Warum der Kanton Bern den Pfarrern den Lohn zahlt
Berner Zeitung: "Hansruedi Spichiger, der Beauftragte für kirchliche Angelegenheiten in der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion, erklärt, wie der Kanton überhaupt dazu kam, Pfarrerlöhne zu bezahlen.
Dazu muss er aber weit zurückblenden in der Geschichte des Kantons Bern, bis vor die Zeit der Reformation 1528: «Ursprünglich waren die meisten Kirchen gestiftet worden», sagt er. Stifter waren meist Adlige, welche nebst der Kirche jeweils auch Land und Gebäulichkeiten gestiftet hätten, damit die Pfarrer daraus einen grossen Teil ihres Lebensunterhaltes selber erwirtschaften konnten. Zudem hatten die Pfarrer Einzugsrechte, sie konnten etwa sogenannte «Jahrzeitspenden» einziehen, erklärt Spichiger. Angehörige gaben dem Priester Geld, damit er für einen Verstorbenen jährlich eine Messe las. Mit der Reformation seien diese Einzugsrechte weggefallen, im Gegenzug habe die Bernische Obrigkeit einzelne Kirchengüter zusätzlich aufdotiert. 1804 wurde alles neu: Die Berner Kirchengüter wurden vollständig verstaatlicht. Was vorher Stiftungen waren, gehörten nun dem Kanton. Dieser verpflichtete sich im Gegenzug, für den Unterhalt der Pfarrer aufzukommen. «Wollte man Kirche und Staat gänzlich trennen, würde das zu einer güterrechtlichen Auseinandersetzung führen», stellt Hansruedi Spichiger deshalb fest. Zur «juristischen Schwerarbeit» würde das, weil der Staat nicht alle einstigen Kirchengüter zurückgeben könnte, da er nicht mehr über alle verfügt. Über die eingezogenen Vermögenswerte habe die damals «christliche Obrigkeit» nicht Buch geführt, sagt Spichiger und fügt an: «Damals hat man Verschiedenes noch recht pragmatisch gehandhabt.» Wollte der Kanton Bern die Pfarrerlöhne nicht mehr bezahlen, wäre auch eine völkerrechtliche Verpflichtung aus dem Jahr 1815 betroffen: Im Zusammenhang mit dem Wiener Kongress ging das ehemalige Bistum Basel in den Besitz des Kantons Bern über, wobei sich die Berner verpflichteten, die katholische Kirche gleich zu behandeln wie die reformierte. Und 1874 verlangte der Grosse Rat das Gleiche auch noch für die christkatholische Landeskirche. Wie der Kanton Bern kam bis 2010 einzig der Kanton Zürich für die Löhne der reformierten Pfarrer auf. Doch seit 2010 leistet er Beiträge an die verschiedenen Religionsgemeinschaften, diese entlöhnen die Pfarrer nun selber."