Kt. VS: Fünfte Verleihung des Freidenker Preises

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An diesem Wochenende verliehen die Walliser Freidenker Narcisse Praz den Walliser Freidenkerpreis 2014 (Aufzeichnung der Laudatio):

Der Autor Narcisse Praz ist im deutschsprachigen Teil der Schweiz wohl aufgrund des Röstigrabens weitestgehend unbekannt. Doch er hat sich in den letzten Jahrzehnten in den welsch sprachigen Gebieten inner- und ausserhalb unserer Landesgrenzen umso mehr einen Namen als Verfechter des Laizismus gemacht: sowohl als Roman- und Theaterautor, aber auch als Satiriker, kämpft Narcisse für die Trennung von Kirche und Staat.
Als Herausgeber und Journalist wurde er bekannt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen: Als er 1972 einen persischen Prinzen, der in einer Opium-Affäre verwickelt war "Mörder", "Rauschgifthändler" und "Opiumproduzent" nannte, wurde der damals 43-jährige Narcisse-Renè Praz, zu diesem Zeitpunkt Herausgeber einer kleinen satirischen Zeitschrift mit dem Titel "la pilule" (Die Pille), von einem Geschworenengericht verurteilt weil er damit "einen fremden Staat in der Person seines Oberhauptes" beleidigt hatte: Es war das erste Mal, daß ein Journalist in der Schweiz wegen eines solchen Delikts bestraft wurde. Dieses Urteil schaffte es sogar in das Deutsche Spiegelmagazin.

Narcisse Praz hat sich bereits in jungen Jahren öffentlich als „Libre penseur“ geoutet und hat sich lange vor unserer Gründung für unsere Ziele und Anliegen im Wallis eingesetzt. So war es auch Narcisse Praz, der das Komitee für eine Trennung von Kirche und Staat im Wallis im Juni 2013 ins Leben rief um zum ersten Mal in der Walliser Geschichte eine Initiative für die Trennung von Staat und Kirche zu lancieren.

Er brachte den Zug ins Rollen, auf den die Walliser Freidenkersektion aufspringen durfte um ihre Anliegen der Bevölkerung näher zu bringen. Sein jahrzehntelanger, unerschöpflicher Einsatz für unsere Ziele macht ihn verdientermassen zum Träger des Walliser Freidenkerpreises des Jahres 2014 und wir wünschen ihm für seine Zukunft viel Inspiration, Glück und Gesundheit!

Narcisse Praz nahm den Preis in Form einer Statue des Denkers von Rodin dankend entgegen (Aufzeichnung von Narcisse Praz' Dankesrede). Im Anschluss daran fand ein angeregtes Gespräch mit den Anwesenden statt, in dem Narcisse Praz unter anderem Anekdoten zum Skandal von 1972 (Artikel im Spiegel Magazin) zum Besten gab. Der alljährliche Schmähpreis, die "goldenen Scheuklappen", ging an Herr Addor Jean-Luc. Dieser hatte sich mit einem sehr kollegial und versöhnlich anmutenden Schreiben im Vorfeld entschuldigt (Aufzeichnung der Laudatio sowie Verlesung der Antwort):

Der Walliser SVP-Grossrat Jean-Luc Addor gab 2013 den Anstoss dafür, die Todesstrafe in der Schweiz wieder einzuführen, verlangte kurz darauf dass in jedem Walliser Schulzimmer ein Kruzifix oder mindestens ein Kreuz hängt und er forderte in diesem Jahr ein Kopfbedeckungsverbot an unseren Schulen mit folgendem Argument: «Wenn wir nicht aufpassen, wird die Schule im Wallis und auch andernorts zu einem Ort, wo Sippenverhalten zelebriert und die Zugehörigkeit zu fremden Religionen zur Schau gestellt werden.»

Als in diesem Jahr ein Serbe mit albanischen Wurzeln in einer St. Galler Moschee einen anderen Vater aus Blutrache erschossen hatte, hiess es kurz darauf in einem Tweet von Herr Addor – «Wir wollen mehr davon!» Dazu können wir nur sagen: „Herr Addor, wir haben genug!“

Herr Jean-Luc Addor hat sich mehr als Einmal um unsere imaginären goldene Scheuklappen verdient gemacht: mit seiner demagogischen Feindbildpolitik steht Jean-Luc Addor an einem Firmament menschlicher Sternstunden für ein schwarzes Loch, dessen Sog aus Angst und Hass nichts als Leere zurücklässt.

Wir wünschen Herr Addor auf diesem Weg für seine Zukunft, dass er seine irrationalen Ängste gegenüber Fremdem und Neuem erkennen und überwinden kann um mehr konstruktive Politik betreiben zu können.

Die Walliser Sektion der FVS verleiht jedes Jahr einen Preis, um besonders positive Leistungen für die Trennung von Staat und Kirche im Wallis zu honorieren: den Freidenker Preis. Um die goldenen Scheuklappen macht sich hingegen verdient, wer die Religionsfreiheit Einzelner beschneiden oder einen säkularen Staat verhindern will.