Trennung von Staat und Kirche:
Wir beteiligen uns am politischen Diskurs, indem wir die verschiedenen kirchlichen Privilegien offenlegen und nehmen regelmässig an öffentlichen Veranstaltungen mit meinungsbildendem Charakter teil.
Die FVS tritt für eine Trennung von Staat und Kirchen ein. Religiöse Gruppen sollen sich - wie andere weltanschauliche Gemeinschaften - ohne staatliche Privilegierung dem freien Wettbewerb der Weltanschauungen und Meinungen stellen.
Die Trennung von Staat und Kirchen ist sowohl ein Zustand als auch ein Prozess. Sie ist aber auch ein Prozess, der darin besteht, dass bestehende Verbindungen zwischen Staat und Kirchen fortschreitend abgebaut werden. Bereits im vorhergehenden Jahrhundert wurde z.B. eine Trennung auf dem Gebiete des Zivilstandswesens vollzogen. Wir Freidenkenden begrüssen und unterstützen diese Entwicklung.
Die Trennung von Staat und Kirchen bedeutet insbesondere
- Verzicht auf die finanzielle Unterstützung der Kirchen mit staatlichen Geldern
- Keine Erhebung von Kirchensteuern durch den Staat
- Keinen religiösen Unterricht durch staatliche und in staatlichen Schulen
- Verzicht auf religiöse Symbolik im staatlichen Bereich.
Die FVS verkennt nicht, dass die Kirchen teilweise soziale Aufgaben übernommen haben. Ob und wieweit der Staat soziale Aufgaben an nichtstaatliche Organisationen delegieren und diese Organisationen dafür subventionieren will, ist eine Frage der Politik und der Zweckmässigkeit, zu der sich die FVS nicht äussert. Bei der Trennung von Staat und Kirchen könnten sich religiöse Gruppen gleichberechtigt mit anderen privaten Organisationen um die Übernahme solcher Aufgaben und entsprechende staatliche Mittel bewerben.
Die FVS ist sich bewusst, dass unsere Kultur, wie jede andere Kultur, über Jahrhunderte von den jeweils herrschenden Religionen geprägt wurde. So wählten Künstler oft religiöse Elemente als Gegenstand ihres Schaffens. Unser kulturelles Erbe ist davon geprägt. Es wäre sinnlos und barbarisch, diese religiösen Spuren aus dem Kulturerbe tilgen zu wollen. Wir sind keine Bilderstürmer.
Die Trennung von Staat und Kirchen bedeutet auch Freiheit für die Kirchen. Die Kirchen könnte ihre Weltanschauung nach der Trennung ungehindert von staatlichen Bindungen und Rücksichtnahmen vertreten. Wir FreidenkerInnen anerkennen das Recht jeder Gruppe, aus ihrer Weltanschauung heraus Stellung zu gesellschaftlichen und religiösen Fragen zu nehmen. Solche Stellungnahmen setzen aber die Unabhängigkeit von Staat voraus. Die Trennung von Staat und Kirchen bedeutet die Gleichberechtigung religiöser Gruppen untereinander. Wir begreifen nicht, weshalb im Zeitalter der Ökumene christliche Kirchen Vorrechte gegenüber anderen christlichen oder nicht-christlichen Religionsgemeinschaften beanspruchen können.
Oft berufen sich die Kirchen auf historische Rechtsansprüche am früheren Kirchenbesitz, der während und nach der Reformation säkularisiert wurde. Wir Freidenkenden weisen solche Ansprüche entschieden zurück. Es ist unverständlich, dass sich die Kirchen auf z.T. feudale Rechte aus dem Mittelalter berufen. Eine Entschädigung der Kirchen für Feudaleinkünfte ist genauso widersinnig wie eine Entschädigung des Adels oder des städtischen Patriziats. Es gibt Rechte und Ansprüche, die durch historische Entwicklungen überholt sind. Niemand verlangt heute Schadenersatz für die Menschenrechtsverletzungen der Kirchen in der Vergangenheit.
Die Trennung von Staat und Kirchen muss in einer sozialverträglichen Weise vollzogen werden. Angemessene Übergangsfristen und -regelungen sind für uns durchaus akzeptabel. Wir fordern keine Strafaktion, sondern Gerechtigkeit und Gleichberechtigung.
Die Trennung von Staat und Kirchen ist ein zusätzlicher Damm gegen fundamentalistische Strömungen. Die jetzige Verknüpfung von Staat und Kirchen bietet gewissen fundamentalistischen Gruppen eine Scheinlegitimation für ihren Anspruch, religiöse Normen und Moralvorstellungen in der staatlichen Gesetzgebung festschreiben zu wollen.
In jüngster Zeit fordern auch konservative politische Kreise die Trennung von Staat und Kirchen. Dies deshalb, weil Exponenten der Kirchen Stellungnahmen abgaben, die diesen Kreisen nicht passen. Die Drohung mit der Trennung von Staat und Kirchen ist für die politische Rechte ein Drohmittel gegen politisch unbequeme Kirchen. Die Freidenkenden vertreten die Forderung der Trennung von Staat und Kirchen losgelöst von der politischen Tagesaktualität. Sie haben aber auch keine Bedenken, andere Gruppen ungeachtet deren Motivation bei Trennungsmassnahmen zu unterstützen. Die FVS wird aber in solchen Auseinandersetzungen ihre eigenen Argumente aufgrund ihrer humanistischen und freiheitlichen Weltanschauung deutlich vertreten. Sie wird nicht Argumente übernehmen, die mit ihrem eigenen Gedankengut unvereinbar sind.
Verabschiedet an der Delegiertenversammlung der FVS vom 26. April 1992
Eidgenossenschaft
Das Verhältnis Staat-Kirchen ist gemäss Bundesverfassung Angelegenheit der Kantone. Aber auch auf nationaler Ebene ist die Laizität in der Schweiz nicht vollständig verwirklicht. Neben der Präambel der Verfassung finden wir auch im sogenannten "Schweizer Psalm" noch Anrufungen des christlichen Gottes und auch auf dem Fünfliber wird im 21. Jahrhundert der Name eines Gottes eingeprägt. Nachdem die Verfassung von 1991 mit einigen alten Zöpfen aufgeräumt hatte, hat sich mit dem Minarettverbot eine neue religionsspezifische Bestimmung eingeschlichen. Des weiteren verlangen Motionen den verfassungsmässigen Schutz des Kruzifixes etc. pp.
Parteien
Neben der Piratenpartei, die in verschiedenen Kantonen antritt, und die 2010 die Laizität mit klaren Forderungen ins Parteiprogramm aufgenommen hat, ist es im Kanton Zürich vor allem die neue Liste der Konfessionslosen, die das Anliegen in den Nationalrat tragen will. Im Parteiprogramm der SP steht seit 2010: „Seit der Aufklärung bilden die Menschenrechte die Grundlage unserer Gesellschaft. Die SP setzt Irrationalismus und religiösem Fundamentalismus das Modell einer pluralistischen Gesellschaft im laizistischen Staat entgegen, das von der Würde und Freiheit des Individuums ausgeht und dieses zur Achtung der Menschenrechte verpflichtet. Staat und öffentliches Bildungswesen sollen gegenüber allen Religionen strikte Neutralität wahren, auf Vorgaben zum «richtigen» Glauben verzichten und in öffentlichen Gebäuden und Schulen das Zurschaustellen religiöser Symbole unterbinden.“ Dies dürfte allerdings kaum Auswirkung auf die landeskirchenfreundliche Haltung ihrer VertreterInnen im Parlament haben.
Kantone
Rechtssammlung der Kantone
auf der Webseite der Uni Fribourg:
http://www.unifr.ch/ius/religionsrecht_de/dienstleistungen/rechtssammlung/kantone