Wort zum Sonntag: 55 Jahre sind genug

Seit 1954 werden in dieser Sendung des Schweizer Fernsehens den Zuschauern Gedanken aus "landeskirchlicher" Sicht vermittelt. Dieses Privileg ist in einer pluralistischen Gesellschaft nicht mehr zeitgemäss.
Unsere Forderung: Abschaffen oder als Wochenend-Kolumne einer breiten Autorenschaft zur Verfügung stellen.
Auf Facebook besteht eine Gruppe: Wort zum Sonntag: 55 Jahre sind genug!
Beanstandung "Wort zum Sonntag" vom 24. Oktober 2009
Die FVS hat namentlich die Sendung "Wort zum Sonntag" vom 24. Oktober 2009 des Berner Oberländer Pfarrers Bruno Bader beanstandet, insbesondere seine Aussagen:
1. Die Forderung nach Trennung von Staat und Kirche der „so genannten Freidenker“ basiert auf Denkfehler und
2. Seine Werbung für Partnerschaft der Kirchen mit dem Staat und für finanzielle Unterstützung durch den Staat.
Bruno Bader hat sich geweigert, dazu schriftlich Stellung zu nehmen. Daraufhin haben wir die Ombudsstelle der SRG eingeschaltet.
Achille Casanova, der Ombusmann der SRG, hat die FVS-Beanstandung der Sendung "Wort zum Sonntag" vom 24. Oktober 2009 teilweise gutgeheissen. Er schreibt:
"Das Wort zum Sonntag ist transparent als ein Ort des öffentlichen Kommentars (...) "Christliche Gedanken zum Zeitgeschehen". (...) Da es sich um einen Kommentar handelt, ist es absolut zulässig, dass Pfarrer Bader für eine Partnerschaft von Kirche und Staat plädiert. Er tat dies auch mit respektvollen Worten für diejenigen, welche eine andere Meinung vertreten. Mit einer Ausnahme: Er hat sich in seinem Kommentar von "so genannten Freidenkern" gesprochen, was sicher als abwertend zu erachten ist. Frau Wappler (Redaktionsleiterin Sternstunde) gibt dies offen zu und entschuldigt sich dafür. Sie unterstreicht, dass das Wort "so genannt" hätte gestrichen werden müssen. Ich teile diese Einschätzung. Aus diesem Grund beurteile ich Ihre Beanstandung als teilweise berechtigt." 11.12.2009
Rechtliche Grundlagen
SRG-Konzession
Art. 2Programmauftrag
1 Die SRG erfüllt ihren Programmauftrag in erster Linie durch die Gesamtheit ihrer Radio- und Fernsehprogramme; die Programmleistungen werden gleichwertig in allen Amtssprachen erbracht.
2 In ihren Programmen fördert sie das Verständnis, den Zusammenhalt und den Austausch unter den Landesteilen, Sprachgemeinschaften, Kulturen, Religionen und den gesellschaftlichen Gruppierungen. Sie fördert die Integration der Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz, den Kontakt der Auslandschweizerinnen und -schweizer zur Heimat sowie im Ausland die Präsenz der Schweiz und das Verständnis für deren Anliegen. Sie berücksichtigt die Eigenheiten des Landes und die Bedürfnisse der Kantone.
3 Innerhalb des vorgegebenen programmlichen und finanziellen Rahmens berücksichtigt die SRG die unterschiedlichen Anliegen und Interessen des Publikums.
4 Die SRG trägt bei zur:
a) freien Meinungsbildung des Publikums durch umfassende, vielfältige und sachgerechte Information insbesondere über politische, wirtschaftliche und soziale Zusammenhänge
Vereinbarungen zwischen SRG und Kirchen
von 2002, 2007 stillschweigend verlängert um weitere 5 Jahre. Darin wird die Zusammenarbeit begründet, obwohl die Konzession selber keinen solchen Auftrag enthält:
"Die Bedeutung der Religion ist in der Schweiz wie in anderen westlichen Gesellschaften durch eine doppelte Entwicklung gekennzeichnet. Einerseits nimmt das institutionelle Gewicht der christlichen Kirchen ab, andererseits werden religiöse Fragen auf vielfache Weise virulent. Die Individualisierung der Lebensstile führt zu einer wachsenden Nachfrage nach Orientierung und nach verlässlichen Werten. Die Globalisierung der Wirtschaft und die weltweite Migration verstärken den Austausch der Kulturen und die Notwendigkeit eines Dialogs der Zivilisationen und Religionen. Unter diesen Vorzeichen bekommt auch die religiöse Kultur unseres Landes ein neues Gesicht. Christen und Agnostiker begegnen in ihrem Alltag Menschen verschiedenster religiöser Herkunft. Die Devise, dass Religion Privatsache sei, gilt immer weniger. Religiöse Werte werden in der Öffentlichkeit debattiert und fundamentalistische Bewegungen nehmen verstärkt Einfluss. Entgegen den Erwartungen einer säkularisierten Wissensgesellschaft werden - auch als Folge der Aufklärung - die Religionen in den industrialisierten Ländern des Westens wieder zu einem gesellschaftlichen und moralischen Faktor. Sache der Medien ist es, über diese Vorgänge zu berichten und zur Einordnung der neuen Phänomene beizutragen. Insofern die SRG SSR IDÉE SUISSE dem Service public verpflichtet ist, sind ihre Unternehmen in der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Kulturen und religiösen Werten auf besondere Weise gefordert, auch wenn die Begriffe „Religion“ bzw. „Kirche“ im Konzessionsauftrag des Jahres 1992 nirgends explizit erwähnt werden. Religiöse Inhalte kommen in informativen, meinungsbildenden, kulturvermittelnden und unterhaltenden Sendungen zur Darstellung. Religiöse Struktursendungen setzen sich systematisch mit religiösen Ereignissen und Phänomenen, Personen und Institutionen auseinander und vermitteln religiöse Erfahrungen und Werte auf vielfältige Weise: durch aktuelle Informationen und kritische Reflexionen, durch die Wiedergabe von kultischen Ereignissen, durch Angebote zur Lebensgestaltung und Impulse zur Lebensbewältigung, durch Besinnung auf spirituelle Wurzeln. Die Kirchen besitzen allerdings so wenig wie andere Institutionen ein RECHT AUF ANTENNE, haben also in den Programmen von Radio und Fernsehen keinen Anspruch auf Sendezeit, Auftritt oder Werbung. Die Autonomie und Unabhängigkeit von Radio und Fernsehen ist in der Verfassung garantiert (BV Art. 17, Art. 93, Abs. 3; vgl. RTVG Art. 5).
Fenster zum Sonntag
Einen Sonderfall stellt die religiöse Sendung FENSTER ZUM SONNTAG dar. Dieses Programm existiert seit September 1995 und wird von der ALPHAVISION IN ZUSAMMENARBEIT MIT DER STIFTUNG CHRISTLICHES FERNSEHEN produziert. Die Sendung wird wie andere Fensterprogramme auf dem zweiten Kanal zwar von SF DRS ausgestrahlt, hat aber eine eigene Konzession des Bundesrates2. Das FENSTER ZUM SONNTAG steht damit ausserhalb des Programmauftrags von SF DRS, und auch die REFORMIERTEN MEDIEN sind institutionell damit nicht verbunden, so dass die Sendung von diesen Vereinbarungen nicht betroffen wird."