Keine Geistlichen für den Verfassungsrat im Wallis

Die Walliser Freidenker haben eine redaktionelle Rückmeldung an den Walliser Boten bezüglich der Finanzierung der Kirchen im Wallis gegeben und einen Leserbrief veröffentlichen lassen.
 

Leserbrief der Walliser Freidenker

Am 6. Juni berichtete der Walliser Bote über das bischöfliche Teilnahmeverbot für den Verfassungsrat. Unsere Rückmeldung:

In Ihrem Artikel wird sinngemäss zitiert, dass Rituale wie Taufen und Hochzeiten durch die heutige Finanzierung der Kirche "gratis" seien. Da es sich um ein Zitat handelt, liegt hier formal kein Fehler in der Berichterstattung vor. Doch redaktionell betrachtet wäre es schön gewesen, die Kirchenfinanzierung im Wallis in einer Art Infobox zu erläutern um den Begriff "gratis" zu relativieren. Es handelt sich hier um:

Kultuskosten im Wallis (von allen BürgerInnen getragen, nicht nur Kirchenmitglieder):

  • Defizitgarantie für Pfarreien auf der Gemeinde-Ebene (rückforderbar für Nichtmitglieder)
  • Lohnzahlungen an die Geistlichen (nur theoretisch rückforderbar, da Weisungen auf Gemeinde-Ebene fehlen ist eine Rückforderung nicht garantiert)
  • Einnahmen auf kantonaler Ebene für das Bistum (nicht rückforderbar)

Unter diesen Betrachtungspunkten ist das Zitat vergleichbar mit "Weil der Staat die Schulen finanziert, kann jedes Kind im Wallis gratis zur Schule".
Wobei festzuhalten bleibt, dass die Kosten für die Bildungseinrichtungen des Kantones im Gegensatz zu denen der Kirche recht genau beziffert werden können.

Wir wenden zudem ein, dass die Rituale bereits heute oft separat von den Geistlichen verrechnet werden, also in der Regel nicht "gratis" sind - genau so wenig wie das Pfarrblatt. Das Zitat impliziert ausserdem konkret, dass eine Trennung von Kirche und Staat dazu führen würde, dass die Kosten der Kirche nicht solidarisch auf ihre Mitglieder verteilt werden könnte, sondern in Form von Leistungsabrechnungen an die konkreten kirchlichen Dienstleistungen gebunden werden müssten - damit wäre die Kirche im Wallis die erste, welche ihre Finanzierung auf diese Weise lösen würde. Da die heutige Finanzierung der Kirche in unserem Kanton derart undurchsichtig ist, können viele Aussagen dazu gar nicht überprüft werden. Wir würden uns darüber freuen, wenn diese Überlegungen künftig mehr Platz in der redaktionellen Arbeit finden könnten.

In diesem Zusammenhang möchten wir gerne folgenden Leserbrief im Namen der Walliser Freidenker schalten:

Mehr Selbstvertrauen erwünscht

Von der Gesellschaft zu verlangen, die öffentlich-rechtlich anerkannten Kirchen und den Staat Wallis voneinander zu trennen, wird oft gleichgesetzt mit einem Angriff auf die Kirchen. Wer eine solche Trennung tatsächlich mit dem Ende der Kirchen gleichsetzt muss aber davon ausgehen, dass die Kirche ohne Staat nicht existieren könnte.

Gerade diesen Trugschluss führe ich auf ein mangelndes Selbstvertrauen seitens der Gläubigen zurück, denn die anerkannten Kirchen können mit Sicherheit auch ohne staatlich gewährten Privilegien existieren; Mitglieder und aktive Freiwillige sind reichlich vorhanden. Selbst Geistliche scheinen sich davor zu fürchten, dass den Menschen die Kirche nicht so viel Wert ist wie sie predigen.

Bereits im kanonischen Recht steht, dass der Bischof nur von Christen Geld fordern darf, doch im Wallis müssen auch diejenigen die Kirche finanzieren, die einen anderen oder keinen Glauben haben. Die Freidenker sind überzeugt, dass die anerkannten Kirchen an Glaubwürdigkeit gewinnen würden, wenn sie sich nicht auf den staatlichen Privilegien ausruhen dürften.

Verfasst im Namen der Freidenker Sektion Wallis

Unser Leserbrief wurde am 16. Juni veröffentlicht.