ESTV-Kirchensteuern-2009.pdf
(file: @@ESTV-Kirchensteuern-2009.pdf@@)D Einzelne Steuern
Kirchensteuern Juni 2009
Die Kirchensteuern _______________________
(Stand der Gesetzgebung: 1. Januar 2009)
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Abteilung Grundlagen / ESTV Bern, 2009
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INHALTSVERZEICHNIS ___________________________
Seite 0 1 2 21 22 23 231 232 24 25 251 252 253 254 255 3 31 32 321 322 323 4 41 42 421 422 423 43 431 432 433 5 51 52 6 EINLEITUNG ................................................................................................................... ALLGEMEINES ............................................................................................................... DIE KIRCHENSTEUERSYSTEME IN DER SCHWEIZ ................................................... Steuerhoheiten ............................................................................................................ Berechnungsmethoden ............................................................................................... Zuständigkeit bei der Bestimmung des Steuersatzes bzw. des Steuerfusses ............ Entscheidungsinstanzen ........................................................................................ Geltungsdauer ........................................................................................................ Obligatorische oder fakultative Erhebung ................................................................... Erhebungsinstanzen ................................................................................................... Kantonale Steuerverwaltung .................................................................................. Kommunale Steuerverwaltung ............................................................................... Staatskasse ............................................................................................................ Kirchgemeinde ....................................................................................................... Gemeinde ............................................................................................................... STEUERPFLICHT UND STEUERSUBJEKT .................................................................. Steuerpflicht im Allgemeinen ....................................................................................... Steuersubjekt .............................................................................................................. Natürliche Personen ............................................................................................... Juristische Personen .............................................................................................. Obligatorische oder fakultative Entrichtung der Kirchensteuer ............................... STEUERBEFREIUNG IM LICHTE VON ARTIKEL 15 DER BUNDESVERFASSUNG ... Glaubens- und Gewissensfreiheit ............................................................................... Natürliche Personen .................................................................................................... Nichtzugehörigkeit und Austritt aus der Kirche ....................................................... Die Rückzahlung von Kirchensteuern .................................................................... Das Problem bei „gemischten Ehen“ ...................................................................... Juristische Personen ................................................................................................... Problematik ............................................................................................................ Die Bundesgerichtspraxis ....................................................................................... Befreiung für die juristischen Personen mit konfessionellem Zweck ....................... GEGENSTAND DER KIRCHENSTEUER ....................................................................... Kirchensteuern für natürliche Personen ...................................................................... Kirchensteuern für juristische Personen ...................................................................... STEUERSÄTZE ............................................................................................................... 1 2 4 4 5 6 6 7 8 9 9 9 10 10 10 11 11 12 12 13 14 15 15 16 16 17 18 19 19 19 20 21 21 21 22
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Seite 7 71 72 73 STEUERERTRÄGE UND IHRE VERWENDUNG ........................................................... Steuererträge .............................................................................................................. Aufteilung der Kirchensteuererträge ............................................................................ Verwendung der Kirchensteuererträge ....................................................................... 24 24 24 25
VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN _______________________________
aBV AG BGE BGer BV GmbH StHG
= = = = = = =
alte Bundesverfassung Aktiengesellschaft Bundesgerichtsentscheid Bundesgericht Bundesverfassung Gesellschaft mit beschränkter Haftung Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990
KANTONE AG = AI = AR = BE = BL = BS = FR = GE = GL = GR = JU = LU = NE = Aargau Appenzell-Innerrhoden Appenzell-Ausserrhoden Bern Basel-Landschaft Basel-Stadt Freiburg Genf Glarus Graubünden Jura Luzern Neuenburg NW = OW = SG SH SO SZ TG TI UR VD VS ZG ZH = = = = = = = = = = = Nidwalden Obwalden St. Gallen Schaffhausen Solothurn Schwyz Thurgau Tessin Uri Waadt Wallis Zug Zürich
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EINLEITUNG
Die in den Beziehungen zwischen Staat und Kirche bestehenden Probleme haben sich in den letzten Jahrzehnten verlagert. Während sie im vergangenen Jahrhundert in der Regel nur die Folge von interkonfessionellen Konflikten waren, betreffen die Meinungsverschiedenheiten heute direkt die Bande zwischen weltlicher und geistlicher Macht. Mit der verfassungsrechtlichen Garantie der Kultusfreiheit hat es der Bund vermieden, eine bestimmte Religion zu bevorzugen. Nach der bundesstaatlichen Kompetenzausscheidung obliegt die Kirchenhoheit den Kantonen. In den Schranken der Bundesverfassung (vor allem der Glaubens- und Gewissensfreiheit sowie der Kultusfreiheit) können die Kantone das Verhältnis zwischen Staat und Kirche frei bestimmen. Die Kirche bzw. die Kirchensteuer war und ist immer wieder Gegenstand von Diskussionen und Kontroversen. Besondere Aufmerksamkeit erlangte der Themenbereich im Rahmen der „Volksinitiative betreffend die vollständige Trennung von Staat und Kirche“ vom 17. September 1976. Bei Annahme dieses Vorstosses hätten die Kantone die Kirchenhoheit und somit auch ihre Kompetenz zum Einzug von Kirchensteuern verloren. Die Volksabstimmung vom 2. März 1980 bestätigte die schon im Vernehmlassungsverfahren eindeutig festgestellte Tendenz: Mit 281'475 Ja gegen 1'052'575 Nein und der Verwerfung durch alle Stände entschied sich der Souverän für die Beibehaltung des status quo. Auf reges Interesse und auf zum Teil heftige Ablehnung gewisser wirtschaftlicher Kreise stösst vor allem die Kirchensteuerpflicht der juristischen Personen. Diesem umstrittenen Punkt widmen wir weiter hinten ein eigenes Kapitel.
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ALLGEMEINES
Die Kirchensteuern sind in unserem vielschichtigen schweizerischen Steuersystem unter die kantonalen Steuern einzuordnen. Gemäss der bundesstaatlichen Kompetenzausscheidung von Art. 3 der Bundesverfassung ist es Sache der Kantone, das Verhältnis zwischen Staat und Kirche zu ordnen und insbesondere die rechtliche Stellung der Religionsgemeinschaften zu bestimmen. Der Bund hat sich damit begnügt, einige – allerdings nicht unbedeutende – Schranken zu errichten, die von den Kantonen bei der Ausübung der Kirchenhoheit zu beachten sind. Innerhalb dieser Schranken des Bundesrechts sind die Kantone frei, beispielsweise Staat und Kirche zu trennen oder eine oder mehrere Religionsgemeinschaften öffentlichrechtlich anzuerkennen und finanziell zu unterstützen. Die Kantone haben die Kirchenhoheit – entsprechend ihren geschichtlichen und föderalistischen Eigenheiten – in den Schranken des Bundesrechts sehr unterschiedlich ausgeübt. Praktisch deckt sich keine Regelung vollständig mit der andern, so dass man heute in der Schweiz von 26 Gestaltungsformen auszugehen hat. In der Mehrheit der Kantone sind die evangelisch-reformierte und die römisch-katholische Kirche öffentlich-rechtlich anerkannt und damit zur Erhebung einer Kirchensteuer ermächtigt. Mehrere Kantone haben diese Rechtsstellung auch der christkatholischen Kirche (ZH, BE, LU, SO, BS, BL, SH, SG, AG, NE und GE) und der israelitischen Kultusgemeinschaft 1) (BS, FR und SG) eingeräumt. In den Kantonen NE und GE sind Staat und Kirche weitgehend getrennt und sämtliche Religionsgemeinschaften unterstehen dem Privatrecht, wenn auch die evangelisch-reformierte, die römischkatholische und die christkatholische Kirche in NE als „Institutionen von öffentlichem Interesse“ gelten und in GE „öffentlich anerkannt“ sind. Eine weitere Besonderheit ist im Kanton VD anzutreffen: Die evangelisch-reformierte Kirche und römisch-katholische Kirche des Kantons werden als öffentlich-rechtliche Institutionen mit Charakter einer juristischen Person anerkannt. Der Kanton gewährt ihnen die notwendigen Mittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben zum Wohl aller. Es werden aber keine Kirchensteuern erhoben; die Kultusaufwendungen werden vollumfänglich vom Staat (Kanton und Gemeinden) getragen. Die Kultusauslagen der evangelisch-reformierten und der römisch-katholischen Kirche sind demnach durch die allgemeinen von Kanton und Gemeinden erhobenen Steuern gedeckt. Im Kanton VS obliegen die Kultusauslagen den Gemeinden. Zur Bestreitung dieser Auslagen kann die Gemeindeversammlung die Erhebung einer Kultussteuer beschliessen. Nur sechs Gemeinden (u.a. der Kantonshauptort Sitten) haben von diesem Recht Gebrauch gemacht.
1) Besonderheit im Kanton BE: Die israelitische Kultusgemeinschaft ist öffentlich-rechtlich anerkannt, besitzt aber keine Steuerhoheit (für diese wäre eine kantonalrechtliche Anerkennung notwendig). Besonderheit im Kanton ZH: Die israelitische Kultusgemeinde und die Jüdische Liberale Gemeinde sind öffentlich-rechtlich anerkannt, besitzen aber keine Steuerhoheit.
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Mit der Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts sind im Allgemeinen gewisse Vorteile verbunden. Vorbehältlich des oben Gesagten erleichtert der Staat der Kirche die Erfüllung ihrer Aufgaben, indem er ihr das Besteuerungsrecht gewährt und unter Umständen weitere Leistungen erbringt. Die nicht anerkannten Religionsgemeinschaften unterstehen den Regeln des Privatrechts und finanzieren sich mit Mitgliederbeiträgen. Versuch einer Definition: Ohne auf die besonderen kantonalen Ausgestaltungen Rücksicht zu nehmen, kann die Kirchensteuer definiert werden als Abgabe, welche die vom Staate dazu befähigten öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften auf Grund ihrer territorialen Hoheit von ihren Mitgliedern und oft auch von den juristischen Personen zur Deckung kirchlicher Ausgaben erheben können.
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DIE KIRCHENSTEUERSYSTEME IN DER SCHWEIZ
Ein Gesamtüberblick über die Ausgestaltung der kantonalen Kirchensteuersysteme lässt nur wenige Gemeinsamkeiten erkennen. Wir haben es also im Prinzip mit 26 verschiedenen Regelungen zu tun, wobei selbst innerkantonal die verschiedenen Kirchen einen unterschiedlichen Status und unterschiedliche Besteuerungsgrundsätze kennen. Die wichtigsten unter den angedeuteten Unterschieden in den einzelnen Bereichen der Kirchensteuerordnungen werden in den folgenden Abschnitten einzeln behandelt.
21
Steuerhoheiten
In fast allen Kantonen haben die offiziell anerkannten Kirchen oder ihre Kirchgemeinden steuerhoheitliche Befugnisse. Im Kanton TI hat nur eine Minderheit der Gemeinden vom Recht Gebrauch gemacht, eine Kirchensteuer zu erheben. 2) Im Kanton VS liegt diese Befugnis in der Hand der politischen Gemeinden. 3) Allein im Kanton VD haben die Kirchen keine Besteuerungshoheit, weil alle Kultusausgaben vom Staat und den Gemeinden getragen werden. In einigen Kantonen besteht die Steuerhoheit nur hinsichtlich der Kirchensteuer für natürliche Personen (in den Kantonen BS, SH, AR, AG und GE werden von den juristischen Personen keine Kirchensteuern erhoben). 4) Die Kantone SO und SG erheben zwar von den juristischen Personen keine Kirchensteuer im herkömmlichen Sinn. Im Kanton SO bezahlen die juristischen Personen aber eine Finanzausgleichssteuer in der Höhe von 10% der einfachen Staatssteuer zuhanden der staatlich anerkannten Kirchgemeinden. Und im Kanton SG wird von den Zuschlägen zu den Gewinn- und Kapitalsteuern (220% der einfachen Steuer) ein Teil (22,5% der einfachen Steuer) für den Steuerausgleich unter den Kirchgemeinden verwendet (vgl. auch Tabelle S. 22). Im Übrigen ist die Steuerhoheit durch die Bundesverfassung (BV) in ihrer Auswirkung auf diejenigen Personen beschränkt, welche der betreffenden Kirche tatsächlich angehören (zur Auswirkung von Art. 15 BV und insbesondere zur Frage, ob sich auch juristische Personen auf diesen Artikel berufen können, siehe Kapitel 4).
2) Kanton TI: Von den 247 Kirchgemeinden erheben nur rund 40 eine Kirchensteuer. 3) Kanton VS: Nur 6 Gemeinden haben von diesem Recht Gebrauch gemacht, nämlich: Ayer, Chandolin, Savièse, Sitten, Törbel und Vouvry. 4) Kanton FR: Die israelitische Kultusgemeinde erhebt keine Steuern von den juristischen Personen und erhält keinen Anteil der kantonalen Quellensteuer. Sie kommt hingegen in den Genuss eines Ausgleichs von Seiten des Staates.
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Berechnungsmethoden
Die Kirchensteuer berechnet sich in den meisten Kantonen nach dem gesetzlich festgelegten Steuertarif, dem so genannten Grundtarif der Kantonssteuer (einfache Steuer). Die Kirchensteuer ist dann ein in % dieser einfachen Steuer berechneter Betrag oder aber ein Vielfaches davon. In einigen Kantonen entspricht die Kirchensteuer einem prozentualen Anteil der geschuldeten Kantonssteuer. In den einzelnen Kantonen bzw. Gemeinden drückt sich die Kirchensteuer aus: 221 in % der einfachen (Kantons-)Steuer (nach gesetzlichem Tarif): ZH, SZ, GL, ZG, FR, SO, SH, AI, SG, GR, AG und TG dito, aber zusätzlich wird für die natürlichen Personen eine Personalsteuer von 10 Franken erhoben: GE. 222 als jährliches Vielfaches 5) der einfachen (Kantons-)Steuer (nach gesetzlichem Tarif): BE, LU, OW, NW und AR im Weiteren UR für natürliche Personen sowie den Reingewinn der juristischen Personen. 223 in % des (geschuldeten) Kantonssteuerbetrages: BS, TI und JU dito, aber bei den natürlichen Personen wird zusätzlich eine Grundtaxe von 10 Franken erhoben: NE. 224 in % des (geschuldeten) Gemeindesteuerbetrages: VS im Weiteren UR für das Kapital der juristischen Personen. 225 Sonderfälle: ! NW: = bei den natürlichen Personen: = bei den juristischen Personen: ! BL: = bei den natürlichen Personen: = bei den juristischen Personen: als Vielfaches der einfachen Steuer prozentuale feste Steueraufteilung. in % des steuerbaren Einkommens und in ‰ des steuerbaren Vermögens in % der geschuldeten (Kantons-)Steuer (nach gesetzlichem Tarif).
5)
Anwendung eines Multiplikationsfaktors.
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Zuständigkeit bei der Bestimmung des Steuersatzes bzw. des Steuerfusses
Die Variantenvielfalt kirchlicher Steuerordnungen zeigt sich wohl am deutlichsten in der Ausgestaltung der Verantwortlichkeit zur Bestimmung von Steuersatz und Steuerfuss.
231
Entscheidungsinstanzen
Je nach Kanton kommen folgende Instanzen in Frage:
231.1
Religiöse Instanzen
! Kirchgemeindeversammlung: ZH 6), BE, LU, UR, SZ, OW, GL, ZG, FR, SH, AR, AI, AG, GR und TG FR (israelitische Kultusgemeinde nur für natürliche Personen) JU (nur bei natürlichen Personen, bei juristischen Personen wird ein Einheitssatz im Einvernehmen aller anerkannten Kirchen festgelegt) im Weiteren NW, SO, BL und SG, aber nur bei natürlichen Personen
! Kirchenrat / Kirchgemeinderat: BS und TI ! gemeinsame Kommission der drei anerkannten Kirchen: GE ! Kirchensynode / Synodalrat: ! Kirchliches Exekutivkomitee: BS (römisch-katholische und evangelisch-reformierte Kirche) und NE (evangelisch-reformierte Kirche) NE (römisch-katholische und christkatholische Kirche).
231.2
Politische Instanzen
! Gemeindeversammlung: ! Kantonsparlament: ! Direktion des Innern und der Landwirtschaft: VS nur für juristische Personen: NW; SO 7); BL, SG7) und GR. FR (für die juristischen Personen und die Quellensteuer der israelitischen Kultusgemeinde).
6) 7)
Kanton ZH: Bei Gemeindeverbänden wird die Kirchensteuer gemäss Beschluss der Zentralkirchenpflege festgesetzt. Kantone SO und SG: Juristische Personen bezahlen eine Finanzausgleichssteuer mit festem Tarif nach Steuergesetz.
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Geltungsdauer
Steuersatz und Steuerfuss haben nicht in allen Kantonen die gleiche Geltungsdauer. Ihre Neufestsetzung erfolgt: 232.1 232.11 232.12 232.2 232.3 232.31 232.32 232.33 232.34 232.4 jährlich: ZH, BE, LU, SZ, OW, GL, ZG, SH, AR, AI, SG, GR, AG, TG, TI und JU dito, aber nur für die evangelisch-reformierte Kirche: BS dito, aber nur für natürliche Personen: NW, SO und BL; im Weiteren UR auch für den Reingewinn der juristischen Personen. jedes dritte Jahr: BS (israelitische Gemeinde). auf unbestimmte Dauer: FR dito, das Verfahren ist in Gemeindereglementen festgelegt: VS dito, aber nur für die römisch-katholische und christkatholische Kirche: BS dito, aber nur für juristische Personen: UR (nur auf dem Kapital), NW und SO8) sowie BL dito; Änderungen erfolgen nur nach Beschluss der gemeinsamen Kommission der drei anerkannten Kirchen: GE. ohne Periodizität; nur wenn die finanziellen Bedürfnisse der entsprechenden Kirchgemeinde es erfordern: NE.
Bemerkung: Der Kanton VD erhebt keine Kirchensteuer.
8)
Kantone UR, NW und SO: Die Kirchensteuersätze für juristische Personen sind im Steuergesetz verankert.
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Obligatorische oder fakultative Erhebung 9)
Man unterscheidet bei den kantonalen Kirchensteuersystemen grundsätzlich zwischen der obligatorischen und fakultativen Erhebung von Kirchensteuern. In einigen Ständen sieht die Kantonsverfassung ein Obligatorium für den Kanton, in anderen Kantonen für die Gemeinden bzw. für die Kirchgemeinden vor. In den restlichen Kantonen ist die Erhebung von Kirchensteuern für die Gemeinden bzw. Kirchgemeinden fakultativ. In zwei dieser Kantone haben nicht alle Gemeinden von diesem Recht Gebrauch gemacht (TI und VS). In der Übersicht gliedern sich die Kantone nach Erhebungsvorschriften folgendermassen: 241 Erhebung obligatorisch für den Kanton: GE9) im Weiteren NW, SO und BL, aber nur für juristische Personen sowie GR (so genannte Kultussteuer zugunsten der beiden Landeskirchen). Erhebung obligatorisch für die Gemeinden oder Kirchgemeinden: ZH 10), BE, LU, SZ, GL, ZG, SH 11), AI und TG im Weiteren NW, aber nur für natürliche Personen. Erhebung obligatorisch für den Kanton für die periodischen Steuern und obligatorisch für die Gemeinden für die nicht-periodischen Steuern: JU. Erhebung fakultativ für die Gemeinden oder Kirchgemeinden: UR, OW, FR, BS, SG, GR, AG, TI und VS im Weiteren SO und BL, aber nur für natürliche Personen. Erhebung durch die Staatskasse auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung zwischen Kanton und Kirchen: AR und NE9).
242
243 244
245
Die Kirchensteuern werden also in der Praxis in allen Kantonen, Gemeinden oder Kirchgemeinden – mit Ausnahme des Kantons VD (keine Kirchensteuer) – erhoben, in den Kantonen TI und VS jedoch nur in gewissen Gemeinden (rund 40 Gemeinden im TI und 6 Gemeinden im VS).
9)
Es gilt festzuhalten, dass das Recht oder die Pflicht, Kirchensteuern zu erheben, nicht verwechselt werden darf mit der Tatsache, dass der Steuerpflichtige die Zahlung der Steuer möglicherweise verweigern kann. In der Tat ist in den Kantonen NE und GE die Entrichtung der Steuer selbst vom Wohlwollen des Steuerpflichtigen abhängig, d.h. er ist frei, die Rechnung zu bezahlen oder nicht. Für Details sowie Informationen zu den Besonderheiten des Systems im Kanton TI siehe Ziffer 323.
10) Kanton ZH: Eine Besonderheit ist allerdings hinsichtlich der juristischen Personen gegeben: Gemäss Beschluss der Kirchgemeindeversammlung vom 12. Juni 1973 erhebt die christkatholische Kirchgemeinde Zürich nur von den juristischen Personen mit Sitz, Betriebsstätte oder Liegenschaften in der Stadt Zürich Kirchensteuern. 11) Kanton SH: Das kantonale Recht räumt den anerkannten Kirchen das Recht ein, von ihren Mitgliedern Steuern zu erheben. Die Erhebung ist daher auf Grund des kantonalen Rechts fakultativ. Die Kirchen selbst sehen in ihren eigenen Erlassen aber durchwegs eine obligatorische Erhebung vor.
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Erhebungsinstanzen
Die interkantonalen Unterschiede in der Erhebungsart der Kirchensteuer sind zum Teil noch verstärkt durch innerkantonal verschieden organisierte Veranlagungs- und Bezugszuständigkeiten, je nachdem, ob von natürlichen oder juristischen Personen die Rede ist. In einigen Kantonen werden die Veranlagung und der Bezug gar von verschiedenen Behörden erledigt. Im Einzelnen kann die Situation folgendermassen zusammengefasst werden:
251
-
Kantonale Steuerverwaltung
! natürliche und juristische Personen: GL, ZG und AI nur zum Teil: in BE ! nur natürliche Personen: AR und GE nur bei Quellenbesteuerten: SH ! nur juristische Personen: NW, FR, SO, BL und GR.
Veranlagung und Bezug:
-
Nur Veranlagung:
! natürliche und juristische Personen: LU 12), UR, SZ, OW, TG und JU ! nur natürliche Personen: FR; im Weiteren SG (ohne israelitische Kultusgemeinde) ! nur selbständig Erwerbende: SH.
-
Nur Bezug:
! nur natürliche Personen: NW.
252
-
Kommunale Steuerverwaltung
! natürliche und juristische Personen: ZH 13) ! nur natürliche Personen: GR und TG nur zum Teil: BL Bezug nur zum Teil: AG.
Veranlagung und Bezug:
-
Nur Veranlagung: Nur Bezug:
! nur natürliche Personen: LU12) und NW. ! natürliche und juristische Personen: LU und TG ! nur natürliche Personen: SG (ohne israelitische Kultusgemeinde) ! nur selbständig Erwerbende: SH.
12) Kanton LU: Natürliche Personen je nach Personenkategorie und Gemeinde. 13) Kanton ZH: Die Steuerfaktoren werden teilweise durch das kantonale Steueramt, teilweise durch das Gemeindesteueramt festgesetzt. Der Entscheid über Bestand und Umfang der Kirchensteuerpflicht erfolgt in unbestrittenen Fällen faktisch durch das Gemeindesteueramt; andernfalls entscheidet die zuständige Kirchbehörde.
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-
Staatskasse
! natürliche und juristische Personen: NE. ! natürliche und juristische Personen: OW und JU (nur für die periodischen Steuern). ! nur juristische Personen: UR.
Veranlagung und Bezug: Nur Bezug:
254
-
Kirchgemeinde
! natürliche und juristische Personen: TI. ! nur natürliche Personen: SO 14) und BS nur zum Teil: BL; im Weiteren SG (nur israelitische Kultusgemeinde).
Veranlagung und Bezug:
-
Nur Bezug:
! nur natürliche Personen: UR und FR 15) nur zum Teil: AG.
255
-
Gemeinde
! natürliche und juristische Personen: VS. ! natürliche und juristische Personen: SZ nur zum Teil: BE nur für die nicht-periodischen Steuern: JU nur juristische Personen und selbstständig Erwerbende: OW.
Veranlagung und Bezug: Nur Bezug:
14) Kanton SO: Teilweise Veranlagung und Bezug durch die Einwohnergemeinde. 15) Kanton FR: Der Bezug kann nach Vereinbarung auch durch die kantonale Steuerverwaltung oder die Gemeinde vorgenommen werden.
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STEUERPFLICHT UND STEUERSUBJEKT
Steuerpflicht im Allgemeinen
Die Steuerpflicht weist im Rahmen der Kirchensteuer zwei Besonderheiten auf. Es ist zu beachten, dass nicht einfach jeder Kantons- bzw. Gemeindeeinwohner auf Grund seiner blossen Anwesenheit im Hoheitsgebiet steuerpflichtig wird, wie dies z.B. bei der Einkommenssteuer in der Regel der Fall ist. Aus Art. 15 der Bundesverfassung (Garantie der Glaubens- und Gewissensfreiheit) ergibt sich das Verbot, von demjenigen Steuern für Kultuszwecke einer Religionsgemeinschaft zu erheben, der dieser Gemeinschaft nicht angehört. In der Folge dürfen im Kanton nur jene mit einer Kirchensteuer für eine anerkannte und steuerhoheitlich befugte Kirche belegt werden, die als Kirchenmitglieder feststehen. Während für die natürlichen Personen die genannte Verfassungsbestimmung nicht allzu problematisch ist, gibt in diesem Zusammenhang die Besteuerung der juristischen Personen immer wieder Anlass zu Meinungsverschiedenheiten. In der Tat stellt sich die Frage, ob juristische Personen überhaupt kirchensteuerpflichtig sind und ob sie gegebenenfalls wie die natürlichen Personen den Austritt erklären können. Einige Kantone befreien die juristischen Personen gänzlich von der Kirchensteuerpflicht (weitere Ausführungen dazu unter Ziffern 322 und 43). Kirchensteuerpflichtig sind also – unter Berücksichtigung von Art. 15 BV – alle natürlichen Personen mit Wohnsitz oder Aufenthalt in unserem Lande sowie auch – in den meisten Kantonen – diejenigen juristischen Personen, die dort ihren Sitz haben. Die nachfolgende Aufstellung vermittelt eine detaillierte Übersicht über die diesbezüglichen kantonalen Vorschriften: 311 312 Natürliche Personen mit Wohnsitz im Kanton / Gemeinde werden in allen Kantonen besteuert. Juristische Personen mit Sitz im Kanton / Gemeinde werden in allen Kantonen besteuert, ausser in BS, SH, AR, AG und GE, welche die juristischen Personen von der Steuerpflicht ausnehmen (für die Kantone FR und SG siehe Ziffer 21 bzw. Fussnote 4). Quellenbesteuerte ausländische Arbeitnehmer mit Saison- oder Aufenthaltsbewilligung (Typus A bzw. B) 16) werden in allen Kantonen besteuert, ausser in LU, BS, TI, NE und GE, wo die Kirchensteuer nicht in der Quellensteuer inbegriffen ist, sondern separat erhoben wird (für den Kanton FR siehe Fussnote 4). Natürliche Personen mit ausschliesslich wirtschaftlicher Zugehörigkeit zum Kanton / Gemeinde (z.B. mit Liegenschaften im betreffenden Kanton bzw. Gemeinde), d.h. mit beschränkter Steuerpflicht werden in allen Kantonen besteuert, ausser in BS, TI und GE.
313
314
16) Es ist anzufügen, dass in den meisten Kantonen die natürlichen Personen mit Wohnsitz im Ausland für bestimmte Einkünfte aus dem betreffenden Kanton gleich besteuert werden wie Ausländer mit Saison- oder Aufenthaltsbewilligung, nämlich auch an der Quelle.
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Juristische Personen mit ausschliesslich wirtschaftlicher Verbundenheit zum Kanton / Gemeinde (z.B. Betriebsstätten), d.h. ohne Sitz und somit mit beschränkter Steuerpflicht werden in allen Kantonen besteuert, ausser in BS, SH, AR, AG und GE, welche die juristischen Personen ohnehin nicht der Kirchensteuerpflicht unterstellen.
Bemerkung: Im Kanton VD erfolgt die Finanzierung der Kultusausgaben aus dem Ertrag der ordentlichen Steuern. Diese werden bei den beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtigen erhoben, so dass sowohl die natürlichen wie auch die juristischen Personen indirekt an der Finanzierung der evangelischreformierten und römisch-katholischen Kirche beteiligt sind.
32
Steuersubjekt
Wer Steuersubjekt für die Kirchensteuer ist, bestimmt sich mit Ausnahme der bereits kurz erwähnten verfassungsrechtlichen Einschränkung (Art. 15 BV; siehe Kapitel 4) vorwiegend nach den kantonalen Steuergesetzen. Es handelt sich in der Regel um die natürlichen und juristischen Personen, welche ihren Wohnsitz oder Sitz im Kanton oder in der betreffenden Gemeinde haben. Der Begriff des Wohnsitzes ist in Art. 3 Abs. 2 StHG definiert. Diese Definition ist für die Kantone verbindlich.
321
Natürliche Personen
Bei den natürlichen Personen verdienen zwei Punkte besondere Beachtung: 321.1 321.11 Einerseits stimmt in fast allen Kantonen der Beginn der Kirchensteuerpflicht mit dem Beginn der Steuerpflicht für die ordentlichen Steuern überein: 17) Beginn der Kirchensteuerpflicht bei Beginn der Steuerpflicht für die Kantonssteuer: ZH, BE, LU, UR, SZ, OW, NW, GL, ZG, FR, SO, BL, SH, AR, AI, SG, GR, TG, TI, NE, GE und JU; im Weiteren BS, aber nur bei der evangelisch-reformierten Kirche Beginn der Kirchensteuerpflicht bei Beginn der Steuerpflicht für die Gemeindesteuern: AG und VS Beginn der Kirchensteuerpflicht bei Volljährigkeit: BS, aber nur bei der christkatholischen Kirche und der israelitischen Gemeinde. Anderseits müssen auf Grund von Art. 15 BV Ausscheidungsverfahren bei konfessionell gemischten Paaren vorgesehen werden. Diese Frage wird in Kapitel 4 erörtert.
321.12 321.13 321.2
Bemerkung: Im Kanton VD wird ein Teil der ordentlichen Steuern an die anerkannten Kirchen verteilt, also Beginn der „Kirchensteuerpflicht“ bei Beginn der ordentlichen Steuerpflicht.
17) Die selbstständige Steuerpflicht für die ordentlichen Kantons- und Gemeindesteuern beginnt in der Regel bei Volljährigkeit. In der Mehrheit der Kantone wird aber das Erwerbseinkommen der Minderjährigen getrennt besteuert. Für Einzelheiten siehe den Artikel „Die Einkommenssteuer natürlicher Personen“ in Band II, Register D/2 der STEUERINFORMATIONEN.
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Juristische Personen
In der Mehrheit der Kantone sind neben den natürlichen auch die juristischen Personen kirchensteuerpflichtig. In den Kantonen BS, SH, AR, AG und GE werden von den juristischen Personen keine Kirchensteuern erhoben 18). Der Kanton VD erhebt, wie bereits erwähnt, überhaupt keine Kirchensteuer, da die Kultusauslagen bereits im kantonalen Budget enthalten sind. Im Kanton VS, wo die Kultusauslagen im Gemeindebudget enthalten sind, wird die Kirchensteuer nur in einigen Gemeinden erhoben. In den Kantonen TI und NE steht es dem Steuerpflichtigen frei, die Kirchensteuern zu bezahlen oder nicht; die Bezahlung selbst ist also fakultativ. Steuerpflichtig sind in der Regel die Kapitalgesellschaften (z.B. AG und GmbH), Genossenschaften, Vereine und Stiftungen. Im Kanton GL unterliegen die Holding- und Domizilgesellschaften keiner Kirchensteuerpflicht. Die Kantone SZ, NW und GR kennen die Kirchensteuern auch für die öffentlich-rechtlichen Körperschaften; die Kantone ZH, SO, TG und JU besteuern auch die übrigen juristischen Personen; im Weiteren SZ für Anlagefonds mit direktem Grundbesitz. Während die natürlichen Personen, welche einer anerkannten Religionsgemeinschaft nicht angehören, von der Kirchensteuerpflicht befreit sind, können sich die juristischen Personen nicht auf den entsprechenden Verfassungsartikel 15 berufen (siehe dazu Ziff. 43). Eine gewichtige Ausnahme macht das Bundesgericht jedoch bei denjenigen juristischen Personen, welche selber religiöse oder kirchliche Zwecke verfolgen. Sie können nicht verpflichtet werden, an andere Religionsgemeinschaften Kultus- oder Kirchensteuern zu entrichten (vgl. BGE 95 I 350 ff.; siehe auch Ziff. 433).
18) Für die Kantone FR und SG siehe Ziffer 21 bzw. Fussnote 4.
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Obligatorische oder fakultative Entrichtung der Kirchensteuer
Dieses Thema darf nicht verwechselt werden mit der Tatsache, dass in einigen Kantonen die Erhebung der Kirchensteuer für die Gemeinden oder Kirchgemeinden nicht obligatorisch, sondern fakultativ ist, d.h. der Entschluss über die Erhebung oder Nicht-Erhebung bei der betreffenden Gemeinde bzw. Kirchgemeinde liegt (vgl. Ziffer 24). Wie bei anderen Steuerarten ist auch die Bezahlung der Kirchensteuern in der Regel obligatorisch. Allein drei Kantone bilden hier die Ausnahme, und zwar TI, NE und GE. In diesen drei Kantonen steht es dem Steuerpflichtigen frei, die Kirchensteuern zu bezahlen oder nicht; die Bezahlung selbst ist also fakultativ. Der Betrag wird wohl ausgerechnet und in Rechnung gestellt, doch die Begleichung ist dem Wohlwollen des Einzelnen überlassen. Der Betrag kann somit nie eingetrieben werden. Der Kanton TI kennt eigentlich ein Mischsystem: So ist die Bezahlung der Steuer nur dann obligatorisch, wenn der Steuerpflichtige nicht vorgängig gemeldet hat, dass er die Steuer nicht entrichten möchte. Der Steuerpflichtige erhält nämlich zuerst die Mitteilung, dass er im Kirchensteuerregister eingetragen sei, und kann dann auf schriftlichem Weg innert 30 Tagen die Bezahlung der Kirchensteuer ablehnen. Bemerkung: Aus den in der Anmerkung auf Seite 12 zitierten Gründen kann behauptet werden, dass im Kanton VD die Entrichtung der „Kirchensteuer“ obligatorisch ist, auch wenn sie nicht getrennt bezogen wird.
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STEUERBEFREIUNG IM LICHTE VON ARTIKEL 15 DER BUNDESVERFASSUNG
Glaubens- und Gewissensfreiheit
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In der Schweiz wird die Glaubens- und Gewissensfreiheit in Artikel 15 der Bundesverfassung 19) garantiert. Dieser Artikel gehört zusammen mit andern Bestimmungen (etwa dem Rechtsgleichheitsgebot, der Wirtschaftsfreiheit, der Eigentumsgarantie, dem Verbot interkantonaler Doppelbesteuerung, dem Verbot von Steuerabkommen) zu den Grundrechten und verfassungsrechtlichen Richtlinien des Bundes, welche vom Steuergesetzgeber berücksichtigt werden müssen. Gemäss Art. 15 BV ist die Glaubens- und Gewissensfreiheit unverletzlich. Sie verbietet einerseits dem Staat, den Bürger auf ein bestimmtes religiöses Bekenntnis zu verpflichten, d.h. der Bürger ist frei, sich zu irgendeiner religiösen Überzeugung zu bekennen oder auf eine solche überhaupt zu verzichten. Anderseits umfasst sie das Recht, Glaubensansichten zu äussern und religiöse Lehren und Überzeugungen zu verbreiten (vgl. die Bundesgerichtspraxis, insbesondere: BGE 97 I 121 f.). Die Rechtsprechung des obersten Gerichts zum Anwendungsbereich dieses Artikels ist sowohl betreffend natürliche als auch juristische Personen recht umfangreich. Für beide gilt, dass Kirchensteuern nur für „eigentliche Kultuszwecke“ erhoben werden dürfen, nicht aber für Zwecke, die im allgemeinen Interesse liegen. Es wäre gemäss Bundesgericht stossend, wenn der Andersgläubige „durch Steuerleistung an die Kirchgemeinden einer Landeskirche, der er nicht angehört, auch zur Finanzierung der von ihr übernommenen und naturgemäss im Sinne ihrer Glaubensrichtung erfüllten Aufgaben dieser Art herangezogen werden könnte“ (BGE 107 Ia 126). Im gleichen Urteil zieht das Bundesgericht in Erwägung – ohne in der Sache selbst zu entscheiden –, dass die Verfassungsbestimmung wohl genügend berücksichtigt sei, wenn die Kirchensteuererträge vorwiegend für kirchliche Zwecke verwendet würden. Bemerkung: In der neuen Bundesverfassung wurde auf eine analoge Bestimmung zu Art. 46 Abs. 6 aBV verzichtet, welcher besagte, dass niemand gehalten ist, Steuern zu bezahlen, welche speziell für eigentliche Kultuszwecke einer Religionsgemeinschaft, der er nicht angehört, auferlegt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Verbot der Kirchensteuerauferlegung für Andersgläubige keine Gültigkeit mehr hätte. Ganz im Gegenteil entfaltet die bundesgerichtliche Rechtsprechung auch weiterhin ihre Wirkung. Angesichts der bestehenden Rechtsprechung befand es der Gesetzgeber nicht für nötig, dieses Verbot ausdrücklich in Art. 15 BV über die Glaubens- und Gewissensfreiheit aufzunehmen. Hervorzuheben ist bei Art. 46 Abs. 6 aBV, dass sich das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung immer geweigert hat, den juristischen Personen das Recht zu verleihen, sich darauf zu berufen. Dies ist nur den natürlichen Personen vorbehalten (BGE 102 Ia 468).
19) Art. 15 Glaubens- und Gewissensfreiheit 1 Die Glaubens- und Gewissensfreiheit ist gewährleistet. 2 Jede Person hat das Recht, ihre Religion und ihre weltanschauliche Überzeugung frei zu wählen und allein oder in Gemeinschaft mit anderen zu bekennen. 3 Jede Person hat das Recht, einer Religionsgemeinschaft beizutreten oder anzugehören und religiösem Unterricht zu folgen. 4 Niemand darf gezwungen werden, einer Religionsgemeinschaft beizutreten oder anzugehören, eine religiöse Handlung vorzunehmen oder religiösem Unterricht zu folgen.
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Natürliche Personen
Die genannte Verfassungsbestimmung hat für die natürlichen Personen zwei gewichtige Konsequenzen; erstens in Bezug auf die Nichtzugehörigkeit zu einer Kirche bzw. auf den Austritt aus der Kirche, und zweitens mit Blick auf konfessionell gemischte Ehen.
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Nichtzugehörigkeit und Austritt aus der Kirche
Nicht immer haben die Kantone oder Kirchen (Kirchgemeinden) dem obgenannten Verfassungsgebot Genüge getan. Das Bundesgericht hat in mehreren Fällen das Gemeinwesen zu einer Änderung seiner Praxis zwingen müssen. 20) Im Kanton VD sowie in einzelnen Kantonen, in denen die (Kirch-)Gemeinden vom Besteuerungsrecht nicht Gebrauch machen und die Kirchen über die allgemeinen Steuereinkünfte finanziert werden, dürfen Andersgläubige und aus der Kirche Ausgetretene einen prozentualen Anteil der bezahlten Gemeindesteuern, der für die Kirchen bestimmt ist, zurückfordern. 21) Dies ist laut Bundesgericht bei den Kantonssteuern jedoch nicht zulässig. In den Kantonen NE und GE, wo die Entrichtung von Kirchensteuern fakultativ ist, stellt sich die Frage nach der Nichtzugehörigkeit bzw. nach den Austrittsfolgen überhaupt nicht. Im TI braucht der Steuerpflichtige lediglich den zuständigen Behörden innert einer bestimmten Frist mitzuteilen, dass er wünscht, aus dem Kirchensteuerregister gestrichen zu werden. Im Weiteren hat das Erlöschen der kirchlichen Steuerpflicht gemäss Bundesgericht sogleich nach Abgabe der Nichtzugehörigkeits- oder Austrittserklärung an die zuständige Behörde zu erfolgen. 22) Die Kantone haben diese Modalität allerdings in verschiedener Weise geregelt. Die Steuerbefreiung erfolgt in der Praxis entweder sofort (in den meisten Kantonen), am Ende des betreffenden Monats (UR und AR) oder am Ende der Steuerperiode bzw. der Steuerpflicht (TG). Im Kanton SH endet die Kirchensteuerpflicht bei Austritten im Laufe des Jahres bereits am 31. Dezember des Vorjahres.
20) z.B. BGE 107 Ia 126. 21) Der Anteil der Gemeindesteuer, welcher der Kirche zusteht, kann dem Steuerpflichtigen auf seine Anfrage hin tatsächlich zurückerstattet werden, wenn er keiner Religionsgemeinschaft angehört, die von der Gemeinde auf diese Weise finanziert wird. Die Anfrage muss der Betreffende jedoch anlässlich jeder neuen Steuerperiode stellen. 22) vgl. BGE 104 Ia 79.
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Die Rückzahlung von Kirchensteuern
Die Rückzahlung von Kirchensteuern, welche unrechtmässig bei konfessionslosen oder zumindest einer staatlich anerkannten Kirche nicht (mehr) angehörenden Personen bezogen wurden, ist nur in den Gesetzen bzw. Dekreten der Kantone NW, AI, AG und JU vorgesehen. Im Kanton ZH ist eine Rückzahlung im Rahmen einer Revision oder einer Berichtigung möglich, sofern die gesetzlichen Bedingungen dafür erfüllt sind. Was die an der Quelle besteuerten ausländischen Arbeitnehmer betrifft, welche konfessionslos sind oder keiner anerkannten Kirche (mehr) angehören, sieht die Gesetzgebung in den Kantonen BE, UR, SZ, SO, AG und JU besondere Regelungen vor. In den Kantonen OW, GL, ZG, FR, BS, BL, AR, SG, TG und VS sowie im Kanton LU (für die nicht an der Quelle Besteuerten) ist gesetzlich punkto Rückerstattung nicht geschuldeter Kirchensteuern nichts vorgesehen, doch findet in der Praxis eine solche statt. 23) In den Kantonen BS, TI und GE ist die Kirchensteuer nie in der bei den ausländischen Arbeitnehmern bezogenen Quellensteuer inbegriffen. Im Kanton VD, wo die Kultusauslagen im Budget der Gemeinwesen (Kanton und Gemeinden) ausgewiesen sind, kann der Rückerstattungsantrag nur für den Anteil der Gemeinde-, nicht aber der Kantonssteuer gestellt werden. Im Kanton BL, wo der Kanton und die Gemeinden die öffentlich anerkannten Kirchen subventionieren, können Konfessionslose oder Andersgläubige von der Einwohnergemeinde ihren Prokopfanteil des Einwohnergemeindebeitrages an die Kirchgemeinde(n) zurückfordern. Gemäss Bundesgericht sind Rückforderungen des Prokopfanteils der Kantonsbeiträge an die Kirchen nicht möglich. Die Kantone NE und GE 24), wo die Entrichtung der Kirchensteuer fakultativ ist, sehen überhaupt keine Rückerstattungsmöglichkeit dieser Art vor. Im Kanton SH ist grundsätzlich die Gesetzgebung über die Kantons- und Gemeindesteuern anwendbar.
23) vgl. auch BGE 124 I 247 24) Kanton GE: Wenn ein an der Quelle besteuerter Ausländer die Kirchensteuer entrichten möchte, muss er seinen Arbeitgeber bitten, den Abzug vorzunehmen; dieser ist pauschal auf 1% des Bruttolohns festgelegt.
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Das Problem bei „gemischten Ehen“
Das Verbot, von Personen, welche keiner oder einer staatlich nicht anerkannten Kirche angehören, Kirchensteuern zu erheben, kann bei konfessionell gemischten Ehen im Zusammenhang mit dem Prinzip der Familienbesteuerung zu gewissen Problemen führen. „Das schweizerische Steuerrecht basiert auf dem System der Familienbesteuerung; relativ häufig gehören aber nicht alle Familienmitglieder einer oder der gleichen Religionsgemeinschaft an. Diesem Umstand trägt das Bundesgericht Rechnung, indem es in solchen Fällen verlangt, dass nur der Bruchteil der vollen Kirchensteuer verlangt werden darf, der dem Verhältnis der verschiedenen Kirchenzugehörigkeiten entspricht. In der Familienbesteuerung an sich erblickt das Bundesgericht jedoch keine Beschneidung der Glaubensfreiheit, obwohl sie im Ergebnis dazu führen kann, dass ein allein verdienendes Familienmitglied Kirchensteuern für eine Religionsgemeinschaft zu entrichten hat, der es selber nicht angehört; dass hier die steuerrechtliche Systematik Vorrang vor der grundrechtlichen Sicht haben soll, leuchtet nicht ein.“ 25) Wie folgende Aufstellung zeigt, berücksichtigen die meisten Kantone diesen Umstand und sehen einen Aufteilungsmodus vor. Verschiedene Kantone berücksichtigen bei dieser Aufteilung auch die Kinder: 423.1 Anwendung des halben Satzes der jeweiligen Konfession des betreffenden Ehegatten (also ohne Berücksichtigung der Kinder): ZH, BL, AR, TG, TI, VS und GE im Weiteren Anwendung des vollen Satzes, aber auf die Hälfte der geschuldeten Steuer in BE und JU im Weiteren GL, AI und SG, wo aber auf Verlangen des Steuerpflichtigen (mit Kindern) die Aufteilung nach Köpfen erfolgt (Ziff. 423.12). Anwendung des halben Satzes der jeweiligen Konfession des betreffenden Ehegatten, aber bei Familien mit Kindern wird eine proportionale Aufteilung des Steuersatzes oder des Steueranteils für die jeweilige Konfession der Ehegatten unter Berücksichtigung der Kinder vorgenommen: LU, UR, SZ, OW, NW, ZG, SO, BS, SH, AG und NE. Gehören Ehegatten oder eingetragene Partner nicht der Konfession derselben anerkannten Kirche an oder gehört nur einer von ihnen der Konfession einer solchen Kirche an, so wird das Besteuerungsrecht halbiert. Sind Kinder vorhanden, so wird das Besteuerungsrecht in drei Teile geteilt; das letzte Drittel wird entsprechend der Konfession der Kinder aufgeteilt: FR. Bei konfessionell gemischten Ehen wird die Kirchensteuer je auf dem hälftigen Gesamteinkommen erhoben; die kirchliche Zugehörigkeit minderjähriger Kinder ist irrelevant: GR.
423.2
423.3
423.4
In all diesen Kantonen wird, wenn ein Ehegatte einer anerkannten Religionsgemeinschaft nicht oder – auf Grund einer Austrittserklärung – nicht mehr angehört, nur sein Ehegatte, und zwar zum Satz (bzw. halben Satz) seiner Konfession, besteuert.
25) Müller, J.P. (1985): Grundrechte, Bern, S. 53.
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Juristische Personen
Problematik
Die Kirchensteuerpflicht juristischer Personen gerät immer wieder ins Kreuzfeuer der Kritik. Sie steht auch in direktem Zusammenhang mit Art. 15 BV. In der Tat entrichten auch juristische Personen in der Mehrzahl der Kantone Kirchensteuern. Demnach kann es sein, dass ein Aktionär, der beispielsweise einer andern als der im Kanton anerkannten Kirche angehört oder konfessionslos ist, indirekt Steuern an eine Religionsgemeinschaft zahlt, deren Mitglied er nicht ist. Im Gegensatz zu den natürlichen Personen können sich die juristischen Personen nicht auf den Art. 15 BV berufen, um sich von der Kirchensteuer zu befreien. Dieser ist zur Zeit noch für die natürlichen Personen reserviert. Die Entstehungsgeschichte dieser konstitutionellen Vorschrift zeigt, dass sie sich nur auf die natürlichen Personen bezog und dass das Problem der juristischen Personen in der Bundesversammlung überhaupt nicht besprochen wurde. Selbst in den Diskussionen um den bundesrätlichen Entwurf vom 26. November 1875 zu einem Ausführungsgesetz war immer nur von den natürlichen Personen die Rede. Das Gesetz kam in der Folge nie zustande, so dass die Kantone die Ausgestaltung der Verfassungsnorm vornahmen. Es sei daran erinnert, dass die Kantone BS, SH, AR, AG und GE keine Kirchensteuern von den juristischen Personen erheben (für den Kanton FR siehe Fussnote 4). Was den Kanton VD betrifft, erhebt dieser keine Kirchensteuer im eigentlichen Sinne. Die Kultuskosten sind jedoch in den Budgets von Kanton und Gemeinden enthalten und sind demzufolge durch die Erträge aus den allgemeinen Steuern gedeckt.
432
Die Bundesgerichtspraxis
Das Bundesgericht hat in seiner Rechtsprechung zu Art. 49 Abs. 6 aBV bzw. Art. 15 BV die Besteuerung der juristischen Personen nie als verfassungswidrig bezeichnet und hat entschieden, dass sich die juristischen Personen nicht auf diese Artikel berufen können, da diese Bestimmungen als Ausfluss der Glaubens- und Gewissensfreiheit zu betrachten seien, die ihrer Natur nach nur natürlichen Personen zustehen. Zwar ist diese Praxis von namhaften Autoren kritisiert worden, doch hat das Bundesgericht sie im Jahr 1976 (BGE 102 Ia 468 ff.) und im Jahr 2000 (BGE 126 I 122 ff.) bestätigt, nicht ohne sich sorgfältig mit den Gegenargumenten auseinanderzusetzen. Nach wie vor anerkennt es aber eine gewichtige Ausnahme: Juristische Personen, die selber religiöse oder kirchliche Zwecke verfolgen, können nicht verpflichtet werden, an andere Religionsgemeinschaften Kirchensteuern zu entrichten. Diese aus dem Sinn und Zweck von Art. 49 Abs. 6 aBV bzw. Art. 15 BV sich ergebende Ausnahme kann indessen nach Auffassung des Bundesgerichts mit keinen stichhaltigen Argumenten auf andere juristische Personen ausgedehnt werden.
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Soweit die Kirchensteuerpflicht juristischer Personen in kantonalen Verfassungsnormen verankert ist, hat auch die Bundesversammlung sie als bundesrechtskonform angesehen und die Bestimmungen auf Antrag des Bundesrates jeweils gewährleistet. In der Doktrin wird die Kirchensteuer der juristischen Personen stets umstritten bleiben. Den betroffenen Kantonen steht es auf Grund ihrer Kompetenz in Sachen „Kirche und Staat“ frei, dieser Kritik Rechnung zu tragen und die juristischen Personen von der Kirchensteuerpflicht zu befreien.
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Befreiung für die juristischen Personen mit konfessionellem Zweck
Von dieser umstrittenen Kirchensteuerpflicht gibt es dennoch eine Ausnahme. Die juristischen Personen, welche selber religiöse oder kirchliche Zwecke verfolgen, sind von der Entrichtung von Kultussteuern an eine andere Religionsgemeinschaft zu befreien. Das Bundesgericht betonte von Anfang an, dass durch eine derartige Besteuerung die Mitglieder solcher juristischer Personen in einer Weise betroffen würden, die mit der in Art. 15 BV bzw. Art. 49 Abs. 1 aBV enthaltenen Garantie der Glaubens- und Gewissensfreiheit und mit der in Art. 49 Abs. 6 aBV zu ihrem Schutz errichteten Schranke in einem nicht mehr zu vereinbarenden Widerspruch stünde (vgl. BGE 95 I 350 ff.). Die juristischen Personen mit konfessionellem Zweck werden in fast allen Kantonen, welche überhaupt eine Kirchensteuer für juristische Personen vorsehen, von der Kirchensteuerpflicht – wenn auch in unterschiedlichem Mass – befreit: 26) 433.11 433.12 433.13 433.14 433.15 Allgemeine Befreiung von allen Kirchensteuern in den Kantonen BE, GL, FR, SO, BL, TG, VS und NE. Von der Steuerpflicht ausgenommen sind die juristischen Personen mit konfessionellen Zwecken, die keine Erwerbstätigkeit verfolgen: GR. Die Befreiung von den Kirchensteuern gilt bei juristischen Personen mit Kultuszwecken nur für die Mittel, die zur Erreichung dieser Zwecke eingesetzt werden: JU. Befreiung nur bezüglich der Kirchensteuern, welche von den anderen Religionsgemeinschaften erhoben werden in den Kantonen ZH, LU, SZ, OW, ZG, AI und TI. Zwei Kantone scheinen nicht auf die Linie des obgenannten Bundesgerichtsentscheides eingeschwenkt zu sein: Im Kanton NW z.B. sind einzig die zwei kantonal anerkannten Kirchen von der Bezahlung der Kirchensteuer befreit, die übrigen Religionsgemeinschaften zahlen die Kirchensteuern wie alle andern juristischen Personen. Der Kanton UR sieht überhaupt keine derartige Steuerbefreiung vor.
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26) Gemäss Art. 23 Abs. 1 Bst. g StHG und den entsprechenden kantonalen Bestimmungen sind zudem sämtliche juristische Personen, die kantonal oder gesamtschweizerisch Kultuszwecke verfolgen, für den Gewinn und das Kapital, die ausschliesslich und unwiderruflich diesen Zwecken gewidmet sind, von den Kantons- und Gemeindesteuern (und damit auch von den Kirchensteuern) befreit.
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GEGENSTAND DER KIRCHENSTEUER
Wenn vom Gegenstand der Kirchensteuer die Rede ist, handelt es sich im Grunde genommen um die verschiedenen Steuerarten, an welche die Kirchensteuern anknüpfen, d.h. auf deren Grundlage die Kirchensteuern berechnet werden. Diese Grundlagen sind für die natürlichen und die juristischen Personen unterschiedlich.
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Kirchensteuern für natürliche Personen
Im Einzelnen sind es folgende Steuerarten, welche die Basis bilden für die Berechnung von Kirchensteuern natürlicher Personen: ! Einkommenssteuer: ! Vermögenssteuer: 27) ! Grundstückgewinnsteuer: ! Liegenschaftssteuer: ! Lotteriegewinnsteuer (bei getrennter Besteuerung): 28) ! Liquidationsgewinnsteuer (bei getrennter Besteuerung):28) ! Kopf- bzw. Personalsteuer: in allen Kantonen in allen Kantonen, ausser BS BE, OW, SO, SH, TG und JU AI und VS BE, SH, AG und JU BE, OW, FR, SH, AG und JU UR; im Weiteren SO 29) und VS in einigen Gemeinden.
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Kirchensteuern für juristische Personen
Im Einzelnen bilden folgende Steuerarten die Basis für die Berechnung von Kirchensteuern juristischer Personen: ! Gewinn- und Kapitalsteuer: ! Grundstückgewinnsteuer: ! Liegenschaftssteuer: ! Liquidationsgewinnsteuer: 31) ! Minimalsteuer: in allen Kantonen 30) ausser BS, SH, AR, AG und GE BE, SO und JU AI und VS BE, OW, FR, BL und JU LU, OW, NW, FR, TG und VS.
27) Kanton BL: Im Gegensatz zu den beiden anderen Landeskirchen bezieht die christkatholische Kirche keine Kirchensteuer auf dem Vermögen. 28) In den übrigen Kantonen, welche diese Gewinne zusammen mit dem übrigen Einkommen besteuern, wird auch die Kirchensteuer im Rahmen der ordentlichen Einkommenssteuer erhoben. 29) Kanton SO: Die Kirchgemeinden können selber bestimmen, ob sie eine Personalsteuer erheben. 30) Für die Kantone FR und SG siehe Ziffer 21 bzw. Fussnote 4. 31) In den übrigen Kantonen, welche diese Gewinne zusammen mit dem übrigen Gewinn besteuern, wird auch die Kirchensteuer im Rahmen der ordentlichen Gewinnsteuer erhoben.
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STEUERSÄTZE
Die Steuersätze der Kirchensteuern weichen von Kanton zu Kanton und innerhalb eines Kantons von Gemeinde zu Gemeinde stark voneinander ab. Wie wir dies bereits vorne unter Ziffer 22 gesehen haben, drücken sie sich in den meisten Kantonen in Vielfachen der einfachen oder der geschuldeten Steuer aus (in der Regel in einer Prozentzahl). Während für die natürlichen Personen die Steuersätze je nach Religionsgemeinschaft verschieden sind, handelt es sich bei den juristischen Personen um Einheitssätze. 32 ) Nachstehender Übersicht ist zu entnehmen, mit welchem Vielfachen der gesetzlichen Ansätze die Kirchensteuern der Kantonshauptorte für das Jahr 2009 erhoben wurden.33) Manchmal wird der Steuerfuss nicht als Vielfaches der gesetzlich festgelegten einfachen Ansätze dargestellt. Auf diesbezügliche Ausnahmen wird in den Fussnoten hingewiesen.
Steuersätze in den Kantonshauptorten (2009)
Kantone Kantonshauptorte ZH BE LU UR SZ OW NW GL ZG FR SO BS (7) BL Zürich Bern Luzern Altdorf Schwyz Sarnen Stans Glarus Zug Freiburg Solothurn Basel Liestal Einkommen Vermögen Eink./Gewinn Verm./Kapital Eink./Gewinn Verm./Kapital
Natürliche Personen Evangelisch 10 % 0,1840 0,25 120 % (1) 120 % (1) 28 % 0,55 0,26 8% 9,5 % 10 % 20 % 16 % 8 % (8) 0,55 % (9) 0,5 ‰ (9) Röm.-kath. 11 % 0,2070 0,25 96 % (1) 96 % (1) 28 % 0,55 0,35 8% 6% 7% 20 % 21 % 8 % (8) 7 % (8) 7 % (8) Christkath. 14 % 0,2760 0,31 19 % 8 % (8) 0,7 % (9) 0,5 ‰ (9)
Juristische Personen 10,53 % 0,1919 0,25 5,63 % (2) 0,01 ‰ 368 (3) 0,08 (4) 8% 6,821 % (5) 10 % 10 % 10 % (6) 5 % (8)
32) Kanton ZG: Bei den juristischen Personen sind die Steuersätze abhängig vom Verhältnis Katholiken / Protestanten in der betreffenden Kirchgemeinde. 33) Neben der so berechneten Steuer erheben die Kantone NE und GE für die Kirchen bzw. Kirchgemeinden eine Grundtaxe von 10 Franken.
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Fortsetzung Tabelle:
Natürliche Personen Evangelisch 13 % 0,50 12 % 25 % 14,5 % 15 % 14 % 3 % (13) 11 % (8)14) Einkommen Vermögen 16 % (14) 6 % (14) 8,10 % (8) Röm.-kath. 13,5 % 0,45 11 % 26 % 11 % 19 % 16 % 3 % (12) 3 % (13) 11 % (8)14) 16 % (14) 6 % (14) 6,40 % (8) Christkath. 12,5 % 24 % 23 % 11 % (8)14) 16 % (14) 6 % (14) Juristische Personen (11) 10,5 % 14,9 % 3 % (12) 3 % (13) 12 % (8)14) 8,10 % (8)
Kantone Kantonshauptorte SH AR AI SG (10) GR AG TG TI VD VS NE GE JU Schaffhausen Herisau Appenzell St. Gallen Chur Aarau Frauenfeld Bellinzona Lausanne Sitten Neuenburg Genf Delsberg
Bemerkungen: 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10) 11) in % der einfachen Steuer (für die Kirchgemeinden beträgt die einfache Steuer vom Einkommen 1 % und vom Vermögen 0,4 ‰) in % der einfachen Steuer, gewichtet mit konfessionellen Anteilen der Bevölkerung 6 % vom Gewinnsteuerertrag fliessen den Kirchgemeinden zu. in % des Gesamtsteuerbetrags abhängig vom Verhältnis römisch-katholischer und evangelisch-reformierter Einwohner Finanzausgleichssteuer Israelitische Gemeinde: 12 % des geschuldeten Kantonssteuerbetrages (minimal 50 Franken, maximal 20'400 Franken) in % des geschuldeten Kantonssteuerbetrages (BS: des Kantonssteuerbetrages vor 2 Jahren, ausser bei Quellenbesteuerung) effektive Ansätze Israelitische Gemeinde: eigene Veranlagung und Bezug auf Grund der vom kantonalen Steueramt gelieferten Steuerfaktoren Der Kanton erhebt einen jährlichen Zuschlag von 220 % der einfachen Kantonssteuer; aus den Zuschlägen werden 22,5 % der einfachen Steuer für den Finanzausgleich unter den Kirchgemeinden verwendet. Bezahlung freiwillig in % des geschuldeten Gemeindesteuerbetrages Bezahlung fakultativ; zusätzlich wird für die natürlichen Personen ein Pauschalbetrag von 10 Franken erhoben.
12) 13) 14)
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STEUERERTRÄGE UND IHRE VERWENDUNG
Steuererträge
Eine Gesamterhebung aller in der Schweiz bezogenen Kirchensteuern ist nur mit erheblichem Aufwand möglich, da in mehr als der Hälfte der Kantone der Bezug über die Gemeindeverwaltung oder über die Kirchgemeinde erfolgt. Eine vorsichtige Schätzung darf mit den vorhandenen Angaben dennoch veranschlagt werden: Der Betrag dürfte eine halbe Milliarde Franken pro Jahr ohne weiteres übersteigen.
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Aufteilung der Kirchensteuererträge
Während die Kirchensteuererträge der natürlichen Personen konfessionsweise ermittelt werden, muss bei den juristischen Personen eine Aufteilung auf die staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften vorgenommen werden. Die Kantone haben zur Verteilung der Kirchensteuererträge juristischer Personen verschiedene Vorgehen gewählt, nämlich die Aufteilung: 721 722 723 724 nach der Mitgliederzahl jeder Konfession im Kanton: NW, BL, AI; SG 34); GR und JU nach der Mitgliederzahl jeder Konfession in der Sitzgemeinde (Steuerort): ZH, BE, LU, UR, SZ, OW, GL, ZG, FR, TG, TI und VS gemäss Aufteilung des Kantonsbeitrags an die drei anerkannten Kirchen des Kantons, es sei denn, der Steuerpflichtige verlange ausdrücklich eine andere Aufteilung: NE teils nach Anzahl der Konfessionsangehörigen im Kanton, teils nach Steuerkraft der Gemeinde, sowie manchmal auch nach besonderem Reglement: SO.
34) Kanton SG: Verteilung des Zuschlaganteils, siehe dazu Ziffer 21.
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Verwendung der Kirchensteuererträge
Die Liste der Verwendungszwecke kirchlicher Steuererträge ist vielfältig: Sie reichen von der Renovation des Kirchturms bis zu Beiträgen an die Dritte Welt und schliessen auch alle Bedürfnisse einer Kirchgemeinde ein. Es ist zu bemerken, dass im Kanton BE die Geistlichen als Staatsbeamte gelten und als solche vom Staat besoldet werden. Der Staat trägt unter anderem die Aufwendungen für den Unterhalt der staatlichen Pfarrhäuser. Der Kanton ZH übernimmt die Besoldung der protestantischen und christkatholischen Pfarrer. Im Kanton NE werden die Kirchensteuererträge ausschliesslich zur Entlöhnung der Pfarrer sowie für die Heiz- und Unterhaltskosten der kirchlichen Bauten verwendet. Der Kanton GE hat die gleiche Regelung, wobei zusätzlich auch das Hilfspersonal der Kirchgemeinden aus diesen Erträgen entlöhnt wird. Ausser in diesen Kantonen kann angenommen werden, dass die Kirchensteuererträge in die allgemeine Kasse der Kirchen bzw. der Kirchgemeinden fliessen. Aus diesen Kassen werden die üblichen (z.B. die gesetzlichen und reglementarischen) Aufgaben der Religionsgemeinschaft finanziert. Einige Hauptkategorien seien also hier kurz aufgelistet: ! Entlöhnung der Pfarrer (sowie manchmal auch des übrigen Personals): in allen Kantonen ausser in ZH und BE, wo die Entlöhnung teilweise bzw. ganz vom Kanton übernommen wird ! Unterhaltskosten (z.B. Heizung) für die kirchlichen Bauten: in allen Kantonen ! Beiträge an Landeskirche und an übergeordnete Kirchen: ZH, UR, SZ, AR, AG und TG ! Renovations-/Restaurationskosten für kirchliche Bauten: in allen Kantonen ausser NE und GE ! Unterhalt von Friedhof, Krematorium, usw.: BL, AI und SG ! Andere mögliche Zwecke: - Soziale Aufgaben, die durch die Kirchgemeinde erfüllt werden: ZH, LU, SZ, SH, AI, SG und TG - Karitative Zwecke: ZH, SZ, AR und AG - Beiträge an diverse Organisationen: ZH, SZ, AR und AG im Weiteren FR, vorab für Hilfswerke der Kirche - Missionen, Werke des Apostolats, Dritte Welt: ZH, FR, SH, AR, SG und AG - Bau- und Seelsorgeaufwand einschliesslich gewisser besonderer Besoldungen (nicht für Pfarrer in Kirchgemeinden): AR und AI; im Weiteren BL mit dem Ertrag der Kirchensteuer von juristischen Personen - Kircheninterner Finanzausgleich: ZH, UR, SZ, AR, AG und TG.
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