Flyer-Religion-und-Kultur.pdf

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(file: @@Flyer-Religion-und-Kultur.pdf@@)Die Position der FreidenkerInnen Die Freidenker erachten es als sinnvoll, dass ein Mass an Religionskunde in den Volksschullehrplan eingebettet ist. Ein eigenes Fach wäre dazu nicht zwingend nötig und auf der Unterstufe betrachten die Freidenker das Fach als wenig zielführend. Die Freidenker anerkennen jedoch, dass diese Vorgaben vom Zürcher Kantonsrat stammen und nur über einen politischen Vorstoss korrigiert werden können. Doch die politischen Vorgaben waren längst nicht so einseitig wie das vorläufige Ergebnis. Weltliche-humanistische Werte und nichtreligiöse Kultur werden ausgeblendet, weil es der Bildungsrat so wollte. Kinder aus nichtreligiösen Familien werden durch das Fach nicht abgeholt, ihre Werte werden ihren Klassenkameraden nicht veranschaulicht, sie selbst werden aber verpflichtet, sich Kenntnisse über andere Religionen anzueignen und ihr schulischer Erfolg hängt auch von der Note in diesem Fach ab. Besonders in den unteren Klassen ist das Risiko gross, dass nichtreligiöse Kinder sich unter Druck gesetzt fühlen, für sich etwas aus der «Angebotspalette» auszuwählen. Dies darf nicht sein! Art. 15 der Bundesverfassung garantiert: «Niemand darf gezwungen werden, [...] religiösem Unterricht zu folgen.» In der aktuellen Form verletzt das Fach gemäss Juristen die Bundesverfassung klar. Das Fach darf in der aktuellen Form deshalb kein obligatorisches Selektionsfach sein. Inhaltlich verlangen die Freidenker vier konkrete Verbesserungen: 1. Eingang weltlicher Sichtweisen 2. Klare Definition der zu vermittelnden Kompetenzen 3. Aufzeigen real gelebter Religiosität, nicht Bilderbuchglaube 4. Klare Vorgaben für Lehrpersonen (auch in deren Eigeninteresse) Diese Punkte sind auf unserer Website ausführlicher beschrieben: www.frei-denken.ch/de/2011/01/wie-das-fach-religion-und-kultur-zu-retten-war e (Kurzlink: http://bit.ly/r_k) Die Freidenker setzen sich für weltlich-humanistische Werte und eine klare Trennung von Staat und Kirche ein. Sie postulieren ein auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basiertes Verständnis der Welt. Interessierte aus dem Kanton Zürich können sich bei den Sektionen Zürich oder Winterthur melden. Weitere Informationen auf www.frei-denken.ch oder zuerich@freidenken.ch bzw. winterthur@frei-denken.ch. Zürcher Schulfach «Religion und Kultur» Tipps für Lehrpersonen, SchulleiterInnen, SchulpflegerInnen, Eltern und SchülerInnen Die Ausgangslage Kaum ein anderes Schulfach hat einen derart ungewöhnlichen Anfang genommen wie das Fach «Religion und Kultur». 2004 wollte der Kanton den Religionsunterricht zur Sache der (Kirch-)Gemeinden erklären. Eine Volksinitiative, die das Fach «Biblische Geschichte» retten wollte, führte zu einem Vorstoss im Kantonsrat, welcher forderte: «Im Fach «Religion und Kultur» sollen Fragen nach ethischem Handeln und nach Werthaltungen zur Sprache kommen. [...]. Es trägt zu einem besseren Verständnis von unterschiedlichen Kulturen und Religionen bei und fördert Solidarität, Rücksichtnahme und Toleranz.» Seit der Abstimmung im Parlament wurde der Fokus kontinuierlich verengt: Weltliche Aspekte bleiben nun aussen vor, und es wird damit eine Allgegenwart von Religion suggeriert, welche nicht der Realität entspricht. Die Schulgemeinden mussten das Fach einführen, obwohl noch keine Lehrmittel existieren, nicht genügend ausgebildete Lehrpersonen zur Verfügung stehen und Juristen bezweifeln, dass das Fach in der vom Bildungsrat vorgesehenen Form Bestand haben wird. Eine laufende Evaluation hat gravierende Mängel aufgezeigt: rund die Hälfte der Lehrpersonen verwenden Elemente von «teaching in religion» in ihren Unterrichtsstunden. Das neue Fach wirft angesichts der Ausgangslage zahlreiche Fragen auf – bei Lehrpersonen wie SchülerInnen, bei Eltern wie SchulpflegerInnen. Und es stellt für alle Beteiligten eine beachtliche Herausforderung dar. Die folgenden Tipps sollen kleine Hilfestellungen im Umgang mit dem Fach bieten. Die Hinweise für die unterschiedlichen Zielgruppen sind bewusst in einem einzigen Faltblatt zusammengefasst. So ist für alle sichtbar, wo gemeinsame Interessen bestehen und wo Erwartungen unterschiedlich sein können oder gar müssen. Tipps für Lehrpersonen 1. Auf Ihnen ruht eine grosse Last: Sie müssen sich Unterlagen selbst zusammenstellen und sind aufgefordert, die Mängel der bildungsrätlichen Vorgaben wett zu machen. Geben Sie Ihr Bestes, aber lassen Sie sich von dieser Last nicht erdrücken. Fordern Sie Berufsverbände, Schulleitungen und -behörden auf, sich für eine schnelle Besserung der Situation einzusetzen. 2. Gehen Sie anders vor als der Zürcher Bildungsrat und der Lehrmittelverlag (bzw. handhaben Sie es wie der Kanton Graubünden): Legen Sie den Fokus nicht auf das Anhäufen von Faktenwissen. Überfordern (und langweilen) Sie Ihre Schüler nicht mit Details über Bräuche und Lehren. Schulen Sie stattdessen Kompetenzen: Das Einnehmen von fremden Standpunkten, das Zollen von Respekt, das Erlernen von ethischen Handlungsanleitungen. 3. Stellen Sie sicher, dass nichtreligiöse Kinder gleichwertig behandelt werden und nicht der Eindruck entsteht, dass Religionslosigkeit etwas Defizitäres sei. 4. Falls Sie früher KoKoRu oder biblische Geschichte unterrichtet haben: Behalten Sie stets im Auge, dass Sie nicht mehr vor einer Glaubensgemeinschaft unterrichten und nehmen Sie Ihre eigenen Überzeugungen nicht als Massstab. Tipps für Eltern 1. Sprechen Sie mit der Lehrperson, wenn Sie finden, verwendete Materialien oder gemachte Aussagen seien unpassend. Vieles lässt sich wahrscheinlich niederschwellig klären. Bedenken Sie, dass Lehrpersonen weder für sich selbst noch für die Schüler Lehrmaterialien erhalten haben. 2. Zeichnet sich ab, dass eine Lehrperson missioniert oder dass Ihr Kind im Unterricht in irgend einer Form diskriminiert wird, ist es Ihr gutes Recht, sich an die Schulleitung und oder die Schulpflege zu wenden. Scheint dies nicht zielführend, sollten Sie sich an die Bildungsdirektion wenden. Und natürlich steht es Ihnen frei, auch Medien einzubeziehen. 3. Getrauen Sie sich im Zweifelsfall, Ihr Kind abzumelden. Das Fach gilt es als «provisorisch-obligatorisch». In der aktuellen Form verletzt es aber die Vorgaben der Bundesverfassung, dieser Status steht deshalb auf sehr wackeligen Füssen. Tipps für Schülerinnen und Schüler 1. Persönliche Erfahrungen und Sichtweisen beleben Diskussionen über das, was Ihr (nicht) glaubt oder (nicht) praktiziert. Es steht Dir aber frei, so viel oder so wenig preiszugeben, wie Du willst. Lass Dich weder von Lehrpersonen noch von KlassenkameradInnen unter Druck setzen, wenn Du etwas für Dich behalten willst. 2. Das Fach blendet nichtreligiöse Werte und nichtreligiöse Kultur fast vollständig aus. Wenn Du Dich dadurch nicht vertreten fühlst, sei nicht scheu, dies klarzustellen, wenn Dir danach ist. Niemand muss einer Religionsgemeinschaft angehören und ein nicht religiöser Mensch ist weder ein schlechterer noch ein besserer Mensch als jemand, der an eine Gottheit (oder auch an mehrere) glaubt. 3. Lass Dich nicht von der vielfach gemachten Aussage täuschen, wir seien eine christliche Kultur – dies ist nur die halbe Wahrheit. Auch frühe Errungenschaften der alten Griechen und Römer prägen unsere Gesellschaft bis heute: Unsere Demokratie, unser Staatswesen und das wissenschaftliche Denken gehen weitgehend auf die Antike zurück. Während des Mittelalters waren es zu einem guten Teil arabische Denker, welche das Wissen aus dem Altertum vor dem Vergessen bewahrten. Wichtige Errungenschaften unserer Gesellschaft mussten gegen den erbitterten Widerstand der vormals mächtigen Kirchen erkämpft werden. Die vielleicht wichtigste Epoche für Europa war die Aufklärung. Tipps für SchulpflegerInnen und SchulleiterInnen 1. Geben Sie aufrichtige Rückmeldungen nach Schulbesuchen. Machen Sie Lehrpersonen darauf aufmerksam, wenn Sie beobachten konnten, dass sie ihre eigenen Überzeugungen einfliessen lässt oder wenn sich SchülerInnen bedrängt fühlen. 2. Lassen Sie sich von der Lehrperson zeigen, welches ihre Kriterien für die Notenvergabe sind. Gerade in diesem Fach ist Transparenz wichtig. 3. Verlangen Sie wie in allen anderen Fächern hohe Qualität, aber seien Sie gleichzeitig grosszügig, es ist für die Lehrperson ein Ding der Unmöglichkeit, die Mängel des Fachs eigenhändig zu korrigieren. 4. Treten Sie gegenüber der Bildungsdirektion und ihren Fachstellen als InteressensvertreterIn von Lehrpersonen wie Eltern und SchülerInnen auf und verlangen Sie zugunsten aller die nötigen Kurskorrekturen. 5. Nehmen Sie Eltern, die Ihr Kind abmelden wollen, Ernst. Es ist vorhersehbar, dass sie spätestens vor Bundesgericht Recht erhalten werden.