Kt. BE: 200 Jahre Pfarrbesoldung sind genug

Berner Landeskirchen warnen vor Systemwechsel bei Pfarrlöhnen Bern, 25.5.12 (Kipa) Die Pfarrlöhne im Kanton Bern sollen über die Kirchensteuern finanziert werden. Dies fordert die Motion eines Kantonsparlamentariers. Die Landeskirchen und die Jüdischen Gemeinden des Kantons Bern finden das gar keine gute Idee. Denn das hätte die vollständige Trennung von Staat und Kirche zur Folge, teilten sie am Freitag in einem Communiqué mit. Und finanzpolitisch wäre ein solcher Systemwechsel "abenteuerlich".

Vor über 200 Jahren waren es die Kirchen, die diesen Systemwechsel wollten, er lag offenbar in ihrem Interesse. Nach 200 Jahren sollte es aber möglich sein, die finanzielle Seite des Handels zu regeln und Staat und Kirchen auch im Kanton Bern zu entflechten. Die kirchliche Argumentation ist mehr als abenteuerlich. Es ist eine Frage des politischen Willens. Die FVS fordert die Grossratsfraktionen auf, den Weg zu öffnen für eine zeitgemässe Regelung des Verhältnisses Staat-Kirchen im Kanton Bern.

http://kipa-apic.ch/index.php?pw=&na=0,0,0,0,d&ki=232000

2-3 Mia Franken?

"Das Amt für Grundstücke und Gebäude des Kantons Bern schreibt in seinem Bericht 2011: Das AGG besitzt über 2’500 Gebäude mit einer Geschossfläche von 1’600’000 Quadratmetern. Der Neuwert der Gebäude beträgt rund sechs Mrd. Franken. Der durchschnittliche Gebäudezustandswert beträgt rund 80 Prozent des Gebäudeneuwertes."

Weder  verzinst noch abbezahlt?

Abgesehen davon, dass unter diesen Kirchengütern viele Liegenschaften sind, die den Kirchen zur Verfügung stehen und die auf Staatskosten im Schuss gehalten worden sind: 3 Milliarden geteilt durch 200 Jahre, das sind 15 Millionen pro Jahr. Derzeit bezahlt der Kanton aber 72 Millionen pro Jahr an Pfarrlöhne.

Was wurde verstaatlicht?

Gemäss Hansruedi Spichiger, Beauftragter für kirchl. Angelegenheiten der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion des Kantons Bern sind "38 Klöster verstaatlicht worden und und haben die gewonnenen Zehntrechte über Jahrhunderte hinweg das finanzielle Rückgrat des bernischen Gemeinwesens gebildetet." "Bis 1804 lebten die Pfarrer nämlich als Staatsbeamte von den Erträgnissen ihrer Pfrunddomänen. Ein Pfarrer hatte seine Existenz durch eine durchaus weltliche Tätigkeit zu sichern.  Landwirtschaft, Pferde- und Weinhandel etc. gehörten so zu  gängigen Erwerbsquellen. 1804 erfolgte auf Bitten der Pfarrerschaft ein Systemwechsel, indem die Obrigkeit sämtliche Kirchengüter per Dekret entwidmete und der Geistlichkeit fürderhin eine Besoldung ausrichtete.  Dies war kein bernisches Unikum. Nur führten die meisten andern Stände eine gesonderte Rechnung über diese Kirchengüter oder erstellten wenigstens ein Inventar, was Bern unterliess." "Die Neuaufteilung Europas liess Bern - bis 1798 der grösste Stadtstaat nördlich der Alpen - die Waadt und den Aargau verlieren und entschädigte es mit dem Gebiet des ehemaligen Fürstbistums Basel: also  die französischsprachigen Teile des Kantons, der heutige Kanton Jura und das Laufental. Und da diese Gebiete mehrheitlich römisch-katholisch waren, musste sich Bern verpflichten, den katholischen Kirchgemeinden die gleichen Rechte zu gewähren, wie den reformierten. Und so kamen die römisch-katholischen Geistlichen in den gleichen Genuss wie ihre reformierten Kollegen - allerdings ohne dass irgendwelche Kirchengüter eingeschossen werden mussten."

Was wurde geschenkt?

1888 hat die Einwohnergemeinde Thun mit einem Schenkungsvertrag der katholischen Kirchgemeinde eine Parzelle von 1480 m2 im Norden der Thunerhofdomaine in der Hofstetten überlassen. http://www.kath-thun.ch/kigem/kgeschichte.htm

Kirchensteuer

1876 wurde per Dekret die Kirchensteuer zu Kultuszwecken eingeführt, wodurch die politischen Gemeinden von ihrer Beitragspflicht aus allgemeinen Steuergeldern erlöst wurden. Die Kirchensteuerpflicht gilt für natürliche und juristische Personen. Damit wurden den Kirchen neue Pfründe zur Verfügung gestellt.  http://hls-dhs-dss.ch/textes/d/D26203.php

Berner "Kirchendirektion"

Welcher Geist in der Berner Verwaltung weht, ersieht man aus dem Schlusswort des gleichen Referenten, eines Theologen, in einem Referat am 12.1.2012: "Die vertrauensvolle Partnerschaft zwischen Kirchen und Staat nützt den Kirchen, dient dem Staat  und wirkt sich zum Wohle der hier lebenden Menschen aus. Man kann alles verändern und anpassen. Doch bevor man dazu Anstrengungen unternimmt, sollte man sich genau Rechenschaft ablegen, wem und inwieweit solche Anpassungen letztlich dienlich sind. Für die Verantwortlichen der Institutionen Kirche und Staat muss dabei nach meinem Dafürhalten ein Anliegen im Vordergrund stehen: nämlich das Wohl der Menschen, in deren Dienst sie berufen sind." http://www.kathbern.ch/fileadmin/user_upload/Landeskirche/Landeskirche/Dokumente/Referat_Spichiger_d.pdf

Natürlich hat die „Kirchendirektion“ der kantonalen Verwaltung, wo laut Organigramm vier Personen allein damit beschäftigt sind, „kirchlichen Angelegenheiten“ zu bearbeiten, kein Interesse daran, sich selber abzuschaffen.

Seit 2004: Pfarrhäuser im Verkauf

"Mit der Motion 238/2002 Bichsel/Bieri wurde der Regierungsrat aufgefordert, Möglichkeiten aufzuzeigen, damit Pfarrhäuser, die im Besitz des Kantons Bern sind, an die Kirchgemeinden oder politischen Gemeinden zu einem für diese tragbaren Übernahmepreis abgegeben werden können. Nach Annahme der Motion erhielt die damalige Liegenschaftsverwaltung im Herbst 2003 den Auftrag, die Grundstücke mit Pfarrhäusern zu einem vom Ertragswert abgeleiteten Preis - verbunden mit flankierenden Massnahmen - zu verkaufen. Mit RRB 3080 vom 19. Oktober 2005 genehmigte der Regierungsrat das Verkaufskonzept für Pfrundliegenschaften an die Kirchgemeinden und ermächtigte das Amt für Grundstücke und Gebäude (AGG), in Zukunft alle Verkäufe von Grundstücken mit Pfarrhäusern und den zugehörigen Nebenbauten (wie Pfarrstöckli, Pfrundscheune, Ofenhaus, Waschhaus, Garagen, etc.) sowie unüberbauten Pfarrgrundstücken (Pfrundland) abzuwickeln, ohne die Geschäfte dem Regierungsrat einzeln zur Genehmigung voriegen zu müssen."  Protokollauszug RR Kt. BE 25.4.2012.pdf

14.12.2011: Laut Bernhard Zurflüh vom kantonalen Amt für Grundstücke und Gebäude hat der Kanton mittlerweile 71 von 104 Pfarrhäusern verkauft. http://www.bielertagblatt.ch/nachrichten/seeland/langes-ringen-ums-pfarrhaus

Berner Münster

"Seit 1881 werden die Arbeiten finanziell durch die Einwohnergemeinde Bern, die Burgergemeinde Bern und die Gesamtkirchgemeinde Bern getragen, die sich zum Münsterbauverein (heute Münsterstiftung) zusammengefunden haben. Schon damals wurden die Zuständigkeiten vertraglich genau festgehalten: Während die Münsterstiftung die Fassade unterhält, sorgt die Kirchgemeinde für die Instandstellung des Innern und der Glasmalereien. Die Stadt ihrerseits ist für den Unterhalt der Dächer zuständig. Die Stiftung erhält einen jährlichen Beitrag aus dem Lotteriefonds des Kantons Bern." http://de.wikipedia.org/wiki/Berner_M%C3%BCnster Der Betrag ist über einen Leistungsvertrag definiert. Derzeit beträgt dieser CHF 550‘000.00 pro Jahr  Wiederkehrende Beiträge aus dem Lotteriefonds.pdf

Leistungen der Kirche?

"Sie unterstützt den Staat in seiner Aufgabe, für Recht und Frieden zu sorgen und erinnert ihn an die Grenzen, die ihm, wie jeder menschlichen Ordnung, durch Gottes Reich und durch das an Gottes Wort gebundene Gewissen gesetzt sind. Sie weiss sich verantwortlich für Verkündigung, Seelsorge und Diakonie in den öffentlichen Institutionen wie Schule, Universität, Spitälern, Heimen, Untersuchungsgefängnissen und Strafanstalten. Sie unterstützt den Verkündigungs- und Seelsorgedienst ihrer Pfarrerinnen und Pfarrer an den Angehörigen der Armee." http://www.refbejuso.ch/grundlagen/kirchenverstaendnis/kirche-und-staat.html

Die Kirchen verkünden seit 2010 lauthals, dass sie ihre Kosten wert sind. Sie verkürzen damit – in von den Autoren ausdrücklich abegelehnter Weise – die von uns vielfach kritisiert FAKIR-Studie: http://www.frei-denken.ch/de/2010/11/nfp-58-finanzierung-und-nutzen-der-religionsgemeinschaften/