Kirchensteuererhebung auf kommunaler Ebene im Wallis

Die kantonale Gesetzgebung gewährleistet in Art. 2, Abs.1, GVKS die Religionsfreiheit. Das Gesetz kann sich nur auf die Religionsfreiheit gemäss Bundesverfassung beziehen (Art. 15, BV), wobei hier im Besonderen auf die negative Religionsfreiheit hingewiesen wird (Art. 15, Abs. 4, BV). Von dieser wird laut Steuerinformation Kirchensteuern der SSK direkt das Verbot abgeleitet, „von demjenigen Steuern für Kultuszwecke einer Religionsgemeinschaft [überhaupt] zu erheben, der dieser Gemeinschaft nicht angehört.“ Bereits die Erhebung solcher Steuern ist also verfassungswidrig und weil sich das GVKS auf die Religionsfreiheit gemäss Bundesverfassung beruft, auch ein Verstoss gegen das GVKS selbst.

Da die Religionsfreiheit eine verfassungsrechtlich garantierte Freiheit der Bürger darstellt, ist sie höher zu gewichten als andere Gesetzesbestimmungen, etwa über die Ausgestaltung der Defizitgarantie für die Haushalte der Kirchen; sprich die Religionsfreiheit muss immer gewahrt werden und in einer Konfrontation mit einer anderen Bestimmung, unterliegt letztere letztgültig. Diese andauernde Wahrung der Religionsfreiheit bezüglich aller Gesetzesbestimmungen wird ebenso im GVKS angedeutet.

Das GVKS schreibt vor, dass die Gemeinden verpflichtet sind, die Defizite der Pfarreien zu übernehmen und dass die Gewährleistung dieser Defizitgarantie unter Wahrung der Glaubens- und Gewissensfreiheit zu geschehen habe (Art. 5, Abs. 1, GVKS). Die kantonale paritätische Kommission Verhältnis Kirchen – Staat bestätigt, dass die Walliser Gemeinden einer faktischen Defizitgarantie gegenüber ihren Pfarreien unterstehen.

Diese Defizitgarantie ist demnach ausschliesslich unter folgenden Bedingungen gültig: Der Religionsfreiheit kann nur entsprochen werden, wenn nur erwiesene Kirchenmitglieder und keine Nichtmitglieder oder nicht erwiesene Kirchenmitglieder besteuert werden (an der Finanzierung des Defizits partizipieren). In dem Moment, in dem Nichtmitglieder ein Rückforderungsgesuch stellen, wurden sie bereits besteuert; hierbei handelt es sich also um einen Verstoss gegen das GVKS.

Auch wenn beispielsweise alle oder eine grosse Anzahl Steuerpflichtiger in einer Gemeinde ein Rückforderungsgesuch stellen und deshalb der stark erhöhte Beitrag für die Kirchenmitglieder (für die noch an der Finanzierung des Defizits partizipierenden Steuerzahler) nicht mehr zumutbar wäre, könnte der Defizitgarantie nicht mehr entsprochen werden, weil es ein Verstoss wider die ‚ranghöhere‘ Religionsfreiheit wäre, wenn die fehlenden Gelder dann etwa über andere Kanäle bei den Nichtmitgliedern eingetrieben und schliesslich trotzdem an die Pfarreien bezahlt würden.

Wir müssen also von einer Defizitgarantie mit Einschränkungen im Rahmen der Religionsfreiheit sprechen („unter Wahrung der Religionsfreiheit“, wie das GVKS schreibt), die nur solange Gültigkeit besitzt und Anwendung finden kann, wie die Religionsfreiheit gewährleistet ist, sprich solange, wie dadurch keine Nichtmitglieder in irgendeiner Art besteuert werden oder anders ausgedrückt, solange die Kirchenmitglieder alleine für ihre Pfarrei aufkommen können.

Der Staat ist zuständig, dass es nicht zu unzulässigen Steuererhebungen kommt (das Gesetz richtet sich an den Staat und verpflichtet diesen). Er kann diese Verantwortung nicht an die Steuerzahler weitergeben und sich dieser entziehen, indem er beispielsweise ein Instrument zur Rückforderung von Kirchensteuern schafft und dann behauptet, dies entspreche dem GVKS (Religionsfreiheit), weil er das Instrument zur Verfügung stellt, obwohl, dass viele Nichtmitglieder dadurch am Kirchendefizit partizipieren. Was Nichtmitglieder tun oder nicht tun (zum Beispiel ein Gesuch stellen oder nicht) und ob dem Grundsatz der Transparenz Genüge getan wird, spielt hier eine untergeordnete Rolle. Der Staat darf in jedem Fall keine Praxis unterstützen, welche die Möglichkeit offen lässt, dass Nichtmitglieder besteuert werden könnten. So will es das GVKS, indem es die Religionsfreiheit laut Bundesverfassung gewährleistet. Es besteht nirgendwo eine gültige Bestimmung (eine mit der Religionsfreiheit konforme), die es – auf welche Art auch immer – zulässt, dass Nichtmitglieder besteuert werden. Somit ist die Möglichkeit auf Rückforderung ungesetzlich.

Der Staat muss also sicherstellen, dass die Finanzierung der Kirchendefizite immer im Rahmen der oben definierten Religionsfreiheit stattfindet. Gesetzesbestimmungen, die dem Grundsatz der Religionsfreiheit gemäss Bundesverfassung nicht standhalten (also dem GVKS widersprechen), können nicht herangezogen werden, um andere Bestimmungen oder die behördliche Praxis zu rechtfertigen.

Das Rückforderungsgesuch als solches ist der Beweis dafür, dass der verfassungsrechtlichen Praxis (Verbot solche Steuern von Nichtmitgliedern überhaupt zu erheben) und damit auch Art. 2 Abs. 1, GVKS nicht entsprochen wird. Überdies bringt diese Praxis für die Betroffenen einen ärgerlichen Zinsverlust mit sich. Solange es dieses Rückforderungspraxis gibt, befinden wir uns demnach in einem hinsichtlich der Bundesverfassung und des GVKS widerrechtlichen Zustand, was zwangsläufig solange der Fall sein wird, wie Art. 13, Abs. 2-4, GVKS Gültigkeit besitzt. Dieser steht in Konflikt mit Art. 2, Abs.1, GVKS und muss letzterem unterliegen, sprich ersatzlos gestrichen werden.

Es spielt auch keine Rolle, ob das Budget (und damit auch der Kultusaufwand) von der Urversammlung angenommen wird, ob also eine diesbezügliche demokratische Legitimierung nachgewiesen werden kann. Diese Legitimierung bezieht sich offensichtlich auf einen anderen Sachverhalt. Entscheidend ist die Finanzierung dieses Defizits und wer dazu beiträgt und diese Aspekte stellen in der aktuellen Praxis weiterhin einen Verstoss gegen das GVKS dar. Demokratisch legitimiert werden der Kultusbeitrag und die Übernahme des Defizits und nicht etwa die Aufteilung der Kostendeckung unter den Steuerzahlern oder die unrechtmässige Besteuerung von Nichtmitgliedern.

Die Pfarreien verfügen über die Daten ihrer Angehörigen. Diese müssen nur mit den Datenbanken der Gemeinden abgeglichen werden. Danach darf die Finanzierung des Kirchendefizits nur noch durch Besteuerung dieser erwiesenen Mitglieder stattfinden. Künftige Ein- und Austritte können fortlaufend durch die Daten der Pfarreien aktualisiert werden. Dies gilt auch für Quellenbesteuerte etc. Die restlichen Konfessionen können bei der Anmeldung auf der Gemeinde erfasst werden, mit dem Hinweis an die Zugezogenen, dass sie am Kultusdefizit partizipieren, wenn sie Mitglied einer der anerkannten Kirchen sind und wie sie ihren Beitrag errechnen können.