Themenabend: Einblicke in den Jesuitenorden

An unserem Diskussionsabend hat uns Olivier Braun als ehemaliger Jesuitenschüler einen sehr informativen Einblick in die Gründung des Jesuitenordens, dessen Geschichte und Elemente der jesuitischen Spiritualität gegeben.

Die Societas Jesu (SJ), der Orden der Jesuiten, wurde 1534 gegründet und breitete sich schnell und weit aus. Die Jesuiten, welche sich bei Ordenseintritt u.a. zu absolutem Gehorsam gegenüber dem Papst verpflichten, hatten einen bedeutsamen Anteil an der Gegenreformation. Gründer Ignatius von Loyola (1491 – 1556) gab den Anstoss in vielen Städten Jesuitenschulen zu eröffnen. Die jesuitischen Missionare gingen im Auftrag des Papstes bald nach Indien, Afrika, Südostasien, Tibet, China, Japan, Philippinen, nach Nord- und Südamerika. Damit wurden sie der erfolgreichste Orden der katholischen Kirche. Sie waren auch für bedeutende Bauwerke (Il Gesù in Rom, St. Michael in München) und Gemälde des Barock-Zeitalters verantwortlich. Der Orden engagiert sich heute noch im Bildungsbereich. Weltweit besuchen etwa 2 Millionen Kinder und Jugendliche eine Bildungsinstitution der Jesuiten. Diese gelten als der intellektuellste und fortschrittlichste Orden und haben früh erkannt, dass Glaube und Gerechtigkeit untrennbar sein müssen. Immer wieder sind ehemalige Jesuitenschüler Dissidenten geworden. Unter vielen Anderen Voltaire, Descartes, Diderot oder James Joyce, Fidel Castro, Mario Draghi, Peter Scholl-Latour und Heiner Geißler. Um ihren Einfluss zu stärken und volksnah zu sein, haben die Jesuiten die Künste stark gefördert und wir verdanken Ihnen wunderbare barocke Architektur, Gemälde und Musik. Da sich der Orden stark in der Bildung, in der Seelsorge der Grossen und Mächtigen sowie weltweit in der Missionierung engagierte, erhielt er grossen gesellschaftlichen und politischen Einfluss. Dies führte immer wieder zu starken Anfeindungen, welche in vielen Ländern dazu führte, dass die Jesuiten vertrieben oder ihnen ihre Tätigkeiten verboten wurden. In der Schweiz wurde erst 1973 das Jesuitenverbot aufgehoben.

Olivier Braun hat während acht Jahren das altsprachliche Gymnasium im Jesuiteninternat «Stella Matutina» in Feldkirch besucht. Die Tagesabläufe, die stets mit einer Messe begannen, waren klar strukturiert. Disziplin hatte einen sehr hohen Stellenwert. Für die gute Ausbildung ist er den Jesuiten nach wie vor sehr dankbar, wie er sagt. Dass er in religiöser Hinsicht nicht so herausgekommen sei, wie es sich die Patres gewünscht hätten, hat viele Gründe. Die einen liegen darin, dass es viele Punkte in der christlichen Heilslehre gibt, die er als Naturwissenschaftler nicht nachvollziehen kann, aber auch in der katholischen Kirche selbst, die in früherer und neuerer Vergangenheit Standpunkte eingenommen und Dekrete erlassen hat, welche der Menschheit kaum gedient haben.

In der anschliessenden, regen Diskussion wurde kritisch u.a. auf den machiavellischen Grundsatz hingewiesen, wonach das Ziel die Mittel heiligt, und der auch für die Jesuiten galt. Auch die Frage nach der Rolle der Jesuiten bei der Inquisition und den Hexenverbrennungen wurde diskutiert, in welcher sie als folgsame Diener der Kirche sicher auch eine Mitschuld tragen.

Wir danken Olivier herzlich für seine Ausführungen und seine Offenheit.