Spaniens Regierung stoppt Gesetzesreform zur Religionsfreiheit

(KNA) Nur vier Tage nach dem Spanien-Besuch von Papst Benedikt XVI. stoppt die spanische Regierung von Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero ihre Gesetzesreform zur Religionsfreiheit. Grund dafür war allerdings nicht die energische Kritik des katholischen Kirchenoberhaupts an der «aggressiven Säkularisierung» in Spanien, sondern der Druck der baskischen Nationalisten und der Kanarischen Regionalpartei. Auf diese ist die sozialistische Minderheitsregierung im Parlament angewiesen und stellt sich eindeutig gegen die Reform. «Es gibt derzeit weder einen politischen noch einen sozialen Konsens» für die Reform zur religiösen Freiheit, zitiert die spanische Presse am Donnerstag Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero. Aus diesem Grunde wolle seine Regierung die Reform vorerst stoppen. Für eine Verabschiedung des Gesetzes bedarf es im Parlament der absoluten Mehrheit. Doch die konservative Opposition stellt sich gegen das Projekt - wie zuvor gegen die sogenannte Homo-Ehe und die Liberalisierung der Abtreibungsgesetze. Den kleineren Linksparteien geht die Reform hingegen nicht weit genug. Und nachdem sich nun auch noch die baskischen Nationalisten sowie die Kanarische Koalition dagegen ausgesprochen haben, mussten die Sozialisten einen Rückzieher machen.

Das Gesetz zur Religionsfreiheit, das die Neutralität des Staates gegenüber den verschiedenen Religionsgemeinschaften und die Trennung von Staat und Kirche besser garantieren sollte, führte im Vorfeld aber selbst in der Regierungspartei zu Spannungen und Polemik. Der Entwurf sah unter anderem vor, dass religiöse Symbole aus allen öffentlichen Institutionen verschwinden sollen; nur ganz wenige Ausnahmen waren geplant. Das heißt, Kruzifixe und Marienstatuen hätten aus Schulen, staatlichen Krankenhäusern oder Ministerien entfernt werden müssen. Selbst bei offiziellen Feiern oder Staatsbegräbnissen etwa von Politikern oder gefallenen Soldaten wären künftig katholische Zeremonien vollkommen ausgeschlossen gewesen, um den nichtkonfessionellen Charakter des Staates zu unterstreichen. Die Vorlage sah vor, dass der Staat ausschließlich zivile Begräbnisse abhalten darf - eine religiöse Feier nur dann, wenn die Familie dies verlangt. Wenn staatliche Würdenträger «streng religiöse Veranstaltungen» besuchen, müssten sie dabei «alles unterlassen, was ein Brechen des Neutralitätsprinzips und eine Diskriminierung darstellen könnte». Das heißt, dass sie nicht nur den Einladungen der katholischen Kirche folgen sollten; sie hätten zwingend auch an den Veranstaltungen anderer Konfessionen teilnehmen müssen. Das Gesetz zur Religionsfreiheit sollte nicht nur eine konfessionelle Neutralität des Staates gewähren, sondern auch der neuen religiösen Realität im Land Rechnung tragen. Die katholische Religion ist längst nicht mehr das einzige religiöse Bekenntnis in Spanien. Mittlerweile leben 1,4 Millionen Muslime, mehr als eine Million Protestanten und fast 600.000 orthodoxe Christen im Land. Die sozialistische Regierung wollte nun, dass künftig auch Orthodoxe, Mormonen, Zeugen Jehovas und Buddhisten als anerkannte Religionsgemeinschaften steuerliche Vergünstigungen erhalten; Protestanten, Juden und Muslime haben diesen Status bereits. Die privilegierte Stellung der katholischen Kirche, die auf dem Konkordat von 1979 basiert, wäre durch das neue Gesetz zu Religionsfreiheit jedoch unangetastet geblieben: Die katholische Kirche wäre auch weiterhin die einzige Konfession gewesen, für die der Steuerzahler 0,7 Prozent seines Einkommens steuerlich absetzen kann. Dennoch war die Kirche mit dem Vorschlag nicht einverstanden. Sowohl die Spanische Bischofskonferenz als auch der Vatikan brachten ihr Missfallen zum Ausdruck. Am vergangenen Wochenende kritisierte Papst Benedikt XVI. während seines Besuchs in Santiago de Compostela und Barcelona eine «aggressive Säkularisierung» im Land.

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