Religionsfreiheit von Kindern

Die Religionsfreiheit von Kindern wird in der Schweiz noch kaum diskutiert.

Das Schweizerische Zivilrecht (Art. 303 ZBG) statuiert das Erziehungsrecht der Eltern in religiösen Fragen. Erst mit 16 Jahren gelten demnach hierzulande  junge Menschen als "religionsmündig". Die FVS möchte dieses Religionsmündigkeitsalter senken.

Die UNO-Kinderrechtskonvention (Art. 14) statuiert das Recht des Kindes auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit und beschränken das Recht von Eltern darauf, das Kind bei der Ausübung seines Rechts in einer seiner Entwicklung entsprechenden Weise zu leiten.

Erste Ergebnisse einer kürzlich publizierten Befragung von Jugendlichen zwischen 13 und 16 Jahren zeigen, dass die Jugendlichen entsprechend ihrem religiösen Umfeld antworten: Die 22% Jugendliche aus freikirchlichen und muslimischen Familien weisen dem Glauben einen mehrheitlich wichtigen Stellenwert in ihrem Leben zu. Alle anderen - also fast 80% der Jugendlichen - haben offenbar andere Dinge, die sie mehr bewegen als die Gottesfrage.

Religionsmündigkeit senken!

Kinder haben ein Recht darauf gewaltfrei, angstfrei, demokratisch und sozial erzogen und gemäss ihrer eigenen Fähigkeiten und Vorstellungen gefördert zu werden. Die Freidenker wollen deshalb die in der Schweiz geltende Religionsmündigkeit von heute 16 Jahren auf 12 Jahre senken.

Die Urteilsfähigkeit der jungen Menschen wird heute auch im Strafrecht wesentlich früher angesetzt. So dürfen gemäss Bundesgericht medizinische Behandlungen an 13-Jährigen nicht ohne deren ausdrückliche Zustimmung vorgenommen werden, wenn Ärzte das tun, machen sie sich strafbar.  BGE 134 II 235 

Kinder können auch in Bezug auf eigenes strafbares Verhalten bereits ab 10 Jahren als urteilsfähig und strafbar betrachtet werden, wenn sie die Tragweite ihres Handelns abschätzen können.  Art. 3 Abs. 1 JStG, Art. 11 Abs. 2 JSTG

Eine Senkung des Mündigkeitsalters in religiösen Fragen wäre ein starkes Signal an jene religiösen Gemeinschaften, welche die jungen Menschen – insbesondere die jungen Frauen - traditionell gerade ab der Adoleszenz verstärkt kontrollieren. Und es wäre ein Zeichen an die jungen Menschen selbst, dass dieser Staat sie ernst nimmt und ihnen hilft, ihre Rechte durchzusetzen anstatt sie den religiösen Ansichten ihrer Eltern völlig auszuliefern: das heute geltende Erziehungsrecht (Art. 303 ZBG) muss zu Gunsten der Religionsfreiheit des Kindes eingeschränkt werden.

Religionsmündigkeit in anderen Ländern (Wikipedia)

Deutschland

Bereits ab Vollendung des 10. Lebensjahres ist das Kind zu hören, wenn es in einem anderen Bekenntnis als bisher erzogen werden soll. Ab Vollendung des 12. Lebensjahres darf ein Kind nicht mehr gegen seinen Willen in einem anderen Bekenntnis als bisher erzogen werden. Ab Vollendung des 14. Lebensjahres wird in Deutschland eine uneingeschränkte Religionsmündigkeit erworben. Die Religionsmündigkeit beinhaltet sowohl das Recht, aus der bisherigen Religionsgemeinschaft auszutreten als auch das Recht, sich einer anderen Religionsgemeinschaft anzuschließen.

Österreich

Nach Vollendung des 12. Lebensjahrs kann ein Kind nicht gegen seinen Willen in einem andern Bekenntnis als bisher erzogen werden. Nach Vollendung des 14. Altersjahrs selbst entscheiden, an welches religiöse Bekenntnis es sich halten will.

USA

Im Recht der Vereinigten Staaten hat der Begriff der Religionsmündigkeit keine Entsprechung. Das Recht der Eltern, über die religiöse Erziehung (religious upbringing) ihrer Kinder zu entscheiden, wird dort von den Gesetzen und der Rechtsprechung sehr umfassend geschützt und endet erst mit der Volljährigkeit der Kinder.

Vorschlag "Jugendfeier" mit 12 Jahren

Immer wieder stellt sich die Frage nach einem weltlichen Ersatz für die Konfirmation/Firmung. In allen Kulturen sind Rituale bekannt, welche den Übergang von der Kindheit ins Erwachsensein markieren. In der Schweiz ist traditionell die Konfirmation/Firmung mit 16 Jahren (Religionsmündigkeit gemäss Art. 303 ZGB) ein solcher Übergang. Während immer noch die Mehrheit der reformiert erzogenen Kinder die Konfirmation durchlaufen, die - mangels eines verbindlichen Glaubensbekenntnisses der Reformierten - mehr der Bestätigung der Konfessionszugehörigkeit als des persönlichen Glaubens dient, zeichnet sich bei den Katholiken ein Trend weg von der Firmung unter 18 Jahren ab.

Vorschlag der FVS: "Jugendfeier" in Verbindung mit dem Übertritt von der Primar- in die Oberstufe

Mit der Forderung nach einer Senkung der Religionsmündigkeit würde sich deshalb eine Initiation mit 12 Jahren verbinden lassen. Praktisch könnte sie beim Abschluss der Primarschule angesetzt und damit sinnvollerweise mit dem Übertritt in die Oberstufe feiern lassen. Dabei bliebe ein wichtiges soziales Element erhalten: das Feiern im sozialen (Klassen-)Verband - ungeachtet der Konfession. Diese "Jugendfeier" würde die gesellschaftliche Anerkennung beinhalten, nun zu den Jugendlichen zu gehören, neue Rechte aber auch schon Verantwortung zu erhalten.

Mit 18 Jahren folgt dann die traditionelle "Jungbürgerfeier": der Übergang ins Erwachsenenalter mit sämtlichen bürgerlichen Rechten und Pflichten.