"Historische Rechtstitel" - die modernen Pfründe der Kirchen

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In Deutschland wird der aufgrund von Misshandlungsvorwürfen und finanziellen Mauscheleien zurücktretende Bischof Mixa monatlich 8'000.- Euro Rente aus allgemeinen bayerischen Steuermitteln erhalten.http://magazine.web.de/de/themen/nachrichten/panorama/10285468-Mixa-bekommt-Geld-vom-Steuerzahler,page=0.html

Begründet wird dies mit den sogenannten "historischen Rechtstiteln", welche den Staat zur Entschädigung für die Enteignung von Kirchengütern verpflichten.

Situation in der Schweiz

Auch in der Schweiz wurde im 19. Jahrhundert vielerorts die Kirchengüter verstaatlicht. Im Gegenzug wurde der Unterhalt der Gebäude und (zumindest teilweise) die Pfarrerlöhne vom Staat übernommen. Ob diese "historischen Rechtstitel" aber überhaupt als solche noch bestehen ist umstritten, insbesondere die Frage des Dauerschuldverhältnisses. 1981 kam ein Bericht der Zürcher Regierungsrates, der unter Leitung des von ihm als Experte bestellten Professors Hans Nef verfasst wurde, zum Schluss, dass die im Verfassungstext von 1963 vorbehaltenen "historischen Rechtstitel" gar nicht bestünden. (BGE  110 Ia 72)

In Europa hat die Kirche ab ca. 400 n. Chr. die Macht, sich grosse Teile des Bodens anzueignen, der zuvor unter den Kelten Allgemeineigentum war. So gesehen war die spätere Verstaatlichung nicht unrechtmässig sondern dir Rückführung in den früheren Zustand. Dieser Vorgang ist kaum untersucht, er wird gemeinhin als Säkularisation bezeichnet. (siehe Historisches Lexikon der Schweiz).

Sofern bestehend, könnte die Ablösung der "historischen Rechtstitel" zum Beispiel durch Rückgabe der kirchlichen Bauten an die Kirchen erfolgen - dass dies nicht gewünscht wird, liegt auf der Hand angesichts des enormen Unterhaltbedarfs.

Kanton Schaffhausen

Art. 1 Gesetz über die Ausrichtung von Beiträgen an die Landeskirchen 1982 1 Der Staat richtet für kirchliche Zwecke den Landeskirchen einen jährlichen Beitrag von 2,4 Mio. Franken aus. Diese Summe entspricht dem Stand des Landesindexes der Konsumentenpreise vom November 1981; sie wird jährlich der Entwicklung dieses Indexes angepasst. 2 Diese Leistung erfolgt zum Teil aufgrund von historischen Rechtstiteln.

Kanton Bern Gesetz über die bernischen Landeskirchen Art. 54  Besoldung der Geistlichen  [Fassung vom 12. 9. 1995] 1 Die Geistlichen an den vom Kanton errichteten Pfarrstellen werden nach gleichen Grundsätzen vom Kanton besoldet. 2 Der Kanton wahrt dabei insbesondere wohlerworbene Rechte aufgrund historischer Rechtstitel.

2008 aus der Antwort des RR auf die Motion Messerli: "Grundsatzdebatte zum künftigen Verhältnis zwischen Kirche und Staat: Trennung, Entflechtung oder Status quo?"  http://www.jgk.be.ch/site/299_d.pdf "Zu den historischen Rechtstiteln, welche die materielle Grundlage von Kirche und Staat bilden und deren Relevanz äussert sich ein durch die evangelisch-reformierte Landeskirche in Auftrag gegebenes Gutachten von Herrn Fürsprecher Dr. Ueli Friederich. Die wesentlichen Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: a) Die Verpflichtung des Kantons Bern zur Besoldung der evangelisch-reformierten Geistlichen gründet auf verschiedenen Rechtstiteln. Zunächst und im Wesentlichen übernahm der Staat die Pflicht als Rechtsnachfolger der Pfrundstiftungen und als neuer Eigentümer des Kirchenguts im Gefolge des Dekrets vom 7. Mai 1804. Als Patron hatte dem Kanton bereits vorher die Pflicht zur Einkommensergänzung und zum Unterhalt der Liegenschaften obgelegen, soweit diese seinem Patronat unterstanden. Das Dekret von 1804 stellte das Ergebnis von Verhandlungen des Kantons mit der Geistlichkeit dar, hat «vertragsähnlichen» Charakter und stellt damit einen weiteren besonderen Rechtstitel dar. In relativ bescheidenem Umfang begründete der Staat Bern weitere Verpflichtungen durch Vertrag. b) Die auf diesen Titeln beruhende Besoldungspflicht des Kantons wurde als Dauerschuldverhältnis begründet und als solche durch diesen selbst immer wieder bestätigt. Sie ist weder durch Zeitablauf noch wegen veränderter Verhältnisse unter dem Gesichtspunkt der clausula rebus sic stantibus dahingefallen und auch nicht durch bisherige Staatsleistungen getilgt worden. Die Verpflichtung besteht, unabhängig von Art. 54 KiG, heute noch."

Im Kanton BE werden aufgrund der Vereinbarungen am Wiener Kongress von 1815 nicht nur die reformierten sondern auch die heute röm.- kath. und christ.-kath. Pfarrer entlöhnt.

Grossratsdebatte 2015: http://www.frei-denken.ch/de/2015/09/warum-kirche-und-staat-nicht-voneinander-loskommen-die-bz-uber-die-geschichte-der-kirchenpfrunde-im-kanton-bern/

Kanton Zürich

Die Kirchen werden mit 50 Millionen jährlich unterstützt, als Abgeltung für soziale und kulturelle Leistungen.

Bis 2009 flossen 40 der 50 Millionen mit Verweis auf die "historischen Rechtstitel" direkt in die Kasse der Protestanten. Ab 2010 werden es schrittweise acht bis zehn Millionen weniger werden, da die Mittel gemäss den Mitgliederzahlen auf die Kirchen verteilt werden. Bisher erhielten die reformierten Pfarrer 150'000 Franken Kanton Zürich jährlich, katholische Priester 140'000.

Die Löhne der Reformierten wurden im Kanton Zürich zu zwei Dritteln durch staatliche Steuern finanziert. Seit 2010 werden Pfarrerlöhne von den Kirchgemeinden aus Kirchensteuern bezahlt.

Deutschland

http://www.youtube.com/watch?v=ECjbLm41MkA

http://www.youtube.com/watch?v=58dZa_GPrpE&feature=related

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