Hamas Zugeständnisse verweigert? gegenüber verweigert, der einen grossen Teil der palästinensischen Landfläche besetzt hält und seit 1967 ununterbrochen weiterkolonisiert, wenn sie selber gleichzeitig nicht auch die hinlänglich bekannten und zu Recht geforderten Zusicherungen erhält? Von Gesprächen auf Augenhöhe ohne vorher gestellte Bedingungen und verlangte Zusicherungen will Israel aber nach wie vor nichts wissen. Andreas Mathys, Bern Verleger: Charles von Graffenried Gesamtauflage BZ (inkl.«Bund»): 200 117 WEMF/SW-beglaubigt Redaktion: Dammweg 9, Postfach, 3001 Bern Tel. 031 385 11 11, Fax 031 385 11 12 Verlag: Der Bund, c/o Espace Media AG, Dammweg 9, Postfach, 3001 Bern Tel. 031 330 31 11, Fax 031 330 36 86 Redaktionsleitung: Chefredaktor: Artur K. 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