Fakten sind Fakten

Leserbrief zu mehreren Leserbriefen im St. Galler Tagblatt vom 30. März 2010 ad "Die falschen Anreize der katholischen Kirche" (Mathias Binswanger)

Gleich eine ganze Reihe von LeserbriefschreiberInnen entrüsten sich über Mathias Binswangers Artikel im St. Galler Tagblatt. Ja, Leute, welche anderen den Spiegel vorhalten, lösen nicht ausschliesslich Begeisterung aus (aber immerhin hat die Kirche heute, 400 Jahre nach Giordano Bruno, die Mittel nicht mehr, zeitkritische Leute auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen). Doch wenn wir übermässige Emotionen weglassen und uns der Sachebene zuwenden, dann müssen die folgenden Fakten anerkannt werden: 1. Der Anteil von Pädophilen ist bei katholischen Priestern, verglichen mit der Gesamtbevölkerung, deutlich höher. 2. Die "primären Geschlechtsmerkmale" (sprich Hoden) eines katholischen Pfarrers produzieren ebenfalls Spermien und Testosteron. Vom Vatikan ist aber dem Klerus sämtliches verboten, was bzgl. Sexualtriebes Erleichterung verschafft. Infolgedessen ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass katholische Priester entweder neurotisch werden, heimlich eine Freundin haben oder sich eben an Kindern vergreifen, denn die naturgegebene Biologie lässt sich nicht ausschalten. Der katholische Klerus ist somit auch Opfer eines Systems, welches weitestgehend überholt und morbid ist. Wie wäre es nun, wenn die Schweizerische Bischofskonferenz, allenfalls zusammen mit Kollegen aus anderen fortschrittlichen Ländern, den Zölibat ganz einfach absetzen würde? Es ist kaum anzunehmen, dass Benedikt XVI. dann seine Schweizer Garde gegen unser Land in Marsch setzen würde …..

Immer mehr Leute können mit Kirche und Religion nichts mehr anfangen. Bei allem (ehrlichen) Respekt gegenüber gläubigen Menschen und Priestern, es ist auch sehr gut möglich, ein erfülltes und ethisch verantwortungsvolles Leben zu führen, ohne religiösen Hintergrund, sondern mit einer Lebensphilosophie basierend ausschliesslich auf den Erkenntnissen der Naturwissenschaften und einem reinen Humanismus. Und Personen, welche nicht verzichten möchten auf Ritualbegleitungen, z.B. bei Lebenseintritt, Lebensbund oder Lebensende, denen stehen erfahrene und speziell geschulte Fachleute, z.B. bei den Freidenkern, als Alternative zum religiösen Kult zur Verfügung. Die religiösen Kreise sollten endlich einsehen, dass sie kein Monopol auf Lebensphilosophie oder Ethik haben, sondern liberaler Pluralismus angesagt ist, und dass der moderne, eigenständig denkende Mensch selber entscheiden soll, ob er religiös oder eben frei denkend leben will.

Maurus Candrian, Präsident Freidenker Ostschweiz

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