"Mutter Teresa": der Medienmythos geht weiter

Auf verschiedenen TV-Stationen werden in diesen Tagen zu Ehren von "Mutter Teresa" und ihrem 100 Geburtstag die üblichen unkritischen Portraits gesendet.

Interessanter ist die ARD-Produktion: 25.8.2010: Das schwierige Erbe der Mutter Teresa

Auch in Schweizer Schulbüchern wird der Mythos unkritisch weiter vermittelt. Die FVS hat sich beim Zürcher Lehrmittelverlag beschwert.

Telepolis 2003

Zur Seligsprechung von Agnes Gonxha Bojaxhiu, alias Mutter Teresa

Eine systematische Verzerrung der Wirklichkeit bei nahezu vollständiger Ausblendung kritischer Analyse muss man im Falle Mutter Teresas diagnostizieren, wenn man ihr Lebenswerk unvoreingenommen untersucht. Die Mediengeschichte der gesegneten Albanerin beginnt mit dem Briten Malcolm Muggeridge -- "ohne ihn hätte die Welt vielleicht nie von Mutter Teresa erfahren", schrieb nach ihrem Tod die Catholic Times am 12. Oktober 1997. Muggeridge, ein fanatischer Konservativer, der den säkularen Liberalismus für "die größte aller destruktiven Mächte" hielt, gehörte zu den vom "Congress for Cultural Freedom" gesponserten Journalisten. Dabei handelte es sich um eine CIA-Organisation, die in Europa eine pro-amerikanische Gegenkultur zum Kommunismus [extern] etablieren sollte. Neben einer "nichtkommunistischen Linken" wurden die abstrakte Kunst und das [extern] "postmoderne" Denken als sozial irrelevante Ausdrucksformen der liberalen Linken finanziell gefördert. (Das Standardwerk zum Thema ist "Wer die Zeche zahlt... Der CIA und die Kultur im Kalten Krieg" von Frances Stonor Saunders.)

Der erste Kratzer am Bild Mutter Teresas war die britische Dokumentation "Hell's Angel" von Christopher Hitchens (1994), der 1995 das 100-Seiten-Pamphlet "The Missionary Position" folgte. Beide erörtern im Wesentlichen die gleichen Vorwürfe in sehr polemischer Weise. Dem Buch mangelt es an Quellenbelegen, doch die darin enthaltenen Fakten sind generell unbestritten -- aufgrund des Stils und der Einzelkämpfer-Rolle Hitchens' war es jedoch relativ leicht, die Kritik zu ignorieren. Tatsächlich beruhte ein großer Teil der Arbeit von Hitchens auf den Recherchen des in Großbritannien lebenden Inders Aroup Chatterjee, der Mutter Teresas Operationen besucht und gefilmt, Beteiligte interviewt und die Reaktion der Nonnen auf bestimmte Vorfälle getestet hat. In diesem Jahr ist nun Chatterjees Buch erschienen, neben dem sich Hitchens Werk wie ein Schulaufsatz ausnimmt.

[extern] The Final Verdict, das im Volltext auf der Seite des Verlages herunter geladen werden kann, ist eine über 400 Seiten starke und vollständig quellendokumentierte Abrechnung mit Teresas Lebenswerk. Daneben war Chatterjee direkt am Seligsprechungsprozess beteiligt und hat den zuständigen Autoritäten im Vatikan seine Eingaben zugesandt. Er wurde sogar zu einer Frage-Antwort-Sitzung mit einer Laienprüferin eingeladen, um Teresas "Heiligkeit" zu beurteilen. Natürlich hatten seine Eingaben keinerlei Einfluss auf den Seligsprechungsprozess, und auch Chatterjee empfahl den Kirchenleuten keineswegs, den Prozess abzubrechen: "Selbstverständlich würde ich, wenn ich ein Geschäft betreibe, meine besten Verkäufer ins Rennen schicken."

Mutter Teresa in Bhopal 1984. Ihre einzige Antwort auf die Industrie-Katastrophe, die mindestens 3000 Menschenleben forderte: "Vergebt, vergebt!" Für den Westen eine typische Teresa-Antwort -- für die Inder eine Provokation.

Neben Chatterjee haben nach Teresas Tod auch einige Publikationen etwas tiefer gegraben. Im Stern erschien am 10. September 1998 der Artikel "Nehmen ist seliger denn geben. Mutter Teresa: Wo sind ihre Millionen?" von Walter Wüllenweber, der die Finanzsituation des Ordens untersuchte (englische [extern] Version).

Vom Mythos der bescheidenen Heiligen bleibt nach Konsultation der vorliegenden Information nicht viel übrig. Hitchens sieht in Teresa vor allem die Befriedigung des Bedürfnisses, zu glauben, dass "irgend jemand" sich um die armen Menschen kümmert -- man selbst es also nicht tun muss. Tatsächlich ist der Mythos aber vor allem das Ergebnis einer Verschwörung des Schweigens in den westlichen Medien. Chatterjees Buch ist bisher weitgehend ignoriert worden, und das obwohl er jedem, der fragt, anbietet, Videos, Tonbänder und andere Dokumentation seiner Recherchen vorzulegen. Wie die Hunzinger-Story ist auch die Wahrheit über Agnes Bojaxhiu eine Geschichte, die sich nicht gut verkauft.

Noch vor 10 Jahren hätte die Verschwörung des Schweigens sich einfach fortsetzen lassen. Doch das Internet bietet Wissen all denen, die wissen wollen. So wird Chatterjees Buch auf humanistischen Websites verlinkt -- und natürlich im [extern] Wikipedia-Artikel über Mutter Teresa. Gemeinerweise wird auch der eine oder andere Katholik die Konfrontation mit der Realität nicht gänzlich vermeiden können, denn bei einer Google-Suche nach "Mutter Teresa" folgt auf der ersten Seite ein Link auf die von fiesen Atheisten betriebene deutschsprachige Website [extern] Der Todesengel von Kalkutta:

Teresa und die Armen

Was aber ist nun die finstere Wahrheit über Mutter Teresa? Mag sie auch andere politische Ansichten gehabt haben als der politisch korrekte Mainstream, war sie nicht im Grunde eine gutherzige und ehrliche Helferin der Armen? Chatterjee dokumentiert, dass Teresa in den Medien systematisch über die Art und das Ausmaß ihrer Arbeit gelogen hat, während in der Realität ihr Personal den Tod eher förderte als bekämpfte und Hilferufe ignorierte, selbst wenn sie aus nächster Nähe kamen.

Bei Krisen auf dem Subkontinent spielt Teresas Orden ohnehin praktisch keine Rolle. In [extern] Kapitel 11 vergleicht Chatterjee die Missionarinnen der Nächstenliebe mit der Ramakrishna-Mission nach verschiedenen Kriterien. So z.B. in der Reaktion auf Krisen und Katastrophen -- er zählt 16 Ereignisse der letzten Jahre auf, in allen Fällen hat Ramakrishna Hilfe geleistet, in keinem war Teresas Orden beteiligt. Oftmals war die "lebende Heilige" während großer Katastrophen in ihrer zweiten Wahlheimat, Rom, in den Vereinigten Staaten, oder auf internationaler Anti-Abtreibungstour. Selbst ihr spiritueller Berater Edward Le Joly, Autor einer der unzählbaren Hagiographien über Teresa, bemerkte bereits 1986 in einer Konversation mit einer Schwester, dass Teresa "ständig abwesend" sei. Mehrere Versuche von Prinzessin Diana, Teresa in Kalkutta zu treffen, schlugen fehl, weil diese nie dort war -- so dass die Treffen schließlich in Rom und New York stattfanden.

Während sie ständig darüber jammerte, wie schrecklich es sei, von den Leidenden Kalkuttas entfernt zu sein, muss sie die Stadt, in der Kontrazeptiva und Abtreibung problemlos verfügbar sind, insgeheim gehasst haben -- niemals hätte sie dort öffentlich vom Leid des "ungeborenen Lebens" reden können, ohne zumindest verbal gelyncht zu werden, wie Chatterjee bemerkt. Einem realen Lynchmord kam sie schon näher, als sie im Dezember 1984 zum Bhopal-Industrieunglück, in dem so viele Menschen umkamen, wie in den WTC-Angriffen, nur zu sagen hatte: "Forgive, forgive." (Vergebt, vergebt.) Weder sie noch ihr Orden spielte bei der Versorgung der Opfer eine nennenswerte Rolle -- außer natürlich in den westlichen Medien, die alle Pressemitteilungen unkritisch wiedergaben.

Ihre reale Einstellung zum Leid der Armen kam jedoch am besten in einem Interview in Washington 1981 zum Ausdruck. Auf die Frage, ob sie den Armen beibringe, ihr Schicksal zu ertragen, antwortete sie: "Ich glaube, das es eine sehr schöne Sache ist, wenn die Armen ihr Los akzeptieren, es mit dem Leid Christi teilen. Ich glaube, das Leid der armen Menschen ist eine große Hilfe für den Rest der Welt." Wen diese Logik irritiert, der sollte sich vor Augen führen, dass das Symbol der zugrunde liegenden Religion ein Hinrichtungsinstrument ist.

So gesehen sind die mangelhafte medizinische Versorgung, die Nichtverabreichung von Schmerzmitteln usw. nur konsequent. Dr. Robin Fox, Chefredakteur des britischen Medizinjournals The Lancet, beschrieb in der Ausgabe vom 17. September 1994 seine Beobachtungen in einem von Mutter Teresas Heimen und konnte sich Kritik nicht verkneifen: "Untersuchungen, wurde mir gesagt, sind selten erlaubt. Wie wäre es mit einfachen Algorithmen, mit denen Schwestern und Freiwillige die Heilbaren von den Unheilbaren unterscheiden können? Wieder nein. Solche systematischen Ansätze sind dem Ethos der Heime fremd. Mutter Teresa bevorzugt die Vorsehung der Planung, ihre Regeln sollen eine Strömung in Richtung Materialismus verhindern." Laut Chatterjee machte die Reaktion der Teresa-Fans normales Arbeiten tagelang unmöglich, und er bedauerte, jemals ein kritisches Wort über Teresa verloren zu haben.

Mutter Teresa selbst hob stets hervor, wie wichtig es sei, die Armen mit den einfachsten Mitteln zu behandeln. Das eigentlich Faszinierende ist nicht, dass sie daran glaubte, sondern dass die westlichen Medien diese mörderische Heilslehre unkritisch wiedergaben. Die gewollte Nichtunterscheidung zwischen heilbaren und unheilbaren Patienten in Kombination mit mangelnder Desinfektion von Spritzen und anderen Werkzeugen (sofern überhaupt vorhanden) führt natürlich zu Infektionen und vermeidbaren Todesfällen. Der Hippokratische Eid ist eben eine heidnische Erfindung. Doch Teresa betonte immer wieder, wie wichtig für sie ein "schöner Tod" sei. Ist ein schöner Tod ein schmerzfreier Tod? Natürlich nicht -- eine von Teresas Lieblingsanekdoten war die einer an Krebs sterbenden Frau. "Jesus küsst Dich", erklärte sie der Frau, die große Schmerzen litt. "Dann sagen Sie ihm, er soll aufhören, mich zu küssen", soll die Frau geantwortet haben. Solche Geschichten sind in katholischen Kreisen immer für ein Schmunzeln gut.

Teresas Welt

Angesichts dessen muss man fast froh sein, dass Teresas Orden die Leidenden nicht in Scharen von den Straßen aufsammelt, wie sie auch in ihrer Nobelpreis-Ansprache behauptet hatte. Der Orden verfügt zwar über Ambulanzen, diese sind aber mit Sofas zu "Nonnen-Taxis" umfunktioniert worden, in denen auch manchmal Hühner für das jährliche Nonnen-Fest transportiert werden - dem Krankentransport dienen sie nicht. Chatterjee hat in zahlreichen Probeanrufen bei den Schwestern nachgewiesen, dass Anrufer bei den Heimen lediglich auf den regulären Notruf verwiesen werden (wer kein Englisch spricht, was auf einen großen Teil der Armen zutrifft, kann mit den meisten der Ordensmitarbeiter ohnehin nicht kommunizieren). Auch die Nonnen sind keineswegs unterwegs, um Menschen von den Straßen aufzusammeln - statt dessen werden Kranke an der Tür abgewimmelt, wenn sie Verwandte haben, und seien sie auch noch so arm oder entfernt.

Das Ausmaß ihrer Operationen hat Teresa kontinuierlich übertrieben. Sie sprach mal von 4000, im nächsten Jahr von 9000 Menschen die täglich in Kalkutta Essen bekämen. Chatterjee, der die Suppenküchen mehrere Tage lang gefilmt hat, schätzt die Gesamtzahl der in Kalkutta täglich Versorgten auf maximal 300. Dabei werden teilweise Essenskarten verlangt, deren Erlangung kompliziert ist ("die wenigen katholischen Familien in Dnarapara .. haben alle Karten", bemerkt Chatterjee trocken). Die Zahlen wurden nie von den Medien hinterfragt.

An anderer Stelle zirkulierte sie Fantasiezahlen wie "61273 Babies", die nicht geboren worden seien, weil Mutter Teresa "natürliche Verhütung" lehre (die sog. "Kalendermethode", die nach katholischer Doktrin erlaubt ist, weil sie partielle Abstinenz erfordert). In der Tat sollen die Ärmsten der Armen in Kalkutta, wie auch in anderen katholischen Hoheitsgebieten, lernen, kalendarisch zu errechnen, wann sie Sex haben dürfen. Diese extrem unzuverlässige Methode ist erlaubt - während die Verwendung von Gummis Mord an potenziellem Leben ist. Außerdem, so die offizielle katholische Linie, sind Gummis unzuverlässig (vgl. [local] Ein Loch ist im Kondom). Natürliche Kontrazeption ist sicher und zuverlässig, Kondome sind lebenstötend und funktionieren nicht: Mit dieser Propaganda fördert die Kirche Hunger, Krankheit und Massensterben überall, wo Armut und Katholizismus zusammentreffen -- und Mutter Teresa war Zeit ihres Lebens fanatische Stellvertreterin dieser Ideologie. Ihr Orden, der auf der ganzen Welt tätig ist, erfüllt oft keinerlei karitative Funktion, wie Chatterjee in [extern] Kapitel 7 feststellt - stattdessen sind die Nonnen z.B. in Papua Neu-Guinea für die Konvertierung der Eingeborenen zuständig.

Gegen Kondome predigte sie ebenso scharf wie gegen Abtreibung, wann immer sie in politischer Mission unterwegs war. Es erübrigt sich fast festzustellen, dass sie Abtreibung auch in Fällen von Massenvergewaltigungen und Inzest für absolut unzulässig hielt und international Lobbyismus für entsprechende Gesetze betrieb.

Das ungeborene Leben war ihr eben wichtig -- was sie vom geborenen Leben hielt, machte sie 1981 bei einem Besuch in Haiti deutlich. "Frau Präsidentin, das Land vibriert angesichts Ihres Lebenswerkes", frohlockte sie gegenüber der Ehefrau des Diktators Jean-Claude "Baby Doc" Duvalier. Der Zweck heiligte die Mittel, die ihr Orden von der Junta erhielt.

Teresas Millionen

Geld, davon konnte Teresa nie genug bekommen. Die ehemalige Ordensschwester Susan Shields stellte in ihrem Artikel [extern] Mother Teresa's House of Illusions fest: "Das Geld kam rasant. Der Postbote lieferte die Briefe oft in Säcken. Wir empfingen regelmäßig Schecks über 50,000 Dollar und mehr." Doch wo das Geld blieb, wusste Shields nicht - an den bescheidenen Verhältnissen im Orden änderte sich nichts, ja, die Ordensführung sprach sich strikt dagegen aus, das Geld zur Anschaffung z.B. neuer medizinischer Geräte zu verwenden. Selbst Brot für die Armen in der New Yorker Bronx, wo Shields arbeitete, wurde nicht gekauft. Innerhalb eines Jahres wurden laut Shield 50 Millionen Dollar auf das Konto des Ordens gespült.

Die Schwestern haben jedoch strikte Instruktionen, keine genaue Buchführung zu betreiben, und die Finanzlage des Ordens ist unklar. Sicher ist: es ist ein Milliardengeschäft. Neben zahlreichen hoch dotierten Preisen erhielt Teresa millionenschwere Spenden von teils höchst fragwürdigen Gestalten, so z.B. dem Betrüger Charles Keating, einst einer von Amerikas prominentesten Anti-Pornographie-Kämpfern. Keating wurde wegen seiner Rolle im Savings & Loan Finanzskandal zu 12 Jahren Gefängnis verurteilt. Mutter Teresa schickte einen Brief an den Richter und bettelte um Gnade - so revanchiert man sich bei alten Freunden. Der Staatsanwalt antwortete als Privatperson und bat Teresa um die Rückgabe des Geldes, das Keating teilweise von Leuten aus sehr armen Verhältnissen erschwindelt habe, Menschen, die um ihre gesamten Ersparnisse und ihre Zukunft gebracht wurden. Natürlich antwortete Teresa nicht.

Ganzer Artikel: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/15/15888/1.html

Christopher Hitchens 1996

STRENGE FÜR DIE ARMEN, MILDE FÜR DIE REICHEN

Mutter Teresa - eine Medienheilige

Von

CHRISTOPHER HITCHENS

*

* Journalist, Autor von "The Missionary Position", London (Verso) 1995.

DIE Heiligen", schrieb George Orwell 1949, "sollte man solange für schuldig halten, bis das Gegenteil erwiesen ist." Bei Mutter Teresa scheint man es lieber umgekehrt zu halten. Während sich das Ansehen einer Person des öffentlichen Lebens gewöhnlich an ihren Taten bemißt, wird alles, was Mutter Teresa tut, im Lichte ihres Rufs gesehen. Und dieser Ruf ist der einer Heiligen, die sich selbstlos für die Ärmsten der Armen aufopfert.

Zwei Beispiele aus jüngerer Zeit. Im November 1995 sollten die Iren per Volksentscheid über das Recht auf Ehescheidung abstimmen. Irland war der letzte europäische Staat, in dem die Scheidung bis dato verboten war. Zur gleichen Zeit aber verhandelte das Land mit den Protestanten in Ulster, die befürchten, ein Abkommen mit Dublin könnte den Einfluß der katholischen Kirche überhandnehmen lassen. Wohl auch um die Protestanten im Norden zu beruhigen, riefen die meisten irischen Parteien dazu auf, bei dem Referendum mit Ja zu stimmen. Der Ausgang war denkbar knapp, am Ende siegten die Scheidungsbefürworter mit 50,3 Prozent. Mutter Teresa, die keine Irin ist, rief dazu auf, mit Nein zu stimmen.

Einige Monate später gab sie der amerikanischen Zeitschrift Ladies Home Journal, die von Millionen Hausfrauen gelesen wird, ein Interview. Als sie auf ihre Freundschaft mit Lady Diana, der Prinzessin von Wales, und auf die unmittelbar bevorstehende Scheidung im britischen Königshaus angesprochen wurde, sagte Mutter Teresa gelassen: "Es ist gut, wenn es vorbei ist. Keiner von beiden war wirklich glücklich." Wie man sieht, werden arme Frauen von Mutter Teresa mit Moralpredigten abgespeist, einer Prinzessin hingegen wird mit unendlicher Milde so gut wie alles vergeben. Nirgends in der Presse hielt man es für nötig, diese widersprüchlichen Äußerungen nebeneinanderzustellen, denn das hätte das schöne Bild der "Medienheiligen" getrübt.

Gleichwohl ist der Widerspruch zwischen Theorie und Praxis für Mutter Teresa durchaus typisch. Und es gibt noch etliche andere Dinge, die man gerne mit Schweigen übergeht. 1981 reiste Mutter Teresa nach Haiti und nahm dort die höchste Auszeichnung des Landes aus den Händen der Familie Duvalier entgegen. Anschließend bedankte sie sich mit einer devoten Rede, in der sie völlig unverfroen behauptete, der Diktator Jean-Claude Duvalier - "Baby Doc" - und seine Frau Michèle würden "die Armen lieben", und die würden ihn deshalb auch so sehr "verehren".

http://monde-diplomatique.de/pm/1996/11/15/a0280.text.name,askhJ8sdZ.n,43

Schlagworte