Freidenker 2/2000.pdf

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(file: @@Freidenker-200002.pdf@@)Heilige Inquisition ganz harmlos "Kongregation für die Glaubenslehre". Die Opfer waren Andersgläubige, Ungläubige, Ketzer und Hexen. Wohl am schrecklichsten wüteten die Glaubensfanatiker in Spanien. Unter Protektion von Königin Isabella von Kastilien ging der Dominikanermönch de Hojeda vor allem gegen zum Christentum übergetretene Juden vor, denen vorgeworfen wurde, noch immer ihrem alten Glauben anzuhängen. Hunderte, meist begüterte Christen/Juden landeten auf den Scheiterhaufen. Andererseits wurden Juden, die sich weigerten, die christliche Taufe über sich ergehen zu lassen, lebendigen Leibes verbrannt. Allein 1481 waren es 12‘000, die der Dominikanermönch und Grossinquisitor Tomas de Torquemada verbrennen liess. Selbstverständlich, die Besitztümer der Opfer wurden eingezogen. Da denkt man doch unwillkürlich an den 460 Jahre später stattfindenden Holocaust? Ähnliches erlebten auch zum Christentum übergetretene Muslime. Auch ihnen warf man vor, an Bräuchen ihrer früheren Religion festzuhalten (kein Schweinefleisch, kein Wein, Henna für die Fingernägel der Frauen ...). Sie landeten auf dem Scheiterhaufen. Hunderttausende von maurischen Christen wurden zudem zwangsweise ins muslimische Nordafrika verfrachtet. Das Morden in Spanien dauerte Jahrhunderte; 1826 wurde der letzte Ketzer in Valencia gehenkt. Besonders verfolgt wurden Frauen. Die im Christentum tief verwurzelte Angst vor der "Verführerin" stempelte eine Frau recht bald zur Hexe ab. Könige, Bischöfe und Päpste glaubten an diesen Hexenwahn. Das bis heute gültige Priesterzölibat dürfte eine der Folgen sein. Nach Schätzung namhafter Historiker sind in Europa über eine Million Frauen dem Hexenwahn zum Opfer gefallen. Die erste Hexe bestieg den Scheiterhaufen im Jahre 1275 in Toulouse. Besonders brutal wüteten die deutschen Hexenverfolger, wobei Reformatoren (Luther) keineswegs humaner waren als die Katholiken. Erst die Aufklärung hielt diesen Wahn allmählich auf. Aber noch im Jahre 1782 wurde in Glarus die letzte Schweizer Hexe auf den Scheiterhaufen gezwungen! Giordano Bruno war wohl eines der prominentesten Opfer der Römischen Inquisition. Filippo Bruno (Giordano war sein Name nach dem Eintritt in den Dominikaner-Orden) wurde 1548 in Nola bei Neapel als Sohn eines Offiziers in Diensten des Grafen von Caserta geboren. Er besuchte die Schulen in Nola und studierte von 1562–1565 an der Universität in Neapel. Der junge Filippo war sehr begabt und beFortsetzung S. 2 1548-17.2.1600 Papst Luzius III. leitete mit der Bulle "ad abolendam" 1184 die Inquisition ein. Im Jahre 1252 nahm sie unter Papst Innozenz IV. ihre schreckliche Tätigkeit auf. Dieses Terrorgericht der "Heiligen Katholischen Kirche" verurteilte Hunderttausende – zuverlässige Quellen sprechen von bis zu 10 Millionen Opfern – nach z.T. jahrelanger Folterhaft zum Tode, meistens zur Verbrennung auf dem Scheiterhaufen; denn auf diese Weise könnte doch wenigstens die Seele des Ketzers gerettet werden! Diese "Heilige Kongregation der Römischen und Universalen Inquisition" wütete bis 1908 und wurde dann neu benannt mit "Heiliges Offizium", ab 1965 schliesslich THEMEN in diesem FREIDENKER Heilige Inquisition 1-5 Freidenkerspende 3 Büchertisch 6 FREIDENKER 2/2000 1 Fortsetzung von S. 1 herrschte recht bald Latein und die hebräische Sprache. Als 17jähriger trat er als Novize ins Kloster San Domenico Maggiore ein, wo er 1572 den Doktortitel der Theologie erwarb. Damit hatte er die Möglichkeit, lehramtlich tätig zu sein. Seine Studien jedoch gingen weiter. Er vertiefte sich in die Werke von Paracelsus, Erasmus, Luther und vor allem Kopernikus (1543 in Nürnberg erschienen). Kopernikanisches Weltbild Giordano war fasziniert vom neuen Weltbild, das so gar nicht den Vorstellungen der Kirchen entsprach. Für ihn war die Erde nicht mehr der Mittelpunkt, sondern nur ein winziger, unwichtiger Teil eines riesigen Universums. Das wirkte sich selbstverständlich auf seine Lehrtätigkeit aus. Die Kirchenoberen waren geschockt und sprachen von Häresie. Eine theologische Untersuchung wurde eingeleitet, deren Ergebnis voraussehbar war: Ketzerei! Giordano Bruno wartete das Urteil jedoch nicht ab, sondern ergriff die Flucht. Im Februar 1576 verliess er das Kloster und setzte sich nach Rom ab, wo er jedoch vernehmen musste, dass er vom Heiligen Offizium als Apostat bereits gesucht wurde. 15 Jahre auf der Flucht ... Die Flucht ging weiter über die Toscana nach Genua, wo er unter falschem Namen bis Ende 1577 blieb. Doch die Häscher waren überall; so setzte er sich nach Noli bei Savona ab. Zuerst arbeitet er als Stallknecht, fand dann aber eine Stelle als Lateinlehrer. Daneben gab er vermögenden Erwachsenen Kurse in Philosophie und Astronomie. Doch die Inquisition entdeckte und verhaftete ihn. Es gelang ihm jedoch zu entfliehen und über Turin erreichte er Venedig. Dort hatte er erste Kontakte mit Freimaurern, aktiven Gegnern der Papstkirche und vor allem der Jesuiten. Doch Italien wurde für ihn zu gefährlich. Über Mailand und Chambéry reiste er nach Genf (1576). Diese Stadt war seit 1533 eine Freie Republik (gehörte noch nicht zur Schweiz), die Hochburg des Calvinismus, eingeengt zwischen katholischen Ländern. Bruno liess sich als Anhänger des Calvinismus registrieren, um eine Lehrtätigkeit annehmen zu können. Doch bald musste er erfahren, dass auch der Protestantismus Fanatiker hervorbringt. Brunos berechtigte Kritik an einem bekannten Professor der Universität Genf, der falsche Aussagen über Aristoteles machte, brachte ihn nicht vor das katholische "Sainte Office", sondern vor das "Vénérable Constitoire". Die theokratische Führung schützte den inkompetenten Professor und erteilte Bruno einen Verweis. Enttäuscht verliess dieser Genf, denn er hatte erkennen müssen, dass der Calvinismus gegenüber der Romkirche keine Befreiung sein konnte. Über Lyon führte die Reise nach Toulouse, wo er als Professor der Philosophie an der Universität willkommen war. Schon zwei Jahre später aber zog es ihn weiter – nach Paris. ... nach Paris ... Inzwischen berühmt/berüchtigt erhielt er von König Heinrich III. einen Lehrauftrag an der Sorbonne, wobei ihm ausdrücklich zugesichert wurde, nicht verpflichtet zu sein, die heilige Messe zu besuchen. Dies hingegen passte dem an der Universität einflussreichen Klerus überhaupt nicht - und so entstanden recht bald Schwierigkeiten. Selbst der König geriet in die Kritik. Der Grossteil der Studenten jedoch war vom neuen Professor begeistert. Die Hörsääle waren überfüllt, selbst in den Gängen lauschten die Studenten der kräftigen, überzeugenden Stimme, die neue, revolutionäre Thesen vorbrachte und der Kraft seines Ausdruckes. Spielend korrigierte er Einwände; oft tönte es fast prophetisch. ... und England, ... Um aber weiteren Schwierigkeiten aus dem Wege zu gehen, verlegte Bruno seine Tätigkeit nach London. 1583-1585 wirkte er in Oxford als Philosophie-Professor. Der englische Botschafter in Paris schrieb in einem Brief an Königin Elisabeth I. über Bruno: "Philosoph und Mann ohne Religion". Die Vorlesungen zu den Theorien des Kopernikus bewirkten in Oxford harte Polemik, denn die herrschenden Kreise waren noch nicht bereit, das biblische Weltbild aufzugeben. Nach drei Jahren England kehrte Bruno zurück nach Paris, eine Aussöhnung mit der Katholischen Kirche sollte ausgehandelt werden. Doch ohne die bedingungslose Rückkehr in den Dominikaner-Orden gab es keinen Pardon. Wegen fortgesetzter Drohungen der Sainte Ligue verliess Bruno Paris 1586. ... nach Deutschland und in die Schweiz Fünf Jahre verbringt Bruno in Deutschland. Die Stationen sind Mainz, Wiesbaden, Marburg (wo ihm die Lehrbewilligung verweigert wird), Wittenberg. In dieser Stadt, wo sich Lutheraner und Calvinisten aufs Heftigste bekämpfen, lehrt er an der Universität Philosophie. Nach dem Sieg der Calvinisten reist Bruno wei- 2 FREIDENKER 2/2000 ter nach Prag, Tübingen, Helmstedt, wo er an der Uni lehrt. Nach Schwierigkeiten mit den lutheranischen Pastoren – immer die gleiche Vorwürfe – verlegt er seine Tätigkeiten nach Frankfurt am Main. Den Winter 1590/91 verbringt Bruno in Elgg (Kt. Zürich). Dort schreibt er für seinen Gastgebern Heinrich Hainzel „De imaginum, signorum et idearum compositione“ (Sammlung von Bildern, Zeichen und Ideen). Ausserdem schreibt er eine Art Wörterbuch der philosophischen Begriffe, das 1595 in Zürich gedruckt wird. Rückkehr nach Italien Zurück in Frankfurt nimmt Bruno 1591 eine Einladung des Patriziers Giovanni Moncenigo nach Venedig an. Am Domizil des Gastgebers lehrt er Philosophie. Gleichwohl postuliert er für ein Lehramt Mathematik an der Universität Padua. Ohne Erfolg. Galileo Galilei wird dort 1592 eingestellt. Als Bruno von seinem vermeintlichen Wohltäter Urlaub verlangt, reagiert dieser rasch: Bruno wird eingesperrt und bei den Behörden angezeigt wegen Ketzerei. Der Grossinquisitor Venedigs, Fra Saluce, reagiert prompt mit Einkerkerung im Gefängnis San Domenico del Castello. Haft und Anklage Moncenigos Anschuldigungen lauten: "Mann ausserhalb jeder Religion, der die heilige Messe verurteilt, glaubt nicht an die Verwandlung von Brot und Wein in den Leib Christi, zweifelt an der Dreifaltigkeit, macht sich über die Wunder Christi lustig und lehnt der Jungfräulichkeit der Maria ab. Ausserdem erklärt er, das Universum sei ewig, die Welt unendlich"! Nach 7-maligem Verhör wird Bruno an den Vatikan ausgeliefert. Im Senat von Venedig stimmen Forts. S. 4 Freidenkerspende Freidenkerspende 2000 Einsendeschluss für Vorschläge 20. Februar Nach dem schönen Erfolg der ersten Freidenkerspende erwarten die Freien JungdenkerInnen Ihre Vorschläge für Projekte, denen Sie gerne die Freidenkerspende 2000 zukommen lassen würden. An der Delegiertenversammlung 1999 ist von verschiedener Seite gewünscht worden, dass vermehrt Projekte aus der Schweiz zur Wahl stehen sollen. Bitte nennen Sie uns Projekte, die Ihnen persönlich 1999 durch besondere humanitäre Leistungen aufgefallen sind. Wie letztes Jahr werden die Freien JungdenkerInnen aus den eingegangenen Vorschlägen einen Dreiervorschlag zuhanden der Delegiertenversammlung 2000 bestimmen. Die Delegierten werden vorgängig zu jedem Projekt schriftliche Informationen erhalten. Senden Sie Ihre Anregungen bis 20 Februar an: Daniel Aellig, Im Moser 17, 3704 Krattigen. Merci! Freidenkerspende 1999 12'000 Franken für poliogeschädigte Kinder in Südindien Zentralvorstand und Freie JungdenkerInnen freuen sich über den grossen Erfolg der letztjährigen Sammlung. Die Abklärungen zur Übergabe der Spende an das Atheist Center laufen derzeit noch. Wir werden Sie so bald als möglich im Detail darüber orientieren. Eine dem Zentrum nahestehende Persönlichkeit hat aber bereits bestätigt, dass der Beitrag der Freidenker-Vereinigung Schweiz es ermöglichen werde, das Projekt im ursprünglichen Rahmen durchzuführen. Ein herzliches Dankeschön an alle, die zum guten Ergebnis beigetragen haben! rc aufgepickt Der Fall eines Basler Wirtes, der aus der Katholischen Kirche ausgetreten ist, hat brisante Fragen aufgeworfen. Dank administrativer Schlamperei hat dieser sein Austrittsschreiben zurückerhalten, samt diverser Vermerke. Daraus geht hervor, dass der Mann offenbar bei seinem Zuzug vor 50 Jahren gar nicht ins Mitgliederregister der katholischen Kirche aufgenommen worden ist. Berechtigte Frage der NZZ: Wohin sind wohl seine Kirchensteuern geflossen? Oder andersrum: Weiss die Kirche gar nicht, welche ihrer Mitglieder Steuern bezahlen? Ein weiterer Vermerk lautete: "Bei Anlässen nicht mehr berücksichtigen". Die Kirche dementiert zwar, schwarzen Listen von ausgetretenen Gewerbetreibenden zu führen, führt aber durchaus eine von Mitgliedern, die sie berücksichtigt. Die einleuchtende Begründung: Sie müsse zu ihren Mitgliedern schauen, liege doch ihr Personalabbau um 30% (aufgrund rückläufiger Kirchensteuererträge) erst wenige Jahre zurück! NZZ 6.1.2000 rc FREIDENKER 2/2000 3 Forts. v. S. 3 142 für die Auslieferung; 30 Senatoren hätten ihn gerne in Venedig abgeurteilt. Folter und Verurteilung Am 27. Februar 1593 landet Bruno im Zuchthaus des „Heiligen Offiziums“. Bis 1597 folgen 17 sogenannte milde Verhöre. Weil Bruno fest bleibt und nichts widerrufen will, kommt es zur Folter (z.B. während Stunden auf ein Rad gebunden). Er verweigert standhaft jedes Abrücken von seiner Überzeugung, denn er weiss, dass dem Tod nicht mehr zu entrinnen ist. Im Falle einer Widerrufung wäre er kurz Papst Klemenz VIII. wünscht ein exemplarische Verdikt zum Heiligen Jahre 1600, als Warnung an zweifelnde Gläubige. Das Urteil wird am 9. Februar 1600 gefällt - Tod durch Verbrennung auf dem Scheiterhaufen auf einem öffentlichem Platz in der Stadt Rom. Ermordung in Rom Ab 6 Uhr morgens, am 17. Februar 1600, strömen die fanatisierten Gläubigen auf den Campo dei Fiori, um sich zu amüsieren am Feuer und am Geruch von verbranntem Fleisch. Bruno ist nackt, ein Nagel durch die Zunge verhindert, dass er seine Thesen noch ein letztes Mal in die Welt hinaus ruft. Mit dem Mann werden auch seine Schriften, längst auf dem Index, verbrannt. Giordano Brunos Werk Von Giordano Brunos Werken blieben nur noch Bruchstücke erhalten. Bei der Übergabe des Verurteilten an den Gouverneur der Stadt Rom wurden gleichzeitig Aufzeichnungen von Bruno mitgeliefert, die jedoch nicht verbrannt wurden, sondern im Besitz des Gouverneurs blieben, bis sie im Jahre 1886 aufgefunden und kopiert wurden; wieder entdeckt wurden sie erst 1925! Immerhin lassen die noch vorhandenen Schriften Bruno als einen der bedeutendsten Philosophen der Renaissance erscheinen. Seine feste Überzeugung war, dass keine Materie entsteht, keine vergeht, sich aber alles laufend umwandle. Nur so konnte er auch akzeptieren, dass sein Körper in Asche verwandelt wurde, die sich dann als Aschenregen über den sieben Hügeln Roms mit der Natur wiedervereinigte. Brunos Gedenken Nola, die Geburtsstadt Brunos, errichtete unter liberaler Führung 1868 ein Denkmal auf einem nach Giordano Bruno benannten Platz. 1876, sechs Jahre nach der Befreiung der Stadt Rom aus den Fängen des Vatikans, planten liberale und laizistische Kreise die Errichtung eines Denkmals an der Stätte der Verbrennung von Giordano Bruno. Hauptpromotor war der damalige Stadtpräsident Roms, Ernesto Nathan, Jude und Freimaurer. Selbstverständlich protestierte die Kirche vehement und titulierte Juden und Freimaurer Vertreter des Teufels! Da war die Unterstützung durch das fortschrittliche Europa gefordert: Victor Hugo, Ernest Renan, Ernst Haeckel, G. Carducci, Herbert Spencer (englischer Mitbegründer der Weltunion der Freidenker 1880), Henrik Ibsen u.a. unterstützten die Initiative. Am 9. Juni 1889 wurde das Werk des Bildhauers Weg der Dokumente Die Prozessakten jedoch fanden einen anderen Weg. Sie wurden 1819 auf Befehl Napoleons aus dem Geheimarchiv des Vatikans (Archvio segreto Vaticano) nach Paris transferiert, zusammen "Es gibt kein bessere Flamme zur Erleuchtung des Gewissens!" mit einer Menge vor der Besteigung des Scheiter- weiterer Dokumente. Später sollhaufens erdrosselt worden. Bru- ten sie dem Vatikan wieder zuno ruft seinen Peinigern zu: "Sie rückgegeben werden. Unterzittern wahrscheinlich heftiger wegs erachtete man den ganbei der Urteilsverkündung als ich, zen Papierkram als unwichtig der Ihnen nur zuhört!" und wertlos und verkaufte das Ganze für Fr. 4‘300 an eine Nach Monaten der Tortur wird Kartonnagefabrik. am 12. Januar 1599 der eigent- Damit waren Akten und Dokuliche Prozess eingeleitet. 34 Straf- mente von zahlreichen Prozestaten, meist theologischer Na- sen unwiederbringlich vernichtur, werden im vorgeworfen. tet. Dies alles geschah im EinverPunkt 13 z.B.: "Behauptung, ständnis mit dem zuständigen dass mehrere Welten existieren“. Kardinal Ercole Consalvi. 4 FREIDENKER 2/2000 Ettore Ferrari feierlich eingeweiht – trotz des vehementen Einspruchs des Papstes und vor allem der Jesuiten. Die Kirche, die doch so gerne von Nächsten-, ja Feindesliebe spricht, versuchte immer wieder, die Verbrennung des Giordano Bruno zu vertuschen, als nicht geschehen hinzustellen. Zeugen Das Hinrichtungsprotokoll wurde jedoch sichergestellt. Auch gab es einen Augenzeugen des Geschehens, den Deutschen Kaspar Schoppe, der die Hinrichtung genauestens protokollierte. Seine Aufzeichnungen konnten vor der Vernichtung gerettet werden. Die Kirche versuchte gar 1921, vor der Unterzeichnung der Lateranverträge mit dem faschistischen Italien als Bedingung die Zerstörung des Bruno-Denkmals zu fordern. Aber selbst Mussolini widerstand 1929 den päpstlichen Zumutungen. Doch dann reagierte der Vatikan prompt mit der Heiligsprechung von Kardinal Roberto Bellarmino, seinerzeit sadistischer Promotor des letzten Prozesses gegen Giordano Bruno. Noch 1942 und 1955 hielten vatikanische Kreise daran fest, dass die Verurteilung von Giordano Bruno zu Recht geschehen sei. Spätes Bedauern der Kirche Man musste bis 1997 warten, um ein gehauchtes mea culpa zu vernehmen. Kardinal Ratzinger, Chef der Nachfolgefirma der Inquisition meinte: "Ein Fehler, der uns zu denken gibt, der uns zu einer Geste des Bedauerns führen sollte..." 1992 wurde Galileo Galilei rehabilitiert, 1993 Kopernikus, 1996 Charles Darwin... und ???? Giordano Bruno? Jean Kaech Grenzgedanken Seifenblasen Die unsägliche Milleniumshysterie ist glücklicherweise vorbei. Dass der Jahrtausendwechsel erst in einem Jahr stattfinden wird, hat die grosse Masse nicht interessiert. Wichtig war nur, dass die langersehnte, symbolbeladene Jahrzahl 2000 nach Christus endlich erreicht worden ist. Mit riesigem Aufwand in Szene gesetzt wurde das Seifenblasen-Spektakel durch die Medien, die zum Beispiel den ersten Sonnenaufgang im Jahr 2000 (welch ein Ereignis!) für die Ewigkeit festhielten. Schon seit längerer Zeit versuchen sich die verschiedenen Medienerzeugnisse unter dem immer grösser werdenden Konkurrenzdruck mit der Aufbauschung von irgendwelchen Banalitäten zu überbieten. Dass dabei die Qualität zwangsläufig auf der Strecke bleiben muss, ist offensichtlich. Aber eben, der heutige Durchschnittskonsument will anscheinend nur noch unterhalten werden. Die von den Journalisten angewandten Mittel sind ihm längst egal geworden. Um von der hinter der bunten und lauten Medienkulisse gähnenden Leere abzulenken, dreht sich das Unterhaltungskarussell für den Konsumenten immer rasanter. Dass sich das Ganze ständig im Kreis dreht, liegt in der Natur der Sache. Davon schwindlig geworden übersieht man leicht die Alternativen, die es trotz dem grassierenden Einschaltquoten- und Auflagenwahn immer noch gibt. In der Presselandschaft zum Beispiel die “Neue Zürcher Zeitung”, die selbstbewusst ihren Weg der Sachlichkeit geht und dabei nicht wie die Konkurrenz der Versuchung verfällt, sich mit Lebensberatungs-, Klatschund Lifestyle-Rubriken sogenannt volksnah zu geben. Sie stellt sich damit quer zum gängigen Massengeschmack und hat mit ihrer Strategie erfreulicherweise Erfolg, was die steigenden Leserzahlen belegen. Ich bin überzeugt, dass auch Qualitätsfernseh- und Radiostationen wirtschaftlich erfolgreich sein könnten, wenn sie sich nur klar dazu bekennen und dies mit intelligenter Eigenwerbung kundtun würden. In einem solchen Umfeld würde Werbung für ein gutes Produkt auch wieder mehr als heute beachtet und durch die steigenden Werbeeinnahmen wäre das Überleben solcher Stationen gesichert. Welcher der mächtigen Medienkonzerne wagt einmal, ein solches Unternehmen auf die Beine zu stellen? Denn die Zahl der Zuschauer und Zuhörer, die vom immer lauter und eintöniger werdenden Medienzirkus die Nase voll haben, wird meiner Ansicht nach in Zukunft stetig wachsen, da bleibe ich hoffnungsvoller Optimist. Peter Bürki FREIDENKER 2/2000 5 Forum Gott ist mir (Sch)ein und alles! Was soll dieser Titel? Nun in Anbetracht der Aufnahme zur Sendung Fohrler life (TV3, 23./24.Dez. 1999) erscheint er mir passend. Die illustre Runde von Heilsarmee, Hare Krishna, Ref. Kirche, Atheisten und Uriella hätte eine gute bzw. lebendige Diskussion ergeben können. Doch die Zeit ist knapp und teuer. Eh man es sich versah, war es auch schon vorbei. Viele, auch vom Publikum, konnten sich meiner Meinung nach ein wenig zuviel äussern. Der Stoff ihrer Aussage ist hinlänglich bekannt, das ewig lächelnde Sprachrohr Gottes ist denn auch Patin für den obigen Titel . Leider konnten wir Freidenker uns nach der Sendung nicht voneinander verabschieden, was ich sehr bedauerte. Wir sollten meiner Meinung nach an solchen Anlässen stärker als Einheit auftreten. Auch wenn die Sendung eher Schlagals Meinungsaustausch war, hoffe ich, dass Jürg, unsere Publikumsverstärkung und ich ein paar Leute zum Nachdenken angeregt haben. Leider bot sich aber kaum die Gelegenheit, uns richtig vorzustellen. Zu guter Letzt noch dies: Uriella betet gerne für Leute, denen dies egal ist, wie mir zum Beispiel. Nun, leider habe ich es verpasst ihr einen störungsfreien Empfang nach oben zu wünschen. Dies hätte sie am allerdringendsten nötig! Silvia Roehri e Die Sammlung von religionskritischen Schriften des 1996 verstorbenen Freidenkers Robert Mächler, herausgegeben und kommentiert von Karlheinz Deschner, wird die im Buchumschlag prophezeite erhebliche Unruhe wohl nicht auslösen. Denn mit fundamentaler Kritik an ihrer Religion lassen sich die "Gewohnheitschristen" nicht aus dem Häuschen respektive aus den Gotteshäusern bringen, da haben es die charismatischen Reformer vom Schlage eines Drewermann oder Küng, die die Kirche zukunftsfähig machen wollen, unendlich leichter. Lesenswert ist das Buch trotzdem. Nicht so sehr der Einführung Deschner’s wegen, die mehr Verwirrung als Ordnung stiftet, sondern dank den klaren, scharfsichtigen und sprachlich ausgefeilten Ausführungen Mächlers. Dieser verleugnet seine religiösen Neigungen und seine Faszination für die Figur Jesu in keinem Moment. Dies hindert ihn aber nicht daran, vor allem das Alte Testament als Hort des Völkermordes, des Rassismus und der Kriegshetze zu entlarven; zum Beispiel die Aufforderung Gottes, "nichts am Leben zu lassen, was Atem hat". Da erscheint einem der aus der gleichen Quelle stammende Leitsatz "Du sollst nicht töten" wie blanker Hohn. Originalton Mächler: "Wenn in den Volks- und Mittelschulen wahrhaftige Bibelkunde Büchertisch und Kirchgeschichte gelehrt würden, wäre es bald zu Ende mit dem Christentum". Mächler schreibt mit Leidenschaft gegen die religiöse Gemütlichkeit an, in der sich das Kirchenvolk eingerichtet hat. Er ringt dem religiösen Volksempfinden zwar einige Sympathie ab, verwehrt ihm aber die geistige Achtung, da es sich dabei um keine persönlich verantwortete geistige Bemühung handle. Mächler zeigt im weiteren auf, dass die Liebe, zu der sich die Christen immer wieder bekennen, vielförmig und irrational ist. Millionen liebten bekanntlich den Duce, den Führer und Väterchen Stalin. Die bemerkenswerteste Aussage des Buches aber, die das Schaffen der beiden Autoren indirekt in Frage stellt, stammt nicht von den erklärten Agnostikern Mächler oder Deschner sondern vom Pantheisten Goethe in einem Brief aus dem Jahre 1788 an Herder: "Das Märchen von Christus ist Ursache, dass die Welt noch 10‘000 Jahre stehen kann und niemand recht zu Verstande kommt, weil es ebenso viel Kraft des Wissens, des Verstandes, des Begriffes braucht, um es zu verteidigen, als es zu bestreiten". Peter Bürki Zehntausend Jahre im christlichen Irrgarten? Zwischen Kniefall und Verdammung. Robert Mächler, ein gläubiger Antichrist. Merlin, Vastorf/Lüneburg, 1999 ISBN: 3926112956 , 39 S., Fr. 38.- "Jesus Christus! Mach die Tür zu! Bist du etwa in einer Scheune zur Welt gekommen?" 6 FREIDENKER 2/2000 Dringende Bitte an unsere Leser/innen √ JungdenkerInnen Freie Nächstes Treffen Montag, 28. Februar 18.30 bis ca. 21.30h Bahnhofbuffet Olten Themen: Werbung, Freidenkerspende 2000 Kontaktpersonen V. Aldridge 061 261 54 27 R. Caspar 031 911 00 39 in den Sektionen Basel (Union) Jeden letzten Freitag im Monat ab 19.00 Uhr Freie Zusammenkunft im Restautrant "Storchen" Basel. Jeden 2. Dienstag im Monat Vorstandssitzung um 19 Uhr in unserem Lokal. Seit dem 1.1.2000 berechnet uns die POST für alle von ihr gemeldeten Adressänderungen Fr.1.50. Um diese vermeidbaren Mehrkosten einzusparen, bitten wir alle Leser, uns Adressänderungen im Voraus zu melden. Adresse, Telefon oder Fax finden Sie im FREIDENKER auf S. 8, unter "Zentralsekretariat". Besten Dank! Der Zentralsekretär Basel (Vereinigung) Sonntag, 27. Februar 2000 Gespräch am runden Tisch 10-12 Uhr Thema: Was ist ein Freidenker? Gastvorsitz: Jean Kaech Bern Rest. Rheinfelderhof (1.Stock) Hammerstr. 61, 4058 Basel Tram 6 &14 „Als mein Kind geboren wurde, war ich sehr traurig“ Spätfolgen des Chemiewaffen-Einsatzes im Vietnamkrieg Ausstellung Der Basler Fotograf Roland Schmid zeigt das aktuelle Gesicht der Agent Orange-Folgen. Die Magnum-Fotografen René Burri (Schweiz) und Marc Riboud (Frankreich) dokumentieren den Krieg von damals. Vu Nath und weitere vietnamesische Fotografinnen und Fotografen schildern heutiges Alltagsleben. Zu sehen sind auch einige der berühmtesten Vietnamkriegs-Fotografien, die das Gewissen der Welt stark beeinflussten. Basel: bis Sonntag 13. Februar 2000, Ausstellungsraum Klingental, Kaserne. Kasernenstr. 22 (den Hof überqueren). Ab Bahnhof SBB Tram Nr. 8 bis Haltestelle Kaserne Olten: 28. April bis 26. Mai 2000, Stadthaus Olten Begleitendes Buch (Ausstellungskatalog) Peter Jaeggi Hrsg. „Als mein Kind geboren wurde, war ich sehr traurig“. Spätfolgen des Chemiewaffen-Einsatzes im Vietnamkrieg Lenos Verlag Basel, 2000 ISBN 3-85787-298-5 160 Seiten, 70 Fotografien, broschiert, Fr. 39.80 Das Buch dokumentiert erschütternde Weise die aktuelle Lage nach 25 Jahren. Zu Wort kommen Opfer und WissenschaftlerInnen aus Vietnam. Es zeigt die Geschichte von Agent Orange und wie sich die Verantwortlichen bis heute aus der Affäre ziehen. Bern Vorankündigung Dienstag, 14. März 2000 Jahres-Hauptversammlung 19 Uhr, Hotel Bern Details in der Einladung Schaffhausen Jeden 3. Donnerstag im Monat, 20.00 Uhr, Freie Zusammenkunft im Rest. "Falken", Schaffhausen Winterthur Mittwoch, 2. Februar 2000 Mittwochstamm 20 Uhr Restaurant "Casino", Winterthur Zürich Dienstag, 8. Februar 2000 Freie Zusammenkunft 14.30 Uhr Thema: "Faszination Weltall" zur Veranstaltung vom Nov. 1999 Restaurant "Cooperativo" Strassburgstr. 5 Vorankündigung Samstag, 1. April 2000 Generalversammlung Restaurant Vorderberg Details in der Einladung FREIDENKER 2/2000 7 FVSFreidenker-Vereinigung der Schweiz Mitglied der Weltunion der Freidenker und der Internationalen Humanistischen und Ethischen Union Trauer Redner Basel (Vereinigung) 061/421 67 87 oder 061/42112 80 Basel (Union) 061/321 39 30 oder 061/601 03 23 Bern 031/312 04 07 oder 031/372 56 03 Grenchen 076/53 99 301 oder 032/645 38 54 Luzern und Innerschweiz 041/420 45 60 oder 041/360 50 45 Schaffhausen 052/685 13 62 St. Gallen 052/337 22 66 Vaud Waadt 026/660 46 78 ou 022/361 37 12 Winterthur und Thurgau 052/337 22 66 Zürich Natel 079/646 20 64 Zentralsekretariat FVS 052/337 22 66 falls unter der regionalen Nummer niemand zu erreichen ist. Regional- und Orts- Gruppen Freidenker-Vereinigung Sektion Basel und Umgebung *auch Fax Postfach 302, 4012 Basel Präsidium: Y. Andrek 061/401 35 19* Vizepräsident: E. Meuli 061/681 27 71 Kassier: R. Wenger 061/692 86 27* Sekretariat: H. Bamert 061/731 19 46* Mitgliederdienst: R. Frey 061/421 12 80* Bestattungen: L. Bloch 061/421 67 87* Freidenker-Union Region Basel USF Postfach 4471, 4002 Basel Präsident: 061/312 47 54 Auskünfte/Informationen: 061/321 39 30 oder 061/601 03 23 Mitgliederdienst/Krankenbesuche/ Bestattungen: 061/321 39 30 Postkonto: 40-4402-5 Bestattungsfonds: 40-4007-5 Association vaudoise de la Libre Pensée Case postale 131, 1000 Lausanne 17 Secrétariat: 026/660 46 78 Président: J.P Ravay 022/361 94 00 Ortsgruppe Winterthur Büelrain 4, 8545 Rickenbach ZH 052/337 22 66 (J.L. Caspar) Ortsgruppe Zürich Postfach 7210, 8023 Zürich Präsident: W. Strebel 055/414 23 63 Familiendienst: M. Dobler 01/341 38 57 FREIDENKER - BIBLIOTHEK Zürich, im Sozialarchiv Stadelhoferstr. 12 (Nähe Bellevue) Bücherausgabe: Mo. - Fr. 10–20 Uhr Sa. 10–13 und 14–16 Uhr Auskunft: Tel. 01/251 80 66 FREIDENKER - BIBLIOTHEK Basel, Burgunderstr. 8-10 im Hof, Parterre Hinterhaus, Tram 6 und Bus 33/37 Station Schützenmattstrasse jeden zweiten Dienstag im Monat, 19-21 Uhr, oder nach Vereinbarung Tel. 061/321 39 30 oder 601 03 23 Ortsgruppe Bern Postfach, 3001 Bern Familiendienst: 031/372 56 03 (Kaech) oder 031/901 31 13 (Lehmann) Lyss-Seeland-Biel 032/392 33 30 (Lanz) Libre Pensée de Genève Case postale 189, 1211 Genève 16 022/756 40 49 (tél. et fax) J.P. Bouquet Sektion Grenchen und Umgebung Postfach 451, 2540 Grenchen Auskünfte: Peter Hess, Präsident: 032/645 38 48 oder 076/376 38 48 Mitgliederdienst/Krankenbesuche: Lotti Höneisen: 076 53 99 301 Regionalgruppe Luzern-Innerschweiz Präsident: E. Ochsner 041/440 76 36 Postfach 2908, 6002 Luzern Sektion Mittelland Postfach 637, 4600 Olten Präsident: Willi Zollinger 062/293 39 30 Freidenker Schaffhausen Postfach 186, 8222 Beringen 052/685 13 62 (Marcel Bollinger) Regionalgruppe St. Gallen Postfach 613, 9001 St. Gallen 071/351 29 81 (S. Breitler) FVS Zentralsekretariat Zentralkasse Büelrain 4 8545 Rickenbach ZH Tel. 052/337 22 66 Fax 052/337 22 20 Internet: http://www.freidenker.ch Postkonto: Winterthur 84-4452-6 Zuschriften an den Vorstand, Auskünfte, Adressänderungen, Materialbestellungen Adressänderungen an Postfach 14, 8545 Rickenbach Impressum Redaktion Reta Caspar im Täli19 Tel. 031/911 00 39 3052 Zollikofen e-mail: reta.caspar@swissonline.ch Redaktionsschluss 15. des Vormonats Jahresabonnement Schweiz: Fr. 25.– inkl. Porto Ausland: Fr. 30.– inkl. Porto (B-Post) Probeabonnement 3 Monate gratis Bestellungen, Adressänderungen und Zahlungen bitte an das Zentralsekretariat FVS. 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