Verbohrt für immer? – die katholische Kirche und die Ehe für alle

Abdruck der Kolumne von Andreas Kyriacou auf nau.ch. Diesmal zu Bischof Bonnemain und seinen Vorstellungen der "Bio-Ehe".

AktivistInnen der Kampagne "Ehe für Alle" vor dem Bundeshaus (Bild: ehefueralle.ch)
AktivistInnen der Kampagne "Ehe für Alle" vor dem Bundeshaus (Bild: ehefueralle.ch)

Die Churer Filiale der katholischen Kirche hat ein neues Kadermitglied. Eigentlich verdient das kaum Schlagzeilen. Da dem neuen Bischof aber alle das Mikrofon hinhalten, muss man nun halt doch auf ihn eingehen und zur Gegenrede ansetzen…

Beim Bistum Chur, dem auch die Zürcher Katholikinnen und Katholiken untertan sind, gab es im März an der Spitze einen Wechsel. Neu laufen die Fäden der Macht nicht mehr beim Piusbruder Vitus Huonder zusammen, sondern bei Joseph Bonnemain, welcher der ebenso erzkonservativen Gemeinschaft Opus Dei angehört.

Die beiden Herren mögen sich spinnefeind sein, doch eines haben sie gemein: Sie möchten ihre clubinternen Verhaltensvorgaben in der ganzen Gesellschaft durchgesetzt sehen. Und so fühlt sich der neue Bischof von Chur bemüssigt, sich zur Ehe für alle zu äussern. Da ihm die Medien brav das Mikrofon hinhalten, erhält seine Privatmeinung nun Gewicht.

Von wegen «Liebe für immer»

In der NZZ erklärte Bonnemain, wenn die Ehe für alle an der Urne durchkomme, solle man sich überlegen, «vielleicht die aus der Bibel begründete Partnerschaft von Mann und Frau neu zu benennen». Als Möglichkeit nannte er die Begriffe «Liebe für immer» oder «Bio-Ehe».

Die Aussage ist derart rundum grotesk - man staunt, dass Bonnemain nicht selbst sieht, dass er damit höchstens noch ein paar versprengte katholische Extremisten und Fundamentalisten weiterer religiöser Geschmacksrichtungen abholt.

Bekanntlich werden vier von zehn Ehen geschieden - auch bei den restlichen bleibt die Liebe wohl oftmals nicht für immer erhalten. Und biologisch ist an der Ehe ohnehin nichts. Sie ist ein Ergebnis unserer kulturellen Entwicklung, so wie Oblaten, Steuerbehörden, Parkplätze oder Ländlermusik. Und wie bei den anderen «Kulturgütern» gehen die Meinungen über deren Nützlichkeit auch bei der Ehe weit auseinander.

Sechs von sieben Eheschliessungen ohne kirchlichen Segen

Was aber klar ist: Die Ehe hat für allermeisten wenig bis nichts mit Religion zu tun. Nehmen wir als Beispiel den Kanton Zürich: Noch sind etwa 60% der Einwohnerinnen und Einwohner formal Mitglied einer Landeskirche. Aber sechs von sieben Paaren verzichten auf eine kirchliche Trauung. Die meisten von ihnen dürften ihre Hochzeit wohl durchaus feiern, einfach unter Freunden oder mit einem Ritualbegleiter oder einer Ritualbegleiterin, der oder die mit Religion nichts am Hut hat. (Ein passendes Angebot haben unter anderem die Freidenkenden, siehe humanistische-rituale.ch.)

Joseph Bonnemain und seine Churer Brüder im Geiste sollen sich natürlich wie alle anderen Einwohnerinnen und Einwohner zur Ehe für alle äussern dürfen. Nur weil ihnen die Mehrheitsmeinung nicht passt, wird die Ehe indessen sicher nicht umbenannt. Aber vielleicht ist es an der Zeit, ihre aus der Bibel begründete Ideologie umzutaufen. Ich sehe als Möglichkeit «verbohrt für immer» oder «Aggro-Glauben».

Diese Kolumne erschien zuerst auf nau.ch