Achse der Religiösen?

Tony Blair ruft zum Kampf gegen die Säkularen

In seiner Rede "A Globale Agenda for Chage" sagte Tony Blair, der als erster "Europäischer Präsident" gehandelt wird:

“We face an aggressive secular attack from without. We face the threat of extremism from within.” Arguing that there was “no hope” from atheists who scorn God, he said the best way to confront the secularist agenda was for all faiths to unite against it. “Those who scorn God and those who do violence in God’s name, both represent views of religion. But both offer no hope for faith in the twenty first century.”

http://tonyblairoffice.org/2009/10/this-is-the-full-text.html

Achse der Religiösen?

In der Schweiz gibt es seit Mitte Mai 2006 einen "Rat der Religionen". Aus sechs Männern besteht er derzeit, dieser Rat, der anstelle des Kampfes den Dialog der Religionen in der Schweiz vorantreiben will, oder eine Achse der drei abrahamitischen, monotheistischen Religionen?

Würden die religiösen Chefs einfach unter sich parlieren und den inter-religiösen Dialog und Frieden pflegen, wäre nichts dagegen einzuwen-den.

Problematisch wird es jedoch, wenn sie sich als religionspolitische Kraft formieren und sich der Politik als ethisch-religiöse Instanz anbieten.

Problematisch erstens, weil sie unter dem Namen "interreligiöser Dialog" nur jenen innerhalb der abrahamitischen Religionen verstehen – andere Religionen und Weltanschauungen wie etwa den Buddhismus oder auch die Freidenker ausschliessen.

Problematisch zweitens, weil sie auf diese Weise ihre (schwindende) politische Macht in einer Achse bün-deln und Einfluss nehmen wollen. Hier drohen letztlich amerikanische Verhältnisse, indem die Zugehörigkeit zu einer bekennenden Kirche zur Voraussetzung für eine PolitikerInnen-Laufbahn werden könnte. Problematisch drittens, weil sie – als teilweise staatlich finanzierte Kirchen – Religionspolitik betrieben wol-len und wohl bald die Initiative für einen Religionsartikel in der Bundes-verfassung lancieren werden – auch mit unseren Steuergeldern!

Problematisch schliesslich, weil sie sich der Politik und der Öffentlichkeit nicht nur als religiöse sondern auch als ethische Instanz anbieten und sich auf die alte und haltlose Behauptung, dass es keine Ethik ohne Religion geben kann, stützen.

Alles in allem eine problematische Sache... Möglicherweise neutralisieren sich die Vertreter in endlosen Debatten und wenig aussagekräftigen Pressecommuniqués. Möglicherweise wird der Rat der Religionen auch instrumentalisiert für die Lobbyarbeit der Juden in Sachen Schächtungsverbot und der Muslime in Sachen öffentlich-rechtliche Anerkennung, muslimische Friedhöfe und staatliche Imam-Ausbildung.

Schlechtestenfalls stehen wir am Anfang einer neuen Runde im Kampf zwischen Religion und Aufklärung, der derzeit auch weltweit aufscheint, wenn in einem Brief der iranische Präsident den amerikanischen in einer religiösen Sprache öffentlich zum Kampf gegen die freiheitlichen Ideale der "Gottlosen" aufruft – zur internationalen Achse der Religiösen.

Die Anliegend der FVS sind in diesem Kontext aktueller denn je – und die FVS ist bereit, die Interessen der Konfessionsfreien zu vertreten. Weil dabei mit ungleichen Spiessen gefochten wird, müssen wir noch mehr Unterstützung finden – personell und finanziell. ZV und Geschäftsstelle arbeiten daran.

Reta Caspar in FREIDENKER 6/2006