Kirchenaustritt auf katholisch – zwischen Schikane und Vereinnahmung

Das Bistum Chur publiziert – mit Blick auf die Trennung von Staat und Kirche ? – neue Richtlinien für den Kirchenaustritt.

Während die katholische Kirche Austrittswillige in der Regel mit dem Hinweis auf den Verlust des Rechts auf eine kirchliche Hochzeit oder Bestattung von ihrem Vorhaben abzuhalten versucht und das Bistum Sitten Austretende neu an die Taufgemeinde verweist, gelten nun im Bistum Chur, zu dem auch der Kanton Zürich gehört, neue Richtlinien. Sie weisen darauf hin, dass der Kirchenaustritt lediglich den Austritt aus der staatskirchenrechtlichen Kirchgemeinde bedeutet, ansonsten gelte "einmal getauft – immer getauft".

Bei den Reformierten bedeutet die Taufe schlicht die Aufnahme in die Gemeinschaft und ist ein Austritt ein Austritt. Sie erlassen deshalb vermehrt Gebührenordnungen für Dienstleistungen an Ausgetretene.

Die Katholiken hingegen bewirtschaften die Indoktrination der ungefragt Getauften weiterhin mit theologischer Vereinnahmung, «Barmherzigkeit» und  mehr oder weniger subtilem Druck zu «freiwilligen» Beiträgen.

Wer aus Überzeugung austritt, muss sich von solchen Deutungen nicht beeindrucken lassen. Junge Eltern sollten sich diese Sachverhalte aber bewusst machen, bevor sie ihre Kinder aus reiner Tradition zur katholischen Taufe bringen.

 

Bistum Chur

In den Richtlinien steht: "Die Kirchgemeinde schickt der Person ein Schreiben, in dem sie dieser gegenüber ihr Bedauern zum Ausdruck bringt und sie bittet, ein beigelegtes Austrittformular auszufüllen und eingeschrieben zurückzusenden. In diesem Formular wird die Angabe der Taufpfarrei der Person nicht verlangt." Ziel ist, den Wiedereintritt zu erleichtern, oder wenigstens die Austretenden als SpenderInnen zu erhalten. "Nur in den Fällen, in denen aufgrund der Eindeutigkeit der vorhandenen Unterlagen oder des geführten Gespräches sicher ist, dass es sich um einen bewussten Glaubensabfall (Häresie, Apostasie, Schisma) handelt, wird seitens des Pfarramtes anhand des Formulars des Ordinariates (http://www.bistum-chur.ch/personenstand.pdf) bei diesem um Erlaubnis für eine Meldung an die Taufpfarrei gebeten. Es handelt sich hier bei einzelnen Fällen um einen  5. Schritt. In allen anderen Fällen, in denen die Absicht der austretenden Person nicht 100% eindeutig ist, ist es pastoral besser, die Frage offen zu lassen."

Leitlinien Kirchenaustritt Bistum Chur.pdf

Bistum Sitten

Im Wallis gibt es keine funktionalen Kirchgemeinden. 2010 hat das Bistum festgelegt, dass Kirchenaustrittsgesuche an die Taufgemeinde zu stellen seien.

Gemäss Seite 9 der Weisungen Bistum Sitten.pdf

Bistum Basel

Das Bistum weist deutlich auf die Vereinnahmung durch die Sakramenterteilung an Ausgetretenen hin:

"Grundsätzlich hört die Heilssorge der Kirche für einen Getauften mit dessen Kirchenaustritt nicht auf. Das sollen die Ausgetretenen - ohne Aufdringlichkeit, mit Klugheit - auch spüren können. Ziel dieser Heilssorge ist es, jemanden, der aus der Kirche ausgetreten ist, zur vollen Gemeinschaft der Kirche zurückzuführen. Von diesem Grundsatz her sind die Fragen anzugehen, die sich im Zusammenhang mit der Sakramentenspendung und mit Beerdigungen stellen."

Bistum Basel Kirchenaustritte.pdf

Bistum St. Gallen

Hier erfordert der Kirchenaustritt eine "amtlich beglaubigte" Unterschrift – ganz im Gegensatz zum Beitritt. Eine vom Bundesgericht abgesegnete Schikane. Das Papier des Bistums St. Gallen zum Kirchenaustritt ist 12 Seiten das lang. Auf Seite 8 geht es dann zur Sache: Teilt ein Katholik schriftlich und mit beglaubigter Unterschrift den „Austritt“ aus der römisch- katholischen Kirche dem Kirchenverwaltungsrat mit, erlischt mit Datum des Eingangs der Erklärung die Mitgliedschaft in der Kirchgemeinde. Damit enden Rechte und Pflichten in der Kirchgemeinde und im Konfessionsteil. Ein solcher Schritt kann eine Abkehr von der Kirche überhaupt bedeuten und ist in jedem Fall ein schwerwiegender Verstoss gegen die Kirche als Gemeinschaft. Die Seelsorgenden machen den „Ausgetretenen“ aufmerksam auf die in der Formulierung enthaltene Tragweite seiner Erklärung: Aufkündigung der Glaubensgemeinschaft, Verzicht auf die Sakramente der Kirche, Verzicht auf die Dienste der Kirche, Verlust des Mitspracherechts in der Kirche, Schwierigkeit in der Übernahme einer Patenschaft, Verzicht auf den Anspruch auf eine kirchliche Beerdigung. Falls die Hinterbliebenen doch eine kirchliche Abdankung wünschen würden, solle ihnen nahegelegt werden, nach Möglichkeit aus dem Nachlass des Verstorbenen einen angemessenen Beitrag an die Kirchgemeinde zu leisten als Kompensation für die aufgekündigte Solidarität mit der Kirche.

Kirche und „Kirchenaustritt“.pdf

Bistum FR/VD/GE

"Die Austrittserklärung lässt sich im Sinne des Kirchenrechts am ehesten als Tatsache verstehen, die einer Apostasie oder einem Schisma gleich kommt. Das aber müsste durch ein seelsorgerliches Gespräch geklärt werden. Der Tatbestand der Apostasie/des Schismas zieht die Exkommunikation nach sich (Can. 1364 § 1). Eine exkommunizierte Person darf keine Sakramente empfangen. Der Exkommunizierte bleibt aber passives Mitglied der Kirche. Er ist nicht aus der Kirche ausgeschlossen, sondern nur aus der aktiven Gemeinschaft der Gläubigen ausgesondert. Wenn in unserem kantonalen Kirchenstatut von «Austritt aus der römisch-katholischen Kirche» gesprochen wird, so kann von kirchlicher Seite damit nur der Ausschluss aus der aktiven Kirchengemeinschaft gemeint sein."

Aus: Richtlinien zum Austritt aus der römisch-katholischen Kirche im Kanton Freiburg vom 1. Juli 2004