IHEU: Weltweit steigende Diskriminierung von Religionsfreien

Great Haller

Weltweit steigende Diskriminierung von Religionsfreien

Die Internationale Humanistische und Ethische Union (IHEU) veröffentlicht zum Tag der Menschenrechte 2012 ihren ersten Bericht zur Diskriminierung von Religionsfreien.

Übersicht über Missstände in 60 Ländern Der Bericht „Freedom of Thought 2012“ präsentiert Gesetze aus 60 Ländern, welche die Meinungsfreiheit beschränken, und zahllose Einzelschicksale von Menschen, die 2012 wegen ihrer religionsfreie Weltanschauung diskriminiert oder verfolgt wurden. Der Bericht gibt eine Übersicht über Gesetze in allen Regionen der Welt, die religionsfreien Menschen in ihrer Meinungsäusserungsfreiheit massiv einschränken, ihnen Bürgerrechte, das Recht auf Heirat, Bildung oder staatliche Anstellung etc. absprechen, sie kriminalisieren und sie daran hindern, die Religion ihrer Eltern zu verlassen.

Zunahme der «Blaspemie» auf Facebook, Twitter & Co. Die Autoren streichen den starken Anstieg von Verhaftungen wegen „Blasphemie“ in den sozialen Medien heraus. Während in den drei vorangegangenen Jahren lediglich 3 Fälle dokumentiert sind, wurden 2012 mehr als ein Dutzend Menschen in 10 Ländern wegen „Blaspemie“ auf Facebook oder Twitter verfolgt, darunter

  • Indonesien: Alexander: Er wurde zu 2 ½ Jahren Gefängnis verurteilt wegen eines Facebook-Eintrags über Atheismus
  • Tunesien: Die beiden jungen Atheisten Jabeur Mejri and Ghazi Beji, die 7 ½ Jahren Gefängnis verurteilt wurden wegen als «blasphemisch“ beurteilten Facebook-Einträgen
  • Türkei: DDer Pianist und Atheist Fazil Say wurde wegen «blaphemischer» Tweeds angeklagt
  • Griechenland: Phillipos Loizos, der eine Facebook-Seite mit Witzen über griechischen Wunderglauben eröffnet hat, wurde wegen Beleidigung der Religion angeklagt.
  • Ägypten: Der 17Jahre alte Gamal Abdou Massoud wurde zu 3 Jahren Gefängnis verurteils und Bishoy Kamel für 6 Jahre, weil sie beide „blapshemische“ Cartoons auf Facebook gepostet hatten, und der Gründer von „Egypt’s Facebook Atheists“, Alber Saber, der voraussichtlich am 12. Dezember 2012 verurteilt wird.

"Wenn die Technologie des 21. Jahrhunderts mit mittelalterlichen Blasphemiegesetzen kollidiert, werden Atheisten zu Opfern, die dafür ins Gefängnis gesteckt werden, dass sie ihre persönlichen Überzeugungen auf den sozialen Medien teilen“ sagt Matt Cherry, IHEU-Vertreter bei der UNO in New York und Herausgeber der Studie:  „Weltweit führt ein reaktionärer Impuls vermehrt dazu, dass neue Ideen bestraft werden, in gewissen Fällen sogar die geringste Äusserung von Nichtglauben. Wir hatten gar einen Fall in Tunesien, in dem ein Journalist verhaftet wurde, weil er wagte, einen Entwurf für ein Blasphemiegesetz zu kritisieren!“

Prof. Heiner Bielefeldt: «Diskriminierung von Atheisten muss Beachtung finden»

Der UNO-Sonderberichterstatter über Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Professor Heiner Bielefeldt, begrüsst die Studie ausdrücklich. Im seinem Vorwort zum Bericht schreibt er, dass oft „wenig Bewusstsein“ dafür bestehe, dass die internationalen Menschenrechtsabkommen über Glaubens- und Gewissensfreiheit auch für Atheisten, Humanisten und Freidenker und deren Überzeugungen, Praktiken und Organisationen gelte. „Ich bin erfreut darüber, dass die Gemeinschaft der Humanisten nun einen Bericht vorlegt über das Ausmass der Diskriminierung von Atheisten weltweit. Ich hoffe, dass er bei allen, die sich mit der Frage der Religionsfreiheit beschäftigen, gebührende Beachtung finden wird.“ Situation in der Schweiz Der Bericht weist im Abschnitt über die Schweiz auf den Fall Abgottspon hin und auf die diversen kantonalen Gesetze, welche einzelne Konfessionen bevorzugen und allen Steuerpflichtigen Steuern zu Gunsten der privilegierten Konfessionen auferlegen.

Freedom of Thought 2012 report: http://www.iheu.org/files/IHEU Freedom of Thought 2012.pdf

FVS seit 1984 Mitglieder der IHEU Der 70 Seiten umfassende Bericht findet sich zum Download auf der Webseite der Freidenker-Vereinigung der Schweiz, die seit 1984 Mitglied der 1952 in Amsterdam gegründeten IHEU ist. Die IHEU vertritt weltweit mehr als 120 Organisationen und entsendet Delegierte in Gremien der UNO und in den Europarat. Zusammen mit der IHEU war die FVS 2004 massgeblich an der Befreiung des in Pakistan wegen Blasphemie zum Tode verurteilten Arztes und Menschenrechtlers Dr. Younus Shaikh beteiligt und hat 2011 den atheistischen Blogger Kacem el Ghazzali bei seiner Flucht aus Marokko unterstützt.

Zürich: Gret Haller zum Tag der Menschenrechte

Wer bestimmt, was Menschenrechte sind? Und wie? Diesen Fragen geht die Juristin und Politikerin Gret Haller in der Lesung aus ihrem Buch «Menschenrechte ohne Demokratie?» nach. Im Anschluss Diskussion und Apéro.

Montag, 10. Dezember 2012 19 Uhr, Universität Zürich Zentrum Rämistrasse 71, 8006 Zürich, Saal KOL G 204