Aus der Kirche austreten – in den meisten Kantonen ganz einfach
Jede Person hat das verfassungsmässige Recht, jederzeit und mit sofortiger Wirkung aus der Kirche auszutreten.
Wir beschreiben hier das Vorgehen für die staatlich anerkannten Kirchen.
Der Kirchenaustritt
- Schicken Sie einen eingeschriebenen Brief an die Pfarrei Ihres Wohnortes (Ausnahme Kt. Wallis: an die Taufpfarrei). Es empfiehlt sich, zusätzlich dem Steueramt der Wohngemeinde eine Kopie zuzustellen.
- Bewahren Sie die Bestätigung des Kirchenaustrittes bei Ihren persönlichen Akten auf. Es kann sein, dass Sie bei einem Umzug in der neuen Wohngemeinde nachweisen müssen, dass Sie ausgetreten sind.
Wir bieten Ihnen einen Standardbrief an. Jede erwachsene Person kann damit für sich und allfällige minderjährige Kinder per sofort den Austritt erklären.
Einige Kantone sehen eine Bedenkfrist vor. Doch auch bei einer solchen Vorgabe ist der Austritt rückwirkend per Erklärungsdatum gültig. Die Kirchensteuer ist nur bis zu diesem Tag geschuldet, nicht für das ganze Kalenderjahr. Dies hat das Bundesgericht 1978 ausdrücklich festgehalten.
Gerne weisen wir an dieser Stelle auch auf die Webseite vertragshilfe.ch hin: Hier kann ganz einfach und unkompliziert ein Austrittsschreiben erstellt werden. Die Dienstleistung ist kostenlos und die Daten werden nach maximal einer Stunde wieder gelöscht (siehe Datenschutzerklärung, Abs. 5).
Kantonale Spezialitäten
Wallis
Seit 2011 ist gemäss Weisungen des Bistums für KatholikInnen die Taufgemeinde zuständig.
St. Gallen
Im Kanton St. Gallen verlangen die Kirchen (mit dem "Segen" des Bundesgerichts von 1978 – BGE 104 Ia 79) eine amtlich beglaubigte Unterschrift. Diese erhalten Sie auf Ihrer Einwohnergemeinde.
Appenzell-Ausserrhoden
Auch im Kanton Appenzell-Ausserrhoden wird für den Austritt aus der römisch-katholischen Kirche eine amtlich beglaubigte Unterschrift verlangt. Der Ausritt aus der reformierten Kirche ist ohne Beglaubigung möglich.
Achtung: Austritt via Umzug reicht nicht mehr!
Durch die Abmeldung auf der Gemeindeverwaltung verlassen Sie auch die entsprechende Kirchgemeinde. Wenn Sie bei der Neuanmeldung in der neuen Wohngemeinde die Frage nach der Kirchenmitgliedschaft auf dem Anmeldeformular mit konfessionsfrei o. ä. bezeichnen, sollten Sie dort nicht mehr als Kirchenmitglied registriert werden.
Dieser so genannte “stille Kirchenaustritt” ist in der Schweiz mit Inkraftsetzung des Registerharmonisierungsgesetzes per 1.1.2008 beim Inlandumzug allerdings praktisch verunmöglicht. Darin werden die Kantone verpflichtet, dafür zu sorgen, dass u. a. die "Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlich oder auf andere Weise vom Kanton anerkannten Religionsgemeinschaft” wie alle anderen minimalen Registerdaten beim Umzug an die neue Wohngemeinde weitergemeldet werden. Faktisch bedeutet dies, dass die BürgerInnen jederzeit eine Bestätigung vorweisen können müssen, dass sie ausgetreten sind.
Antworten auf häufige Fragen
Wie erfahre ich, ob ich einer anerkannten Kirche angehöre? Zeige mehr
Unter 16-Jährige wissen oft nicht, ob sie als Kirchenmitglied erfasst sind. Zivilstandsämter tragen bei Geburten und beim Zuzug in der Regel automatisch die Konfession der Eltern ein, vor allem wenn beide Elternteile dieselbe haben. Hier hilft nur Nachfragen auf der Einwohnerkontrolle. Über 18-Jährige sehen in ihrer Steuererklärung, ob sie nach Ansicht des Staates einer anerkannten Kirche angehören. Wer nicht konfirmiert wurde, kann sich dagegen wehren, als reformiert zu gelten.
Korrekt ist eine Praxis, wie z. B. beim Einwohneramt St. Gallen (Auskunft vom 10. Mai 2012)
Das Einwohneramt erhält vom Zivilstandsamt eine Mitteilung, dass ein Kind geboren wurde. Auf Grund dieser Mitteilung schreibt es die Eltern an, welche Konfession sie für das Kind wünschen. Kommt von den Eltern keine Rückmeldung, wird im Einwohnerregister das Merkmal „ohne Konfession“ eingegeben. Die Einwohnerämter nehmen Mutationen nur anhand von Mitteilungen der Jugendlichen (ab 16) bzw. der Eltern (vor 16) – nicht der Kirchen – vor. Es gibt aber leider auch andere Erfahrungen: http://www.beobachter.ch/justiz-behoerde/buerger-verwaltung/artikel/religion_reformiert-wider-willen/
Umzug nach Deutschland: Falls Sie einen Umzug nach Deutschland planen, ist es ratsam, den Kirchenaustritt noch in der Schweiz zu vollziehen und die Bestätigung mitzunehmen. Insbesondere in Berlin werden ZuzügerInnen von der evangelischen Kirche systematisch wegen Steuern verfolgt: http://hpd.de/artikel/11243
Zu welcher Kirchgemeinde gehöre ich? Zeige mehr
Als Kirchenmitglied sollten Sie sporadisch Schreiben Ihrer Kirche erhalten. Darauf ist die zuständige Kirchgemeinde ersichtlich. Die lokalen Kirchgemeinden sind oft auch auf der Webseite der politischen Gemeinde aufgeführt. Und sonst Namen der Wohngemeinde und "reformierte Kirche" bzw. "katholische Kirche" in eine Suchmaschine eingeben.
Ich bin aus dem Ausland zugezogen – wohin muss ich das Austrittsschreiben schicken? Zeige mehr
An die Kirchgemeinde der jetzigen Wohngemeinde.
Wenn Sie sich bei der Anmeldung in der jetzigen Wohngemeinde nicht als einer Konfession zugehörig angemeldet haben, sind sie “still” ausgetreten und müssen nichts unternehmen, solange Sie in der Schweiz wohnhaft bleiben. Zur Sicherheit kontrollieren Sie Ihre Steuerrechnung, dort ist in der Regel die Konfession vermerkt.
Achtung: In den Kantonen Waadt und Wallis wird keine Kirchensteuer erhoben. Die Kirchen werden aus allgemeinen Steuermitteln finanziert. Wer keiner Kirche angehört, kann (und muss jährlich immer wieder) den Gemeindeanteil zurückfordern. im Kt. Wallis ist seit 2011 gemäss Weisungen des Bistums für KatholikInnen die Taufgemeinde zuständig für die Bestätigung des Kirchenaustritts.
Achtung: Wenn Sie aus Deutschland zugezogen sind, müssen Sie bei einer Rückwanderung bei der Anmeldung in Deutschland darauf achten, dass Sie dort Ihren Austritt bei der Anmeldung erklären. In Deutschland muss man dafür eine Bestätigung haben, sonst drohen Steuernachforderungen. ARD-Beitrag aus dem Jahr 2010 zum Kirchenaustritt in Deutschland: http://daserste.ndr.de/panorama/media/panorama462.html
Ab wann ist der Austritt gültig? Zeige mehr
Für Ihre Steuerpflicht massgebend ist das Datum des Eingangs Ihrer Erklärung bei der Kirchgemeinde. (Bundesgerichtsentscheid: BGE 104 Ia 79) . (Für den Tag des Eingangs der Erklärung gilt die Steuerpflicht noch: Bundesgerichtsentscheid 2C_382/2008 vom 12.11.2008)
Es ist empfehlenswert, eine Kopie des Schreibens an die Steuerbehörde der Wohngemeinde zu schicken. Bei Ihrer Steuerrechnung sollten Sie auf jeden Fall kontrollieren, dass die Kirchensteuer pro rata auf Ihren Erklärungszeitpunkt abgerechnet wird.
Achtung: In den Kantonen Waadt und Wallis wird keine Kirchensteuer erhoben. Die Kirchen werden aus allgemeinen Steuermitteln finanziert. Wer keiner Kirche angehört, kann (und muss jährlich immer wieder) den Gemeindeanteil zurückfordern.
Ich kenne mein Taufdatum und meinen Taufort nicht, was soll ich tun? Zeige mehr
Diese Angaben sind für eine wirksame Austrittserklärung nicht nötig. Erfahrungsgemäss insistieren viele katholische Pfarreien auf diesen Angaben – ob aus Unkenntnis oder aus Schikane bleibe dahin gestellt. Schreiben Sie, dass Sie das nicht wissen und auf eine Meldung an die Taufgemeinde keinen Wert legen. Bewahren Sie unbedingt das Bestätigungsschreiben der Kirchgemeinde auf, damit Sie den Austritt jederzeit beweisen können, z.B. gegenüber Deutschen Steuerbehörden.
Achtung: im Kt. Wallis ist seit 2011 gemäss Weisungen des Bistums für Katholiken die Taufgemeinde zuständig für die Bestätigung des Kirchenaustritts.
Wer erfährt von meinem Kirchenaustritt? Zeige mehr
Die Weltanschauung gehört zu den besonders schützenswerten Personendaten. Behörden dürfen sie nur registrieren, wenn sie sie zur Verarbeitung benötigen und müssen sicherstellen, dass diese Daten nur für berechtigte Personen einsehbar sind. Vom Kirchenaustritt sollten also nur Personen auf Einwohner- und Steuerämtern erfahren, und natürlich die Personen, die in den Kirchen die Administration von Personendaten verantworten.
Treten meine Kinder automatisch mit aus? Zeige mehr
Kinder über 16 Jahre entscheiden selber über ihre Mitgliedschaft. Für Kinder unter 16 Jahren entscheiden die Eltern und können sie im gleichen Schreiben mit austreten lassen. Wenn ein Kind austreten soll, ist es ratsam, beide Eltern unterschreiben zu lassen, resp. das Kind auf der Austrittserklärung beider Eltern aufzuführen.
Achtung: Treten die Eltern in einer Zwei- oder Einelternfamilie aus der Kirche aus, während für die minderjährigen Kinder keine Austrittserklärung abgegeben wird, bleibt gemäss Urteil des Bundesgerichtes von 2010 die anteilsmässige Kirchensteuerpflicht der Kinder bestehen. Bis zu diesem Urteil wurde in der Regel von einer Kirchensteuerpflicht der Eltern für die Kinder abgesehen. BGer Urteil 2C_510/2010 vom 13. Dezember 2010
Kann ich mein Kind konfirmieren/firmen lassen, wenn ich nicht Kirchenmitglied bin? Zeige mehr
Wer mit seinem Kind den Übergang vom Kindesalter zum Jugendlichen ohne religiösen Bezug feiern möchte, kann eine weltliche Ritualbegleiterin oder einen weltlichen Ritualbegleiter der Freidenkenden beauftragen, siehe humanistische-rituale.ch. Jugendweihen sind in Teilen Deutschlands sehr populär.
Wer trotz eigenem Kirchenaustritt sein Kind konfirmieren bzw. firmen lassen möchte, muss sich bei der zuständigen Kirchgemeinde erkundigen. Diese können für konfessionsfreie Eltern Gebühren vorsehen. Voraussetzung für die Konfirmation/Firmung ist eigentlich die Taufe, die bei Ungetauften üblicherweise in die Zeremonie integriert wird.
Hat mein Austritt Auswirkungen auf eine allfällige Taufe unserer Kinder? Zeige mehr
Die FVS bietet Mitgliedern und Nichtmitgliedern weltliche Willkommensfeiern an. Ritualbegleitende helfen, eine persönliche Zeremonie zu gestalten, mit der das Kind begrüsst und willkommen geheissen wird.
Wo und wie kann ich nach einem Austritt feierlich eine Ehe schliessen? Zeige mehr
Die Eheschliessung ist ein zivilrechtlicher Akt auf dem Standesamt. Die Ritualbegleiter der Freidenkenden bieten Mitgliedern und Nichtmitgliedern eine weltliche Trauungszeremonie an.
Wollen Sie dennoch kirchlich heiraten, ist dies meist dann kein Problem, wenn ein Partner Mitglied der entsprechenden Kirche ist. Die Details liegen aber im Ermessen der Kirchgemeinden.
Wenn Sie als Konfessionsfreie Person eine Katholikin oder einen Katholiken heiraten wollen, ergibt sich ein theoretisches Problem, als eine katholische Ehe einen Vertrag nach kanonischem Recht darstellt. Darin verpflichten sich die Ehegatten u.a. schriftlich, die Kinder katholisch aufzuziehen. Diese Klausel ist staatsrechtlich ungültig (ZGB 303) – Sie können sie also ohne rechtliche Folgen unterzeichnen. Als Paar sollten Sie sich aber einig sein über die Bedeutung, die Sie der religiösen Erziehung beimessen wollen.
Kann mein/e Partner/in / können meine Kinder in der Kirche Mitglied bleiben? Zeige mehr
Ja, das können sie. Die Mitgliedschaft ist eine persönliche Angelegenheit. Deshalb muss auch jede erwachsene Person eigenständig austreten. Für unmündige Kinder können erziehungsberechtigte Eltern den Austritt erklären.
Kann ich meine Taufe rückgängig machen? Zeige mehr
Ihre Taufe wurde im Taufbuch der entsprechenden Pfarrei festgehalten. Dort werden auch spätere Handlungen wie Firmung etc. notiert.
Eine Löschung des Eintrages ist nicht möglich, das würde ja auch die historische Tatsache der Taufhandlung verfälschen.
Sie können jedoch einen Vermerk bei Ihrem Eintrag verlangen, z.B. «Ist am …… aus der Kirche ausgetreten.»
Mit diesem Anliegen wenden Sie sich am besten an das zuständige Pfarramt.
Katholische Kirchgemeinden melden teilweise den Austritt direkt an das zuständige Pfarramt. Deshalb sind in unserem Standardschreiben auch die entsprechenden Daten enthalten.
Welche Folgen hat der Austritt auf meine Beerdigung? Zeige mehr
Friedhöfe sind staatliche Einrichtungen. Jeder Mensch hat das Recht, auf einem öffentlichen Friedhof bestattet zu werden.
Grössere Friedhöfe haben oft Abdankungsräume, die von jedermann für eine Abschiedsfeier genutzt werden können. In gewissen Gemeinden kann dafür auch die Kirche gemietet werden. Die FVS bietet Mitgliedern und Nichtmitgliedern eine weltliche Abschiedsfeier an.
Wie deutet die Kirche den Austritt? Zeige mehr
Bei den Reformierten ähnelt die Mitgliedschaft trotz der öffentlich-rechtlichen Anerkennung derjenigen eines Vereins: Wer seinen Austritt bekundet, ist nicht mehr Mitglied. Punkt.
Bei den Katholiken ist die Sache verworrener – sie lassen ihre Schäfchen nur ungern ziehen und berufen sich dabei auf ihr eigenes Regelwerk, das kanonische Recht. Ein Vermerk des Austritts im Taufbuch könnte die kanonische Nichtzugehörigkeit zur katholischen Glaubensgemeinschaft bezeugen (beispielsweise nach Übertritt in eine andere Glaubensgemeinschaft) und damit gemäss can. 1117 auch von der kanonischen Formpflicht bei der Eheschliessung entbinden. Gewisse Autoren gehen hingegen davon aus, dass Sie selber nach kanonischem Recht gar nicht austreten können, sondern ausgeschlossen werden müssten wegen Schisma, Häresie oder Apostasie. Andere Autoren meinen wiederum, dass auch der Katholik selber sein Schisma via Austrittserklärung schriftlich erklären kann.
Kirchenaustritt aus Sicht der katholischen Dogmatik
Aus dogmatischer Sicht bleibt der/die einmal katholisch Getaufte sein Leben lang Katholik/in: "In jedem Fall bleibt klar, dass das sakramentale Band der Zugehörigkeit zum Leib Christi, der die Kirche ist, aufgrund des Taufcharakters ein ontologisches Band ist, das fortdauert und wegen des Aktes oder der Tatsache des Abfalls nicht erlischt.“ (Zitat aus Von Papst Benedikt XVI. approbiertes Schreiben des Päpstlichen Rats für die Gesetzestexte vom 13. März 2006 zum so genannten “Kirchenaustritt” als Formalakt).
Partieller Kirchenaustritt
Das Bundesgericht hat 2007 entschieden, dass der Austritt aus der katholischen Landeskirche bei gleichzeitiger Beibehaltung der Konfession zulässig sein muss. BGer 16.11.2007 2P.321/2006