Globalisierter Wettstreit um religiöse Phallussymbole und Eventlocations

In Niederösterreich will eine Gruppe Buddhisten ein Gebetszentrum, eine Stupa errichten. Mit 35 Meter Höhe soll der Rundbau aus weissem Stein «das grösste Weltfriedensdenkmal in Europa» werden. Die Bevölkerung wird darüber abstimmen. Dagegen sind vor allem die Altkatholiken, welche um die Zerstörung ihrer Kultur bangen, Befürworter sind alle, die am Tourismus verdiene, weil ein reger Besucheransturm erwartert wird.

Der Wettstreit hat zwei Dimensionen: Mit der Höhe wird vertikale Potenz demonstriert und optische Dominanz, mit der flächenmässigen Grösse werden grosse Events möglich mit den damit verbundenen Verkehrs- und anderen Immissionsproblemen.

Rechtlich ist es eine Frage des Planungsrechtes, ob und wie solche Bauten bewilligt werden. Das Planungs- und Baurecht ist überall relativ jung. In der Schweiz trat das Raumplanungsgesetz erst 1969 in Kraft. Es ist auch eine Frage des Verhältnisses von Staat und Kirchen/Religionsgemeinschaften, ob im Rahmen von Baubewilligungsverfahren Ausnahmen von Bau- und Planungsvorschriften bewilligt werden.

Höher

Die Länge des Phallussymbols ist – auch für Religionsgemeinschaften – entscheidend:

Derzeitiger Stand:

Das Ulmer Münster wurde 1890 gebaut und hat mit dem 161,53 m hohen Turm den höchste Kirchturm der Welt.

Das mit 210 Metern höchste Minarett der Welt befindet sich in Casablanca als Bestandteil der Hassan-II.-Moschee.

Mit einer Höhe von 127 Metern soll Phra Pathom Chedi in Thailand die höchste Stupa der Welt sein.

In Polen steht seit 2010 die grösste Christus-Statue der Welt: sie ist mit 36 Metern höher als das bekannte Vorbild in Rio de Janeiro. Split (Kroatien) plant diese mit einer 39 Meter hohen Statue zu übertrumpfen. Brasilien möchte derweil mit einer Kopie der Statue von Rio in London Werbung die Olympischen Spiele 2016 in Rio machen.

Grösser

Die Grösse der religiösen Eventlocation hat Auswirkungen auf die Besucherströme und damit verbundene Verkehrsimmissionen. Diese können unter Umständen die Immissionen eines Einkaufszentrums erreichen. Zudem kommen für grosse Bauten meistens nur Standorte ausserhalb des bebauten Gebietes infrage, was z.B. in der Schweiz eine kantonale Bewilligung erfordert.

Die Mezquita de Córdoba (ursprünglich eine Moschee) ist flächenmässig die grösste katholische Kirche mit 23.000 Quadratmetern.

Cathedral of Saint John the Divine, USA, 11.250 Quadratmeter, 1892 begonnen mit dem Ziel, grösste Kirche der Welt zu werden. Der Bau ist immer noch unvollendet, offenbar aus Geldmangel.

Ulmer Münster: seit der Reformation grösste reformierte Kirche der Welt mit ca 6000 Quadratmetern.

Im Zentrum Mekkas steht die Al-Haram-Moschee, die mit einer Fläche von rund 356 000 Quadratmetern (innen und außen) Platz für 820 000 Gläubige bietet - damit ist sie das größte islamische Gotteshaus weltweit.

In Zollikofen BE steht der "grösste Mormonentempel Europas". Die "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" hat in der Schweiz ca 7000 Mitglieder. Im Tempel finden ausschließlich "heilige Handlungen" statt. Er ist weder ein Treffpunkt für die örtlichen Gemeinden noch für die Verbreitung der Lehre. Deshalb gibt es auch kaum Verkehrs- oder andere Immissionen.